Zehn Jahre Haft für Menschenrechtler
Stark gegen das Unrecht - Menschenrechtsverteidiger
© Amnesty International
Der bekannte saudi-arabische Menschenrechtsverteidiger Fowzan al-Harbi ist erneut inhaftiert worden. Unmittelbar zuvor war ihm mitgeteilt worden, dass seine Haftstrafe im Rechtsmittelverfahren verlängert wurde. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener.
Fowzan al-Harbi und sein Rechtsbeistand fanden sich am 19. November im Strafgericht der Hauptstadt Riad ein, nachdem Fowzan al-Harbi per Telefon mitgeteilt worden war, er müsse vor Gericht erscheinen. Der Richter verkündete, dass man die siebenjährige Haftstrafe, zu der er am 25. Juni verurteilt worden war, im Rechtsmittelverfahren auf zehn Jahre erhöht habe, und ordnete seine sofortige Festnahme an.
Appell an
KÖNIG
King Abdullah bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court
Riyadh
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 966) 1 403 3125 (über das Innenministerium)
JUSTIZMINISTER
Sheikh Dr Mohammed bin Abdul Kareem Al-Issa
Ministry of Justice
University Street
Riyadh 11137
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 966) 1 401 1741 oder
(00 966) 1 402 0311
Sende eine Kopie an
INNENMINISTER
His Royal Highness Prince Mohammed bin Naif bin Abdul Aziz Al Saud
Ministry of the Interior
P.O. Box 2933
Airport Road
Riyadh 11134
SAUDI-ARABIEN
Fax: (00 966) 1 403 3125
BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN
S. E. Herrn
Prof. Dr. med Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. Januar 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
-
Ich fordere Sie höflich auf sicherzustellen, dass Fowzan al-Harbis Schuldspruch und Verurteilung aufgehoben werden und dass er unverzüglich und bedingungslos freigelassen wird, da es sich bei ihm um einen gewaltlosen politischen Gefangenen handelt, der sich allein aufgrund der Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Haft befindet.
- Bitte gewähren Sie ihm regelmäßigen Zugang zu seiner Familie und seinen Rechtsbeiständen.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Calling on the Saudi Arabian authorities to ensure that the conviction and sentence of Fowzan al-Harbi are quashed and release him immediately and unconditionally as he is a prisoner of conscience detained solely for the peaceful exercise of his right to freedom of expression, association and assembly.
- Urging them to ensure that he has regular access to visits from family and his lawyers.
Sachlage
Fowzan al-Harbi, der sich seit dem 26. Dezember 2013 in Haft befunden hatte, wurde zwei Tage, bevor das Strafgericht ihn zu einer siebenjährigen Haftstrafe und einem anschließenden Reiseverbot von ebenfalls sieben Jahren verurteilte, freigelassen. Während seines Rechtsmittelverfahrens befand er sich auf freiem Fuß, jedoch waren ihm die Nutzung der sozialen Medien und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben untersagt. Zu den Straftaten, aufgrund derer er verurteilt wurde, zählen "Loyalitätsbruch" gegenüber dem Herrscher durch Aufruf zu Protesten, Kritik an den Behörden und Mitbegründung einer "nicht genehmigten Organisation", der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA).
Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge ordnete der Richter Fowzan al-Harbis sofortige Festnahme auf Gesuch des Generalstaatsanwalts hin an. Dieser beschuldigt Fowzan al-Harbi, die Liste der gegen ihn vorgebrachten Anklagepunkte und den Gerichtsbeschluss veröffentlicht und damit gegen die Auflagen seiner Haftentlassung im Juni verstoßen zu haben. Die Behörden sorgen dafür, dass die Details seines neuen Urteils unter Verschluss bleiben und nicht öffentlich diskutiert werden.
