Haft gegen Menschenrechtler bestätigt

Der Menschenrechtsaktivist Waleed Abu al-Khair wurde zu 15 Jahren Haft sowie einem Reiseverbot und einer Geldstrafe verurteilt

Der Menschenrechtsaktivist Waleed Abu al-Khair wurde zu 15 Jahren Haft sowie einem Reiseverbot und einer Geldstrafe verurteilt

Die gegen den saudi-arabischen Menschenrechtsanwalt Waleed Abu al-Khair verhängte 15-jährige Haftstrafe ist im Berufungsverfahren bestätigt worden. Amnesty International betrachtet ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen.

Appell an

KÖNIG UND PREMIERMINISTER
King Salman bin Abdel aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court
Riyadh
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 966) 11 403 3125 (über das Innenministerium)

INNENMINISTER
His Royal Highness
Prince Mohammed bin Naif bin Abdul Aziz Al Saud
Ministry of the Interior, P.O. Box 2933
Airport Road
Riyadh 11134
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Royal Highness / Königliche Hoheit)
Fax: (00 966) 11 403 3125

Sende eine Kopie an

JUSTIZMINISTER
His Excellency
Sheikh Mohammed bin Abdulkareem Al-Issa
Ministry of Justice, University Street
Riyadh 11137
SAUDI-ARABIEN
Fax: (00 966) 11 401 1741 oder (00 966) 11 402 0311

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN
S. E. Herrn Prof. Dr. med Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. August 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass Waleed Abu al-Khair umgehend und bedingungslos freigelassen wird, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der sich nur in Haft befindet, weil er von seinen Rechten auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit friedlich Gebrauch gemacht hat.

  • Bitte sprechen Sie sich dafür aus, dass das Urteil gegen Waleed Abu al-Khair aufgehoben wird.

  • Ich möchte außerdem höflich darauf dringen, dass er vor Folter und anderer Misshandlung geschützt wird und seine Foltervorwürfe von einem unabhängigen und unparteiischen Gremium untersucht werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to release Waleed Abu al-Khair immediately and unconditionally as he is a prisoner of conscience held solely for peacefully exercising his rights to freedom of expression, association and assembly.

  • Urging them to ensure that Waleed Abu al-Khair's conviction and sentence are quashed.

  • Calling on them to ensure that he is protected from torture and other ill-treatment, and his allegations of torture and other ill-treatment are impartially and independently investigated.

Sachlage

Das Sonderstrafgericht in Riad hat am 12. Januar die gegen den bekannten Menschenrechtsverteidiger und Anwalt Waleed Abu al-Khair verhängte Gefängnisstrafe bestätigt. Der Richter hat angeordnet, dass der Menschenrechtler die gesamten 15 Jahre verbüßen muss, weil er sich weigert, sich für seine "Straftaten" zu entschuldigen. Im ursprünglichen Gerichtsverfahren war Waleed Abu al-Khair ebenfalls zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden, sollte aber nur zehn Jahre inhaftiert bleiben. Der Menschenrechtsanwalt erkennt nach wie vor die Legitimität des Sonderstrafgerichts nicht an.

Waleed Abu al-Khair war am 6. Juli 2014 zu 15 Jahren Haft, einem Reiseverbot von 15 Jahren und einer Geldstrafe von 200 000 Saudi-Rial (etwa 39 200 Euro) verurteilt worden. Das Sonderstrafgericht, das sich mit Terrordelikten und Straftaten gegen die Staatssicherheit befasst, dessen genaue Zuständigkeit und interne Regeln jedoch unspezifiziert bleiben, befand ihn der folgenden Anklagepunkte für schuldig: "Ungehorsam gegenüber dem Herrscher und der Versuch, seine Legitimität zu untergraben", "Kritik an der Justiz und Infragestellung der Integrität der Richter", "Gründung einer nicht genehmigten Organisation", "Schädigung des Rufs des Staates durch den Austausch mit internationalen Organisationen" und "Aufbereitung, Speicherung und Übermittlung von Informationen, die die öffentliche Ordnung beeinträchtigen".

