Drohende Obdachlosigkeit

Weltweit ist das Zuhause für Hundertausende Menschen ein bedrohter Ort.

Weltweit ist das Zuhause für Hundertausende Menschen ein bedrohter Ort.

In Ulan Bator droht etwa 200 Personen die Obdachlosigkeit, da ihre bisherigen Unterkünfte unbewohnbar geworden sind und zugesicherte neue Wohnungen noch nicht fertiggestellt wurden. Aus dem von ihnen bisher bewohnten Gebäude sind Heizungsrohre, Fenster und Türen entfernt worden, und es ist stark vermüllt. Die Anwohner_innen, darunter Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen und Familien mit Kleinkindern, benötigen dringend angemessene Alternativunterkünfte.

Appell an

OBERBÜRGERMEISTER VON ULAN BATOR
Mr. E. Bat-Uul

Chinggis Khaan Square #7
Chingeltei District
Ulaanbaatar 15160
MONGOLEI

(Anrede: Mr. E. Bat-Uul / Sehr geehrter Herr Bat-Uul)
E-Mail: surakh0109@yahoo.de

VORSITZENDER DES STADTRATS VON ULAN BATOR
Mr. D. Battulga
Chinggis Khaan Square #7
Chingeltei District
Ulaanbaatar 15160
MONGOLEI

(Anrede: Mr. D. Battulga / Sehr geehrter Herr Battulga)
E-Mail: tsant_1960@yahoo.com

Sende eine Kopie an

LEITER DER ABTEILUNG FÜR STADTSANIERUNG
Mr. M. Nyambayar

Master Planning Agency of the Capital City
Room #1303, Municipality Office No.2

Ts. Jigjidjav Street – 7/1
Chingeltei District
Ulaanbaatar 15160
MONGOLEI
Fax: (00 976) 11 315319
E-Mail: m_nyambayar@yahoo.com

BOTSCHAFT DER MONGOLEI
S. E. Herrn Bolor Tsolmon
Hausvogteiplatz 14
10117 Berlin
Fax: 030-474 806 16
E-Mail: berlin@mfa.gov.mn

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Mongolisch, Kasachisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 12. Mai 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stellen Sie dringend angemessene Alternativunterkünfte für alle Bewohner_innen von Gebäude #3 in Khoroo 10 des Stadtteils Sukhbaatar in Ulan Bator zur Verfügung.

  • Garantieren Sie gleichzeitig, dass die Einwilligung, in Alternativunterkünfte einzuziehen, nicht bedeutet, dass die Betroffenen das Recht auf ihre Wohnungen in Gebäude #3 aufgeben.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass niemand infolge von Räumungen wegen Bau- oder Sanierungsprojekten obdachlos wird oder weiteren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt ist.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Provide emergency, alternative and adequate housing for all residents of building #3 in the 10th khoroo of Sukhbaatar district in Ulaanbaatar.

  • Guarantee that acceptance of temporary alternative housing will not result in residents forfeiting their rights to their homes in building #3.

  • Ensure that nobody is left homeless or vulnerable to other human rights violations as a result of a development-based eviction.

Sachlage

Zwischen Februar und April 2015 zogen mindestens 28 Familien aus ihren Wohnungen im Gebäude #3 in Bezirk (Khoroo) 10 des Stadtteils Sukhbaatar in Ulan Bator aus. Das Gebäude soll wegen starker struktureller Schäden abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Das damit beauftragte privatwirtschaftliche Wohnungsbauunternehmen hat den Bewohner_innen eine Wohnung in dem Neubau zugesichert. Einige Bewohner_innen, die dieses Angebot angenommen hatten, erklärten Amnesty International, dass das Unternehmen sie aufgefordert habe, Fenster, Türen und Heizungsrohre zu entfernen, um den übrigen Bewohner_innen zu verdeutlichen, dass sie ebenfalls ausziehen sollten. Im Zuge dessen wurde das Gebäude weiter beschädigt und Rohre und andere Materialien gestohlen. Passant_innen begannen zudem damit, Müll in dem Gebäude zu hinterlassen.

