Verwaltungshaft verlängert

Diese Urgent Action ist beendet.

Der palästinensische Zirkuskünstler Mohammad Faisal Abu Sakha ist wieder frei.

Mohammad Faisal Abu Sakha

Mohammad Faisal Abu Sakha

Am 13. Juni hat ein israelisches Militärgericht die Verwaltungshaftanordnung gegen den palästinensischen Zirkusdarsteller Mohammad Faisal Abu Sakha um sechs Monate verlängert. Er befindet sich bereits seit Dezember 2015 ohne Anklage in Haft. Ein Militärrichter wird die Rechtmäßigkeit seiner Inhaftierung am 15. Juni überprüfen.

Appell an

MILITÄRSTAATSANWALT
Brigadier General Sharon Afek
Hakirya, Tel Aviv
ISRAEL
(Anrede: Dear Judge Advocate General /
Sehr geehrter Herr Militärstaatsanwalt)
Fax: (00 972) 3 569 4526
E-Mail: Mag@idf.gov.il

KOMMANDANT DER ISRAELISCHEN
VERTEIDIGUNGSSTREITKRÄFTE – WESTJORDANLAND
Major-General Roni Numa
GOC Central Command
Military Post 01149
Battalion 877, Israel Defense Forces
ISRAEL
(Anrede: Dear Major-General Roni Numa /
Sehr geehrter Herr Generalmajor)
Fax: (00 972) 2 530 5741 oder (00 972) 2 530 5724

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Gilad Erdan
Kiryat Hamemshala, PO Box 18182
Jerusalem 91181
ISRAEL
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 972) 2 584 7872
E-Mail: gerdan@knesset.gov.il

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S. E. Herrn Yacov-David Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74-76
14193 Berlin
Fax: 030 8904 5555 oder
030 8904 5309
E-Mail: botschaft@israel.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. Juli 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Mohammad Faisal Abu Sakha und alle weiteren Verwaltungshäftlinge frei, sofern sie nicht einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden und sofort ein faires Gerichtsverfahren erhalten.

  • Ergreifen Sie bitte sofort Schritte, um die Praxis der Verwaltungshaft abzuschaffen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to release Mohammad Faisal Abu Sakha and all other administrative detainees or charge them with a recognizable criminal offence and try them fairly and promptly.

  • Calling on them to end the practice of administrative detention.

Sachlage

Gegen Mohammad Faisal Abu Sakha erging am 13. Juni eine zweite Verwaltungshaftanordnung, die am 12. Dezember 2016 und damit ein Jahr nach seiner Festnahme ausläuft. Er hatte damit gerechnet, nach Ablauf seiner ersten Verwaltungshaftanordnung freigelassen zu werden. In letzter Minute informierte man ihn dann jedoch darüber, dass eine neue sechsmonatige Haftanordnung gegen ihn erlassen wurde, die seine weitere Inhaftierung ohne Anklage und Verfahren ermöglicht. Am 7. Juni hatten israelische Diplomat_innen, die sich in den Niederlanden befinden, Amnesty International mitgeteilt, dass sie nicht davon ausgingen, dass die Haftanordnung gegen Mohammad Faisal Abu Sakha erneuert werden würde. Ein Militärrichter wird die Inhaftierung von Mohammad Faisal Abu Sakha am 15. Juni überprüfen. Er hat die Möglichkeit, seine Freilassung zu verfügen, die Haftanordnung zu bestätigten, oder die Haftzeit zu verkürzen. Amnesty International befürchtet, dass Mohammad Faisal Abu Sakha aufgrund seiner mutmaßlichen politischen Verbindungen und Einstellung inhaftiert sein könnte.

Personen, die auf Grundlage einer Verwaltungshaftanordnung inhaftiert sind, können ohne Anklageerhebung festgehalten werden. Ihnen wird von den israelischen Behörden zudem das Recht verweigert, sich selbst zu verteidigen oder die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung wirksam anzufechten, weil die Behörden in den meisten Fällen die gegen die Gefangenen vorliegenden "Beweise" sowohl diesen selbst als auch ihren Rechtsbeiständen vorenthalten. Mohammad Faisal Abu Sakha befindet sich aufgrund vage formulierter Vorwürfe und geheimer "Beweise" in Haft.

Anfang Juni 2016 wurde Mohammad Faisal Abu Sakha vom Ketziot-Gefängnis in der Negev-Wüste in die Salem-Hafteinrichtung im besetzten Westjordanland verlegt. Nachdem Angehörige des israelischen Inlandsgeheimdienstes ihn dort verhörten, brachte man ihn eine Woche später wieder ins Ketziot-Gefängnis.

