Studierende festgenommen

Karte des Sudan

Karte des Sudan

Am 5. Mai haben Angehörige des sudanesischen Geheimdiensts NISS das Büro des bekannten Menschenrechtsanwalts Nabil Adib in Karthum durchsucht und zehn Personen festgenommen. Unter den Festgenommenen befanden sich acht Studierende. Nach regierungskritischen Demonstrationen an der Universität von Khartum war einer von ihnen exmatrikuliert worden, die sieben anderen wurden suspendiert. Zwei Personen sind freigelassen worden, wo sich die acht Studierenden befinden, ist jedoch unbekannt.

Appell an

PRÄSIDENT
HE Omar Hassan Ahmad al-Bashir
Office of the President
People's Palace
PO Box 281, Khartoum
SUDAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)

JUSTIZMINISTER
Awad Al Hassan Alnour
Ministry of Justice
PO Box 302
Al Nil Avenue, Khartoum
SUDAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)

Sende eine Kopie an

INNENMINISTER
Ismat Abdul-Rahman Zain Al-Abdin
Ministry of Interior
PO Box 873
Khartoum
SUDAN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SUDAN
S. E. Herrn
Badreldin Abdalla Mohamed Ahmed A. Alla
Kurfürstendamm 151
10709 Berlin
Fax: 030-890 69 823
E-Mail: info@sudanembassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 20. Juni 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, den Aufenthaltsort der acht Studierenden bekanntzugeben und sie sofort freizulassen, sofern sie nicht unverzüglich einer als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass die acht Studierenden unverzüglich Zugang zu Rechtsbeiständen, medizinischer Versorgung und ihren Familien erhalten.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass die Studierenden vor Folter und anderweitiger Misshandlung geschützt sind und sorgen Sie dafür, dass jegliche Vorwürfe über derartige Misshandlungen unabhängig untersucht werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Sudanese authorities to immediately disclose the whereabouts of the eight students and release them immediately unless they are promptly charged with a recognizable criminal offence.

  • Calling on the authorities to ensure all eight students have prompt access to lawyers, medical treatment and their families.

  • Urging them to protect the students from torture or any other ill-treatment and ensure that any allegations of torture and other ill-treatment are independently investigated.

Sachlage

Angehörige des Geheimdiensts NISS (National Intelligence and Security Service) haben am 5. Mai die Büroräume des Menschenrechtsanwalts Nabil Adib durchsucht und acht Studierende der Universität von Khartum festgenommen: Bader Al Deen Salah Mohamed, Wifag Mohamed Altayeeb Gorashi, Hussien Yahia Haran, Mudathir Tayseer Mudathir, Hamid Omer Hamid Digno, Mai Adil Ibrahim Karar, Mohamed Mahjoub Otaiba und Hassan Aldai Mohamed Abdalla. Nach regierungskritischen Demonstrationen an der Universität von Khartum war kurz zuvor einer der Studienenden exmatrikuliert und die anderen sieben für zwei Jahre suspendiert worden. Sie hatten das Büro von Nabil Adib aufgesucht, weil sie rechtlich gegen ihre Exmatrikulation bzw. gegen ihre Suspendierung vorgehen wollen. Die Sekretärin des Menschenrechtsanwalts und ein weiterer Mitarbeiter wurden ebenfalls festgenommen, sie kamen jedoch noch am selben Tag wieder frei.

Der NISS gibt an, Nabil Adib habe eine rechtswidrige Versammlung veranstaltet. Die Angehörigen des Geheimdiensts schlugen die Studierenden, verwüsteten die Büroräume und beschlagnahmten den privaten Laptop von Nabil Adib und eine Reihe juristischer Dokumente, zu denen auch die Fallakten der Studierenden gehörten. Auch das Wohnhaus des Menschenrechtsanwalts wurde vom Geheimdienst durchsucht, ohne dass die Beamt_innen einen entsprechenden Durchsuchungsbeschluss vorlegten.

Nabil Adib teilte in einer öffentlichen Erklärung mit, dass "mehrere bewaffnete Männer in Zivil" sein Büro durchsucht haben. Er erklärte weiter: "Sie schrien meine Mandanten an und befahlen ihnen, sich hinzusetzen und dann wieder aufzustehen. Außerdem wandten sie Gewalt gegen sie an. Sie traten als Angehörige des NISS auf, zeigten aber keine Ausweispapiere oder einen Durchsuchungsbeschluss vor. Sie schlugen meine Mandanten und nahmen sie fest." Er sagte zudem, dass es sich um einen offenkundigen Angriff gegen Anwält_innen und die Rechte der Beschuldigten auf ein faires Verfahren handele und einen gefährlichen Präzedenzfall darstelle.
Der Verbleib der acht Studierenden ist unbekannt. Sie sind in Gefahr, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im April 2016 kam es an der Universität von Khartum drei Wochen lang zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Studierenden und Angehörigen der Polizei und des Geheimdiensts NISS. An der Universität war es zu Demonstrationen gekommen, nachdem bekannt geworden war, dass die Regierung einige Universitätsgebäude verkaufen will. Dutzende Studierende wurden festgenommen. Der Rat der Dekane der Universität von Khartum setzte am 3. Mai alle Lehrveranstaltungen an der Universität auf unbestimmte Zeit aus. Zudem exmatrikulierte der Rat sechs Studierende und suspendierte elf weitere für zwei Jahre. Zu denjenigen, die exmatrikuliert und suspendiert wurden, gehören auch zahlreiche Aktivist_innen, die im April festgenommen und inhaftiert worden waren.

Mohamed Al Sadiq Yoyo, ein 20-jähriger Student der Omdurman-Al-Alhila-Universität wurde am 27. April von Angehörigen des Geheimdiensts NISS während einer studentischen Aktion erschossen. Der 18-jährige Abubakar Hassan Mohamed Taha, ein Student der Universität von Kordofan, wurde am 19. April ebenfalls von NISS-Beamt_innen erschossen. Die rechtswidrige Tötung der beiden Studenten führte zu landesweiten Demonstrationen gegen die Regierung, auf die wiederrum großangelegte Festnahmewellen folgten.

Amnesty International hat zahlreiche Berichte über ein zunehmend hartes Vorgehen des Geheimdiensts und der Polizei gegen Aktivitäten von politischen Aktivist_innen und Studierenden erhalten. Das 2010 verabschiedete Gesetz über die nationale Sicherheit räumt dem NISS umfassende Befugnisse zur Festnahme und Inhaftierung mutmaßlich verdächtiger Personen ein; diese können dann bis zu viereinhalb Monate lang ohne gerichtliche Überprüfung festgehalten werden. Angehörige des NISS setzen diese Befugnisse häufig ein, um Personen willkürlich festzunehmen, zu inhaftieren, zu foltern und anderweitig zu misshandeln. Dasselbe Gesetz gewährt NISS-Angehörigen Schutz vor Strafverfolgung für im Zuge ihrer Arbeit begangene Handlungen. Dies hat zu einer fest etablierten Kultur der Straflosigkeit geführt. Am 5. Januar 2015 wurden durch das Parlament einige Verfassungsänderungen verabschiedet, welche die Lage noch verschärft haben. Die Verfassungsänderungen gestehen dem NISS unbegrenzte Befugnisse zu, bei "Bedrohungen" in die Bereiche Politik, Wirtschaft und Soziales einzugreifen.