Ärztliche Behandlung verwehrt

Das Evin-Gefängnis in Teheran, August 2008

Das Evin-Gefängnis in Teheran, August 2008

Der Gesundheitszustand des iranischen Geistlichen Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdi, eines gewaltlosen politischen Gefangenen im Evin-Gefängnis in Teheran, verschlechtert sich zusehends. Er benötigt dringend ärztliche Behandlung.

Appell an

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - End of Shahid
Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: @khamenei_ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
c/o Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
(Betreffzeile: FAO Ayatollah Sadegh Larijani)

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street, Pasteur Square
Tehran, IRAN
Twitter: @HassanRouhani (Englisch) und
@Rouhani_ir (Persisch)
E-Mail: media@rouhani.ir

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. Mai 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, TWITTERNACHRICHTEN UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdi unverzüglich und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist.

  • Bitte tragen Sie Sorge dafür, dass er vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und die gemäß den Empfehlungen der MitarbeiterInnen der Gefängnisklinik erforderliche medizinische Versorgung erhält, sofern notwendig auch außerhalb des Gefängnisses.

  • Ich bitte Sie eindringlich, die Drangsalierung von Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdis Familie zu unterbinden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Iranian authorities to release Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdi immediately and unconditionally as he is a prisoner of conscience.

  • Calling on them to ensure that he is protected from torture and other ill-treatment and is granted any medical attention he may require, outside the prison if necessary, as recommended by the prison clinic.

  • Urging them to stop the harassment of Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdi’s family.

Sachlage

Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdi, der zurzeit eine elfjährige Haftstrafe verbüßt, leidet unter einer Reihe von Krankheiten, darunter Diabetes, Asthma, der Parkinson-Krankheit, Nierenleiden und Herzproblemen sowie starken Schmerzen in den Beinen und der Hüfte. Berichten zufolge ist er außerdem auf einem Auge teilweise erblindet. Seine Erkrankungen haben sich offenbar verschlimmert und er ist im Gefängnis bereits mehrmals zusammengebrochen. Er erhält nicht die erforderliche medizinische Behandlung, obwohl GefängnisärztInnen im Februar 2014 angaben, ein Krankenhausaufenthalt außerhalb des Gefängnisses sei notwendig. Während der acht Jahre, die er im Gefängnis verbracht hat, wurde er dreimal ins Krankenhaus eingeliefert.

Derzeit wird Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdi im Trakt für Geistliche des Evin-Gefängnisses festgehalten. Er war wegen seines Einsatzes für die Trennung von Religion und Staat inhaftiert worden. Er steht zunehmend unter Druck, "Geständnisse" abzulegen und zu unterschreiben. Gefängnisbedienstete äußerten ihm gegenüber mindestens einmal, im Oktober 2013, er würde niemals freigelassen werden, würde er nicht seinem Glauben in einem Brief abschwören.

Am 15. März drangen GefängniswächterInnen Berichten zufolge in Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdis Zelle ein und zerstörten sein persönliches Eigentum. Dies geschah während der Besuchszeiten, als er mit seiner Familie zusammen war. Seine Familienmitglieder sind ebenfalls drangsaliert worden, sogar während eines Gefängnisbesuches, als sie ihre Privatsphäre verletzende Leibesvisitationen erdulden mussten. Im September 2013 wurde Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdis Frau, Akram Vali Dousti, zu einem Verhör vor das Sondergericht für Geistliche geladen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdi wurde am 8. Oktober 2006 festgenommen. Man klagte ihn wegen 30 Straftaten an, darunter "Kriegsführung gegen Gott" (Moharebeh), Handlungen gegen die nationale Sicherheit, die öffentliche Aussage, dass die politische Führungsrolle der islamischen Geistlichkeit rechtswidrig sei, Kontakte zu Konterrevolutionären und Spionen sowie der Gebrauch des Begriffs "religiöse Diktatur" anstelle von "Islamischer Republik" in öffentlichen Redebeiträgen und Rundfunkinterviews. Er wurde am 13. August 2007 zu einer elfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und seines religiösen Amtes enthoben. Die Behörden konfiszierten zudem sein Haus und seinen Besitz. Seine Familie hatte Anwälte für ihn bestellt, doch das Sondergericht für Geistliche untersagte ihnen seine Verteidigung, da er ausschließlich von einem vom Gericht benannten Geistlichen vertreten werden könne. Amnesty International setzte sich bereits mit der Urgent Action 262/06 für ihn ein [s. Iran: Mangelnde medizinische Versorgung: Ayatollah Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdi, https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-262-2006-8/mangelnde-medizinische-versorgung].