Hintergrundinformation
Fowzan al-Harbi ist ein 36-jähriger Ingenieur, der beim Forschungs- und Technologiezentrum King Abdulaziz City of Science and Technology angestellt ist. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Zudem ist er Mitbegründer der ACPRA, einer nicht offiziell genehmigten, unabhängigen Menschenrechtsorganisation, die sich bis zur Anordnung ihrer Auflösung durch die Behörden im März 2013 für die Rechte von politischen Gefangenen und anderen Häftlingen einsetzte. Nach der Auflösung der Organisation gingen die Behörden nach und nach gegen ihre Mitglieder vor, um Menschenrechtsverteidiger_innen und Aktivist_innen im Land zum Schweigen zu bringen.
Fowzan al-Harbi wurde am 11. Mai 2013, als die Untersuchungs- und Strafverfolgungsbehörde wegen seines Aktivismus Ermittlungen gegen ihn aufnahm, erstmals zu einem Verhör vorgeladen. Der erste Verhandlungstag in seinem Verfahren vor dem Strafgericht in Riad war der 4. Dezember 2013. Zu den Anklagepunkten gehörten die "Anstiftung zum Ungehorsam gegenüber dem Herrscher durch Aufruf zu Demonstrationen", das "Unterschreiben von Dokumenten, die die öffentliche Meinung gegen die Behörden aufhetzen" und die "Beschreibung des saudi-arabischen Staates als 'Polizeistaat'". Außerdem ist er angeklagt, "der Justiz Unfähigkeit in der Rechtsprechung vorgeworfen" sowie "eine nicht genehmigte Organisation gegründet" zu haben – die ACPRA – und "richterliche Beschlüsse zu deren Auflösung ignoriert" zu haben.
Er wurde am 26. Dezember 2013 im Anschluss an seine zweite Anhörung vor dem Strafgericht in der Hauptstadt Riad festgenommen. Der Richter ordnete seine Festnahme ohne Angabe von Gründen an, obwohl Fowzan al-Harbis Rechtsbeistand wiederholt um eine Begründung bat. Er wurde im al-Malaz-Gefängnis in Riad festgehalten und beschwerte sich bei den dortigen Gefängnisbediensteten und später beim Richter über seine Haftbedingungen. Das Gefängnis war so überfüllt, dass er auf dem Gang, der zur Gefängnismoschee führt, schlafen musste. Ein Mithäftling gab ihm eine alte und dreckige Decke, um sich vor der Kälte zu schützen.
Am 23. Juni 2014 ordnete der Richter seine Haftentlassung an, jedoch erst, nachdem Fowzan al-Harbi einwilligte, eine Erklärung zu unterschreiben, laut der er keine Texte oder Kommentare in sozialen Medien veröffentlichen und auch nicht am gesellschaftlichen Leben teilhaben würde, bis sein Urteil nach dem Rechtsmittelverfahren rechtskräftig sei. Zwei Tage später wurde er für schuldig befunden und zu einer siebenjährigen Haftstrafe und einem anschließenden Reiseverbot von ebenfalls sieben Jahren verurteilt. Ihm wurden zudem die Nutzung sozialer Medien und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben untersagt.
Die erneute Inhaftierung und Verschärfung des Urteils gegen Fowzan al-Harbi sind Teil des fortwährenden Vorgehens gegen Mitglieder der ACPRA, in dessen Rahmen eine Reihe von äußerst unfairen Gerichtsverfahren abgehalten wurde. Nur wenige Monate vor Mohammed al-Bajadis geplanter Freilassung nach Verbüßung seiner vierjährigen Haftstrafe begann am 23. Oktober ein geheimes Wiederaufnahmeverfahren gegen ihn. Die Anklagepunkte ähnelten denjenigen, deretwegen er bereits vor Gericht gestellt, schuldig gesprochen und verurteilt worden war. Die dritte Anhörung im Gerichtsverfahren vor dem Sonderstrafgericht gegen ein weiteres Mitglied der ACPRA, Abdulaziz al Shubaili, ist für den 14. Dezember angesetzt. Er könnte jederzeit festgenommen werden.