Am 6. Oktober 2013 wurde Waleed Abu al-Khair vor das Sonderstrafgericht in Riad gestellt. Am 15. April 2014 ist er ohne Angabe von Gründen inhaftiert worden, nachdem er zur fünften Anhörung seines Verfahrens erschienen war. Waleed Abu al-Khair wurde zunächst in das al-Ha’ir-Gefängnis in Riad gebracht, wo er in Einzelhaft verlegt und dauerhaft hellem Licht ausgesetzt worden sein soll, was zu Schlafentzug führt. Später wurde er in weitere Hafteinrichtungen verlegt und befindet sich derzeit im Briman-Gefängnis in der Küstenstadt Dschidda. Seinen Angaben zufolge wurde er während der Haft körperlicher und psychischer Folter ausgesetzt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Waleed Abu al-Khair ist ein bekannter Menschenrechtsanwalt und Vorsitzender des Menschenrechtsmonitors Saudi-Arabien, einer unabhängigen Menschenrechtsorganisation, die 2008 gegründet wurde. Er hat viele Betroffene von Menschenrechtsverletzungen vor Gericht vertreten. Unter seinen Mandanten befindet sich Raif Badawi, ein bekannter saudi-arabischer Online-Aktivist, der am 7. Mai 2014 vom Strafgericht in Dschidda wegen der Gründung und Verwaltung der Webseite "Saudi-arabische Liberale" und Verunglimpfung des Islam zu einer zehnjährigen Haftstrafe, 1000 Stockschlägen und einer Geldstrafe von 1 Millionen Saudi-Riyal (etwa 196 00 Euro) verurteilt wurde. Am 9. Januar erhielt Raif Badawi vor einer Moschee in Dschidda öffentlich die ersten 50 Stockhiebe (siehe UA-003/2013-7, unter: http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-003-2013-7/raif-badawi-oeffentlich-ausgepeitscht).

Waleed Abu al-Khair wurde Ende 2011 erstmals vor Gericht gestellt, nachdem er eine Erklärung unterzeichnet hatte, in der er die Verfolgung von 16 Reformer_innen durch die Behörden anprangerte. Am 29. Oktober 2013 wurde er vom Strafgericht in Dschidda zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt und am 6. Februar 2014 bestätigte das Berufungsgericht in Mekka das Urteil.

Drei Wochen vor dem Urteil des Strafgerichts in Dschidda erhob die Staatsanwaltschaft eine fast identische Liste an Anklagen gegen Waleed Abu al-Khair vor dem Sonderstrafgericht. Dieses Gericht hat in jüngster Zeit Urteile mit sehr hohen Strafen gegen mehrere Menschenrechtsverteidiger_innen und Kritiker_innen der saudi-arabischen Behörden verhängt. Das neue Verfahren gegen Waleed Abu al-Khair wurde offenbar auf der Grundlage eines neuen Antiterrorgesetzes eingeleitet, das im Februar 2014 nach der Unterzeichnung durch den König in Kraft trat. Das neue Gesetz erweiterte die ohnehin schon weitgefassten Befugnisse der Behörden in Bezug auf die Bekämpfung von "Terrorakten". Das Gesetz definiert den Begriff "Terrorismus" nicht, sieht aber vor, dass Aussagen oder Handlungen, die nach Auffassung der Behörden direkt oder indirekt die öffentliche Ordnung "stören", "die Sicherheit der Gesellschaft oder des Staates destabilisieren", dem "Grundgesetz der Regierung widersprechen" oder "dem Ansehen des Staates schaden" als "Terrorakte" anzusehen sind und die Verantwortlichen deshalb als Terrorist_innen strafrechtlich verfolgt werden.

Waleed Abu al-Khair weigert sich, die Legitimität des Sonderstrafgerichts anzuerkennen. In einem Video-Interview, das kurz vor der Festnahme des Menschenrechtlers am 15. April 2014 aufgenommen worden war, beschrieb er seine Erfahrungen mit dem Sonderstrafgericht, einschließlich seines ersten Falls, in dem er einen Mandanten vor diesem Gericht verteidigt hatte. Er beschreibt, in welcher Weise das Gericht vom Innenministerium kontrolliert wird. So musste der Richter beim Ministerium um die Genehmigung bitten, dass Waleed Abu al-Khair seinen Mandanten vor dem Gericht vertreten konnte. In der darauf folgenden Anhörung verlas der Richter dann die Zustimmung des Ministeriums über die anwaltliche Vertretung durch Waleed Abu al-Khair.

Samar Badawi, die Frauenrechtlerin und Ehefrau von Waleed Abu al-Khair, setzt sich seit der Festnahme am 15. April 2014 für ihn ein. Im September 2014 hielt sie eine Rede auf der Sitzung des Menschenrechtsrats in Genf. Damals versuchten Vertreter_innen der saudi-arabischen Behörden ihre Rede zu stören, indem sie sie mehrfach unterbrachen. Am 3. Dezember untersagten ihr die Behörden die Reise nach Brüssel, um dort am 16. EU-NGO-Forum zu Menschenrechten teilzunehmen. Die Sicherheitskräfte am Flughafen von Dschidda teilten ihr mit, dass das Innenministerium auf unbestimmte Zeit ein Reiseverbot für sie erlassen habe.