Vier Staatenlose frei

Kuwait City

Kuwait City

Vier der sieben Angehörigen der Gemeinschaft der Bidun ("Staatenlose"), die im Februar festgenommen worden waren, sind am 10. März auf Kaution freigelassen worden. Die drei anderen befinden sich nach wie vor in Haft. Es ist möglich, dass sie gewaltlose politische Gefangene sind.

Appell an

EMIR DES STAATES KUWAIT
His Highness Sheikh Sabah al-Ahmad al-Jaber Al Sabah
Al Diwan Al Amiri
P.O. Box 1, Safat 13001
KUWAIT
(Anrede: Your Highness / Eure Hoheit)
Fax: (00 965) 2243 0559
E-Mail: amirsoffice@da.gov.kw

JUSTIZMINISTER
His Excellency Dr. Nayef Mohammed Al-Ajmi
Ministry of Justice
P.O. Box 6, al-Safat 1300
KUWAIT
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info@moj.gov.kw

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DER PARLAMENTARISCHEN
MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Parliamentary Human Rights Committee
National Assembly
P.O. Box 716, al-Safat 13008
KUWAIT
Fax: (00 965) 2243 6331
E-Mail: ipu-grp@kna.kw (Betreff: FAO Chairperson of the Parliamentary Human Right Committee)

BOTSCHAFT DES STAATES KUWAIT
S. E. Herrn Monther Bader Sulaiman Aleissa
Griegstraße 5-7
14193 Berlin
Fax: 030-8973 0010
E-Mail: info@kuwait-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. April 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, FAXE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie 'Abdullah 'Atallah, 'Abdulhakim al-Fadhli und dessen Bruder Abdulnasser al-Fadhli umgehend und bedingungslos frei, falls sie nur deshalb in Haft sind, weil sie friedlich von ihren Rechten auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit Gebrauch gemacht haben.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass die Männer weder gefoltert noch anderweitig misshandelt werden und dass sie regelmäßig Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen erhalten.

  • Bitte leiten Sie eine unparteiische und unabhängige Untersuchung der Vorwürfe ein, 'Abdulhakim al-Fadhli sei gefoltert worden, und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to release 'Abdullah 'Atallah, 'Abdulhakim al-Fadhli and his brother Abdulnasser al-Fadhli immediately and unconditionally, if they are held solely for peacefully exercising their rights to freedom of expression, assembly and association.

  • Calling on them to ensure that they are protected from torture and other ill-treatment and that they are granted regular access to their families and lawyers.

  • Calling on them to order an impartial and independent investigation into the reported torture of 'Abdulhakim al-Fadhli and bring those responsible to justice.

Sachlage

Hussein Jabr, Youssef Matar, Ahmad Sa’ad und Mush’el Mut’eb sind durch Gerichtsbescheid freigekommen. Die Kaution betrug 100 kuwaitische Dinare (etwa 256 €). Ihnen droht jedoch weiterhin ein Gerichtsverfahren wegen "unerlaubter Versammlung". Der Richter desselben Gerichts verlängerte die Untersuchungshaft der anderen drei Aktivisten, Abdullah 'Atallah, 'Abdulhakim al-Fadhli und Abdulnasser al-Fadhli, die ebenfalls zur Gemeinschaft der Bidun gehören. Sie müssen sich am 17. März vor Gericht verantworten.

Abdullah 'Atallah war am 19. Februar dieses Jahres festgenommen worden. Ihm wird "Beleidigung des Emirs", "unerlaubte Versammlung" und "Beschädigung von Polizeieigentum (Polizeiwagen)" vorgeworfen. 'Abdulhakim al-Fadhli und sein Bruder Abdulnasser al-Fadhli wurden am 24. Februar festgenommen. Ihnen droht eine Verurteilung wegen Beschädigung von Polizeiwagen und Angriffen auf Sicherheitskräfte. 'Abdulhakim al-Fadhli wird zudem "Anstiftung zum Aufruhr" vorgeworfen und seinem Bruder die "Beherbergung eines Flüchtigen". 'Abdulhakim al-Fadhli gab an, während der vier Stunden, die auf seine Festnahme folgten, geschlagen und mit Vergewaltigung bedroht worden zu sein. Die drei Männer befinden sich im Zentralgefängnis von Kuwait-Stadt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Von den Protesten inspiriert, die 2011 im Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika ausbrachen, begann die Bidun-Gemeinschaft im Februar 2011 mit friedlichen Demonstrationen, um die kuwaitische Staatsangehörigkeit zu fordern. Die Sicherheitskräfte lösten die Kundgebungen gewaltsam auf und nahmen zahlreiche Protestierende fest. Einige von ihnen stehen wegen ihrer Teilnahme an den Demonstrationen immer noch vor Gericht. Der Premierminister von Kuwait sicherte Amnesty International am 18. Oktober 2012 zu, dass die Regierung 34.000 Bidun als kuwaitische Staatsangehörige anerkennen und die übrigen Fälle innerhalb von fünf Jahren bearbeiten werde. Im März 2013 verabschiedete das Parlament ein Gesetz, nach dem bis Ende 2013 bis zu 4.000 'AusländerInnen’ die kuwaitische Staatsbürgerschaft verliehen werden sollte. Bis dato sind jedoch keine Angehörige der Bidun-Gemeinschaft eingebürgert worden.