Im März 2016 besuchten Vertreter_innen von Amnesty International einige der verbleibenden Bewohner_innen. Für sie ist das Gebäude mittlerweile unbewohnbar geworden. Diejenigen, die bereits vor einem Jahr ausgezogen waren, hatten Mietgeld für ein Jahr bekommen. Fast ein Jahr später hat der Bau des neuen Wohnhauses jedoch immer noch nicht begonnen, daher müssen sie nun entweder wieder in ihre alten und beschädigten Wohnungen einziehen oder andernfalls damit rechnen, obdachlos zu werden. Zahlreiche Familien weigerten sich, auszuziehen, darunter auch ein Mann mit Behinderungen sowie Familien mit Kleinkindern, eine davon mit einem sechs Monate alten Säugling. Fünf dieser Familien mussten auch im Winter in dem beschädigten Gebäude bleiben, weil sie keine Ausweichmöglichkeiten hatten. Mindestens zwölf der Familien, die das ursprünglich angebotene Mietgeld nicht angenommen hatten, mussten aufgrund der untragbaren Bedingungen letztlich doch ausziehen, haben jedoch vor, im April bei wärmerem Wetter wieder einzuziehen.

Die Bewohner_innen haben die Behörden aufgefordert, die Heizung wieder anzuschließen und das Gebäude zu reparieren, doch bisher wurden in dieser Hinsicht keine wirksamen Maßnahmen ergriffen. Derzeit werden bezüglich der Suche nach langfristigen Unterbringungsmöglichkeiten für die Bewohner_innen keine Fortschritte gemacht, da die Anwohner_innen vor das Verwaltungsgericht gezogen sind, um zu erreichen, dass das Wohnungsbauunternehmen die Aktivitäten rund um ihr Wohnhaus einstellt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Internationale Menschenrechtsnormen legen ein Recht auf Wohnraum für alle fest, und Staaten sind daher verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um das Recht auf angemessenen Wohnraum zu schützen. In Artikel 11 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte erkennen die Vertragsstaaten "das Recht eines jeden auf einen angemessenen Lebensstandard für sich und seine Familie an, einschließlich ausreichender Ernährung, Bekleidung und Unterbringung, sowie auf eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen". Weiter heißt es: "Die Vertragsstaaten unternehmen geeignete Schritte, um die Verwirklichung dieses Rechts zu gewährleisten".

Als Vertragsstaat dieses Paktes ist die Mongolei daher verpflichtet, das Recht auf angemessenen Wohnraum zu achten, zu schützen und zu gewährleisten. Hierzu zählt auch die Pflicht zum Verbot bzw. zur Verhinderung von rechtswidrigen Zwangsräumungen. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte definiert eine rechtswidrige Zwangsräumung als die gegen den Willen der Betroffenen vorgenommene permanente oder vorübergehende Vertreibung von Personen, Familien und/oder Gemeinschaften aus ihren Wohnstätten und/oder von ihrem Land, ohne Bereitstellung von bzw. Zugang zu angemessenen rechtlichen oder sonstigen Schutzmaßnahmen.

Um die Wohnrechte der Bevölkerung wirksam zu schützen, müssen Regierungen dafür sorgen, dass möglichen Verstößen gegen diese Rechte durch Dritte, wie z. B. Vermieter_innen und Wohnungsbaugesellschaften, vorgebeugt wird. Kommt es dennoch zu solchen Verstößen, müssen die Behörden sicherstellen, dass keine weiteren Rechte verletzt werden, und den betroffenen Personen den Zugang zu Rechtsmitteln bzw. Entschädigung garantieren. Die Behörden haben die Pflicht, angemessene Alternativunterkünfte für Personen bereitzustellen, die sie benötigen, und müssen dafür sorgen, dass niemand infolge einer Räumung obdachlos wird oder Gefahr läuft, in seinen Menschenrechten verletzt zu werden.

In der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator werden derzeit zahlreiche große Sanierungsprojekte durchgeführt, viele von ihnen durch privatwirtschaftliche Unternehmen. Da diesbezüglich keine angemessenen staatlichen Verordnungen existieren, befürchtet Amnesty International angesichts des Schicksals der Bewohner_innen von Gebäude #3, dass auch andere Personen in ähnlichen Situationen in ihrem Recht auf angemessenen Wohnraum verletzt werden könnten.