Im Mai 2013 wurde er anscheinend für einige Zeit aus dem Trakt für Geistliche des Evin-Gefängnisses in Einzelhaft verlegt, da er einen offenen Brief geschrieben hatte, in dem er die IranerInnen dazu aufrief, die im Jahr 2013 stattfindenden iranischen Präsidentschaftswahlen zu boykottieren. Dies scheint die Verantwortlichen dazu veranlasst zu haben, ihn im Rahmen einer Strafmaßnahme in Einzelhaft zu verlegen.

Ob mit Absicht oder infolge von Nachlässigkeit: Die unzureichende medizinische Versorgung von GefängnisinsassInnen verstößt gegen die internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen des Iran. Die Verweigerung medizinischer Behandlung könnte einem Verstoß gegen das absolute Verbot von Folter und anderer Misshandlung gleichkommen. Dieses ist im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte festgeschrieben, dessen Vertragsstaat der Iran ist. Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte garantiert zudem das Recht auf ein größtmögliches Maß an körperlicher und seelischer Gesundheit. Die UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen geben darüber hinaus vor, dass Gefangene, die fachärztliche Behandlung benötigen, in Spezialkliniken oder zivile Krankenhäuser verlegt werden müssen. Die Ausstattung und Medikamente in Gefängniskrankenhäusern müssen für die medizinische Versorgung und Behandlung kranker InsassInnen geeignet sein. In Grundsatz 24 aus dem Grundsatzkatalog für den Schutz aller irgendeiner Form von Haft oder Strafgefangenschaft unterworfenen Personen wurde außerdem festgelegt, dass Gefangene nach Bedarf ärztlich zu betreuen und zu behandeln sind.

GefängnismitarbeiterInnen und JustizbeamtInnen verstoßen regelmäßig gegen die Gefängnisvorschriften des Iran. Die Vorschriften zur Verwaltung iranischer Gefängnisse legen fest, dass InsassInnen mit einer schweren medizinischen Erkrankung, die nicht innerhalb des Gefängnisses behandelt werden kann, oder deren Zustand sich bei anhaltendem Gefängnisaufenthalt weiter verschlechtern würde, einen Monat lang aus der Haft entlassen werden sollen, um sich behandeln zu lassen. Die vorübergehende Entlassung kann auf ärztliche Empfehlung und mit Zustimmung der Gefängnisleitung verlängert werden. Dennoch wurde Sayed Hossein Kazemeyni Boroujerdi die Entlassung aus medizinischen Gründen wiederholt verweigert. Zudem verschlimmern die schlechten Bedingungen in iranischen Gefängnissen bereits bestehende Erkrankungen.

Amnesty International hat die Fälle weiterer Gefangener im Iran dokumentiert, denen regelmäßig der Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung verweigert wurde, darunter den des Bloggers Hossein Ronaghi Maleki. Laut seinem Arzt leidet dieser unter einer Infektion seiner verbleibenden Niere sowie einer Krankheit namens Hydronephrose, bei der die Nieren sich infolge von hier angesammeltem Urin ausdehnen und anschwellen. Außerdem hat Amnesty den Fall des Bloggers Mohammad Reza Pourshajari dokumentiert, der im Gefängnis zwei Herzinfarkte erlitt und dessen Arterien verstopft sind; und den von Bahareh Hedayat, deren reproduktive Gesundheit laut ihrem Ehemann Amin Ahmadian geschädigt ist.