2011 feierte Kuwait den 50. Jahrestag seiner Unabhängigkeit. Genauso lange leben die in Kuwait ansässigen Bidun nun schon als Staatenlose. Die Angehörigen der Gemeinschaft der Bidun protestieren seit Jahren gegen ihren anhaltenden Status als Staatenlose. Sie fordern die kuwaitische Staatsangehörigkeit, um das Recht kuwaitischer BürgerInnen auf kostenlos Bildung und Gesundheitsfürsorge in Anspruch nehmen zu können und gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhalten.

Es leben derzeit mehr als 100.000 Bidun in Kuwait. Bei vielen handelt es sich um die Nachkommen von MigrantInnen, die Beduinenstämmen angehörten und in der Vergangenheit frei über die Grenzen der Golfregion zogen. Weil sie die Bedeutung einer Staatsangehörigkeit nicht verstanden, ihre jahrhundertealte Lebensweise nicht für die Zugehörigkeit zu einem Land aufgeben wollten oder AnalphabetInnen waren, beantragten sie die Staatsbürgerschaft nicht. Viele der Bidun machen bei ihrer Forderung nach der kuwaitischen Staatsbürgerschaft geltend, dass die meisten von ihnen über offizielle Dokumente verfügen, die ihren langjährigen und ununterbrochenen Wohnsitz in Kuwait belegen.

1959 trat das Staatsangehörigkeitsgesetz in Kuwait in Kraft. Darin werden kuwaitische Staatsangehörige als diejenigen Personen definiert, die sich vor 1920 in Kuwait niedergelassen haben und die ihren ordentlichen Wohnsitz bis zum Erlass des Gesetzes beibehalten haben. Viele erhielten auf dieser Grundlage die kuwaitische Staatsbürgerschaft. Andere wurden eingebürgert und erhielten Teilrechte. Alle übrigen Personen wurden zu Bidun erklärt.

Viele der Bidun wurden in die Volkszählung von 1965 mit einbezogen, was ein wichtiges Kriterium für den Erhalt der kuwaitischen Staatsangehörigkeit ist. Zahlreiche Bidun hatten zudem Posten bei der Armee oder der Polizei inne. Als sich in den 1980er-Jahren die Sicherheitslage in Kuwait verschlechterte, veränderte sich auch die Haltung gegenüber den Bidun: Man verweigerte ihnen plötzlich den Zugang zu staatlichen Schulen, kostenloser Gesundheitsfürsorge und bestimmten Regierungsposten. RegierungsbeamtInnen ließen verlauten, die meisten Bidun seien Staatsangehörige benachbarter Länder und hätten ihre Ausweisdokumente vernichtet, um dieselben Vorteile zu erhalten wie kuwaitische Staatsangehörige, und seien somit "illegal aufhältige Personen". Nach der Invasion Kuwaits durch den Irak im Jahr 1991 und der darauffolgenden Befreiung Kuwaits wurden sehr viele Bidun der Zusammenarbeit mit dem Feind beschuldigt und aus der kuwaitischen Gesellschaft ausgeschlossen. Viele verloren ihre Posten in der Armee, der Polizei und anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes.

Weitere Informationen finden Sie in dem Bericht vom September 2013: The 'Withouts’ of Kuwait: Nationality for stateless Bidun now, online unter: http://amnesty.org/en/library/info/MDE17/001/2013/en