Menschenrechtler inhaftiert

Kuwait City

Kuwait City

Am 20. September bestätigte das Kassationsgericht für Ordnungswidrigkeiten eine einjährige Haftstrafe sowie die Abschiebung von 'Abdulhakim al-Fadhli. Dieser setzt sich für die Rechte der Gemeinschaft der Bidun ("Staatenlose") in Kuwait ein. Die Anklagen gegen ihn stehen im Zusammenhang mit einer friedlichen Demonstration im Jahr 2012. Am 24. September lieferte sich 'Abdulhakim al-Fadhli selbst an die Behörden aus. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener.

Appell an

EMIR DES STAATES KUWAIT
His Highness
Sheikh Sabah al-Ahmad al-Jaber Al Sabah
Al Diwan Al Amiri
P.O. Box 1, al-Safat 13001
KUWAIT
(Anrede: Your Highness / Eure Hoheit)
Fax: (00 965) 2243 0559
E-Mail: amirsoffice@da.gov.kw

ERSTER STELLVERTRETENDER PREMIERMINISTER
His Excellency
Sheikh Mohammed Khaled Al-Hamad Al-Sabah
Ministry of the Interior
P.O. Box 12500
Shamiya 71655
KUWAIT
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 965) 2249 6570
E-Mail: info@moi.gov.kw

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DER PARLAMENTARISCHEN
MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Parliamentary Human Rights Committee
National Assembly
P.O. Box 716
al-Safat 13008
KUWAIT
E-Mail: ipu-grp@kna.kw (Betreff: FAO Chairperson of the Parliamentary Human Rights Committee)

BOTSCHAFT DES STAATES KUWAIT
S. E. Herrn Monther Bader Sulaiman Aleissa
Griegstraße 5-7
14193 Berlin
Fax: 030-8973 0010
E-Mail: info@kuwait-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. November 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, FAXE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie 'Abdulhakim al-Fadhli bitte sofort und bedingungslos frei und heben Sie die Abschiebungsanordnung gegen ihn auf, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der allein für die friedlichen Ausübung seines Rechts auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit bestraft wird.

  • Überprüfen Sie bitte alle Gesetze, die gegen die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit verstoßen. Ändern oder heben Sie diese Gesetze nötigenfalls auf, um die Ausübung dieser Rechte in Übereinstimmung mit den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Kuwaits sicherzustellen und zu vereinfachen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Kuwaiti authorities to immediately and unconditionally release 'Abdulhakim al-Fadhli, and overturn his deportation order, as he is a prisoner of conscience, being punished solely for the peaceful exercise of his rights to freedom of expression, association and assembly.

  • Urging them to review all laws that impinge upon the right to freedom of expression and assembly, and amend, and where necessary repeal, these laws to ensure and facilitate the effective exercise of the rights to freedom of expression and assembly in accordance with Kuwait’s international human rights obligations and commitments.

Sachlage

In einem Brief, den die kuwaitische Regierung am 10. März 2016 an Amnesty International schrieb, wird erklärt, dass 'Abdulhakim al-Fadhli "durch Twitter-Nachrichten andere angestiftet und aufgefordert hat, an einer Versammlung auf einem öffentlichen Platz in Taima im Jahr 2012 teilzunehmen". Bei der Versammlung wurde gefordert, dass die Gemeinschaft der Bidun dieselben Rechte bekommt wie Staatsangehörige von Kuwait. In dem Brief wird erläutert, dass 'Abdulhakim al-Fadhli am 29. Januar 2015 von einem vorinstanzlichen Strafgericht in Abwesenheit zu einem Jahr Haft mit anschließender Abschiebung verurteilt worden war. Zudem hieß es, dass ein Berufungsgericht am 3. Februar 2015 das von 'Abdulhakim al-Fadhli eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen habe. Der Oberste Justizrat wandelte die Anklagen schließlich in Anklagen wegen Ordnungswidrigkeiten um. Am 20. September 2016 bestätigte das Kassationsgericht für Ordnungswidrigkeiten die Verurteilung zu einem Jahr Gefängnis und anschließender Abschiebung. Statt festgenommen zu werden, wandte sich 'Abdulhakim al-Fadhli selbst an die Behörden und wurde in das Zentralgefängnis gebracht.

Im August 2016 stellte der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen fest, dass das Versammlungsgesetz, auf dem die Verurteilung von 'Abdulhakim al-Fadhli teilweise basiert, fehlerhaft ist, da dieses Gesetz Personen, die wie die Bidun keine kuwaitischen Staatsangehörigen sind, das Recht auf friedliche Versammlung verwehrt. Amnesty International betrachtet 'Abdulhakim al-Fadhli als gewaltlosen politischen Gefangenen. Seine strafrechtliche Verfolgung aufgrund von Twitter-Nachrichten zu einer friedlichen Versammlung an einem klar definierten öffentlichen Platz, dem Hauptplatz in Taima, westlich von Kuwait-Stadt am 10. Dezember 2012 verletzt seine Rechte nach den Artikeln 21 und 22 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten Kuwait gehört.

Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen stellte fest, dass Kuwait das Recht der Gemeinschaft der Bidun auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit einschränkt. Außerdem hat Kuwait vielen Personen eine "wirtschaftliche Staatsbürgerschaft" im Austausch gegen Aufenthaltsrechte angeboten. Das Land hat keinen unabhängigen Prozess erarbeitet, nach dem Angehörige der Bidun die Staatsbürgerschaft erlangen können. Die Regierung hat keine Aussage darüber gemacht, wohin sie 'Abdulhakim al-Fadhli abschieben werden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der Menschrechtsverteidiger 'Abdulhakim al-Fadhli, ein Angehöriger der Gemeinschaft der Bidun, wurde bereits mehrmals angeklagt und verurteilt. Grund hierfür war sein Einsatz für die Rechte der Bidun in Kuwait sowie seine Kritik am Handeln der Regierung und den politischen Prozessen in Kuwait. Er hat mehrere Gefängnisstrafen abgeleistet und die kuwaitischen Behörden haben ihn in der Vergangenheit mehrmals misshandelt.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird in Kuwait durch Beschränkungen des Rechts auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Somit wird die Möglichkeit, im Rahmen eines Protests oder einer Kundgebung eine abweichende Meinung zu äußern, eingeschränkt. Mehrere Bestimmungen des Gesetzes über öffentliche Versammlungen, die auch Grundlage der Verurteilung von 'Abdulhakim al-Fadhli sind, schränken das Recht auf Versammlungsfreiheit übermäßig ein. Die Behörden verwenden das Gesetz über öffentliche Versammlungen, um Kundgebungen und Demonstrationen zu verbieten, für rechtswidrig zu erklären oder aufzulösen. Auch bei den von den Bidun 2011 und 2012 organisierten Veranstaltungen war dies der Fall. Im August 2016 äußerte der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen seine Bedenken betreffend des Gesetzes über öffentliche Versammlungen aus dem Jahr 1979, da es nicht-kuwaitischen Staatsangehörigen die Teilnahme an öffentlichen Versammlungen verbietet. Auch das vollständige Verbot von öffentlichen Versammlungen ohne vorherige Zustimmung des Ministeriums für Innere Angelegenheiten wurde vom Menschenrechtsausschuss kritisiert. Er erklärte, dass das Recht auf Versammlungsfreiheit nur durch solche Regelungen eingeschränkt werden darf, die gemäß dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte erlaubt sind.

Das Gesetz 31 aus dem Jahr 1970, welches ebenfalls gegen 'Abdulhakim al-Fadhli verwendet wurde, enthält Regelungen zur nationalen Sicherheit, Verleumdung und Beleidigung. Es schränkt die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ein. Eine Einschätzung zu diesem Gesetz finden Sie im englischsprachigen Bericht The 'Iron First Policy’: Criminalization of peaceful dissent in Kuwait, online unter: https://www.amnesty.org/en/documents/mde17/2987/2015/en/.

Es leben derzeit mehr als 100.000 Bidun in Kuwait. Viele von ihnen sind in Kuwait geboren und gehören Familien an, die dort bereits seit vielen Generationen leben. Trotz 2015 angekündigter Reformen sind Angehörige der Gemeinschaft der Bidun gegenüber kuwaitischen Staatsangehörigen weiterhin schwerwiegenden Einschränkungen hinsichtlich des Zugangs zu Arbeitsplätzen, Gesundheitsleistungen, Bildung und staatlicher Unterstützung ausgesetzt. Gegen Demonstrationen der Bidun, bei denen sie ihre Rechte einfordern, wird häufig mit Gewalt und Unterdrückung vorgegangen. Im August 2016 brachte der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen seine Besorgnis über das langsame Fortschreiten des "Prozesses, der den Bidun die Staatsbürgerschaft garantieren soll" zum Ausdruck. Außerdem kritisierte er, "dass Bidun weiterhin nicht registriert werden und keine Papiere oder angemessenen Sozialleistungen erhalten" sowie die Tatsache, dass "die Bidun in ihren Rechten auf Freizügigkeit, Versammlungs- und Meinungsfreiheit eingeschränkt werden" und dass Kuwait in Betracht zog, den Bidun eine "wirtschaftliche Staatsbürgerschaft" eines anderen Staates im Austausch gegen eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung anzubieten. Der Menschenrechtsausschuss forderte Kuwait unter anderem auf, "sicherzustellen, dass Angehörigen der Bidun ihre Rechte auf Freizügigkeit, Versammlungs-, und Meinungsfreiheit gewährt werden" und "die Pläne, den Bidun eine "wirtschaftliche Staatsbürgerschaft" eines anderen Landes anzubieten", einzustellen.

Der Einbürgerungsprozess, für den eine Regierungsbehörde zuständig ist, die den Status "illegaler" Einwohner_innen klären soll, ist undurchsichtig und basiert auf sich ständig ändernden Kriterien. Die Behörde bewertet Fälle und spricht Empfehlungen an einen Ausschuss aus, der letztendlich darüber entscheidet, ob den Betroffenen die Staatsbürgerschaft zugesprochen wird. Im September 2013 forderte Amnesty International Kuwait dazu auf, den in Kuwait ansässigen Bidun Zugang zu Gerichten oder zu einer anderen Form eines unabhängigen Tribunals zu gewähren, damit sie gegen behördliche Entscheidungen vorgehen und sich für ihre Registrierung als kuwaitische Staatsangehörige einsetzen können. Dies ist bisher jedoch noch nicht geschehen. Weitere Informationen hierzu finden Sie im englischsprachigen Bericht: The 'Withouts’ of Kuwait: Nationality for stateless Bidun now, unter: https://www.amnesty.org/en/documents/mde17/001/2013/en/.