Mohammad Faisal Abu Sakha ist Darsteller und Lehrer an der Palästinensischen Zirkusschule in Birzeit im Westjordanland. Bevor seine Haftanordnung verlängert wurde, sagte er, dass er sich einfach nur wünsche, dass man ihm nach seiner Freilassung ein Set Jonglierstäbe in die Hand gebe. Er rief Aktivist_innen auf der ganzen Welt dazu auf, sich gegen die von den israelischen Behörden eingesetzte Verwaltungshaft und für die Freilassung palästinensischer Kinder aus israelischer Haft einzusetzen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Mohammad Faisal Abu Sakha wurde am 14. Dezember 2015 von israelischen Soldat_innen festgenommen, als er auf dem Weg von seinem Elternhaus in der Stadt Jenin im besetzten Westjordanland zu seiner Arbeitsstelle in der Palästinensischen Zirkusschule in Birzeit in der Nähe von Ramallah unterwegs war. Die Militärangehörigen nahmen den 23-Jährigen am Kontrollpunkt Zaatara unweit von Nablus fest und brachten ihn in die militärische Hafteinrichtung Hawara. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz teilte den Eltern von Mohammad Faisal Abu Sakha später mit, dass er ins Gefängnis Megiddo im Norden Israels verlegt worden sei. Die israelischen Militärbehörden stellten am 25. Dezember 2015 eine sechsmonatige Verwaltungshaftanordnung gegen Mohammad Faisal Abu Sakha aus. Am 5. Januar 2016 wurde die Haftanordnung durch einen Militärrichter am Militärgericht Ofer im Norden des Westjordanlandes geprüft und bestätigt. Am 21. März fand vor einem Militärrichter eine Anhörung zu dem gegen die Haftanordnung eingelegten Rechtsmittel statt. Dieses wurde jedoch am 31. März zurückgewiesen. Während der Anhörung des Rechtsmittels beharrte die Militärstaatsanwaltschaft darauf, dass Mohammad Faisal Abu Sakha eine Gefahr für die Sicherheit darstelle, weil er an illegalen Aktivitäten der Volksfront zur Befreiung Palästinas (Popular Front for the Liberation of Palestine – PFLP) beteiligt gewesen sei. Bei der PFLP handelt es sich um eine in Israel verbotene politische Partei, die auch einen bewaffneten Flügel hat. Mohammad Faisal Abu Sakha streitet diese Vorwürfe ab. Er und seine Rechtsbeistände befinden sich jedoch in der aussichtslosen Situation, gegen die Inhaftierung vorgehen zu wollen, ohne Zugang zu den für eine wirksame Verteidigung erforderlichen Informationen zu haben. Mitte März wurde Mohammad Faisal Abu Sakha vom Megiddo-Gefängnis im Norden Israels in das Ketziot-Gefängnis in der Negev-Wüste verlegt.

Mohammad Faisal Abu Sakha schrieb sich 2007 an der Palästinensischen Zirkusschule ein und wurde 2011 einer ihrer Darsteller. Er unterrichtet außerdem Kinder in Zirkusdisziplinen und hat sich besonders auf Kinder mit Lernschwierigkeiten konzentriert; das sind etwa 30 der über 300 Schülerinnen und Schüler an der Zirkusschule. Die Palästinensische Zirkusschule, die von verschiedenen Hilfsorganisationen und anderen Institutionen, darunter der EU-Kommission, gegründet wurde, hat erklärt, dass es keine Grundlage für die Behauptungen gebe, Mohammad Faisal Abu Sakha stelle ein Sicherheitsrisiko dar. Sein einziges Verbrechen sei es, "Kinder glücklich zu machen", und er habe sein Leben dem Zirkus gewidmet. Die Zirkusschule hat es sich zur Aufgabe gemacht, palästinensischen Kindern und Jugendlichen Zirkusdisziplinen beizubringen und auf diese Weise "das soziale, kreative und physische Potential der Palästinenser_innen zu stärken und ihnen so die Möglichkeit zu geben, konstruktive Mitglieder der Gesellschaft zu werden".

Die Praxis der Verwaltungshaft wurde vorgeblich als Sondermaßnahme zur Inhaftierung von Personen eingeführt, die eine große und unmittelbare Gefahr für die Sicherheit darstellen. Seit Jahren setzt Israel diese Form der Haft jedoch auch gegen Personen ein, die in einem ordentlichen Gerichtsverfahren vor Gericht gestellt werden sollten oder für deren Festnahme keinerlei Gründe vorliegen. Verwaltungshaftanordnungen können immer wieder verlängert werden, und Amnesty International geht davon aus, dass einige Palästinenser_innen, die sich in israelischer Verwaltungshaft befinden, gewaltlose politische Gefangene sind, die allein wegen der Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit in Haft gehalten werden. Die israelischen Behörden wenden seit Oktober 2015 vermehrt Verwaltungshaftanordnungen an: Ende April 2016 befanden sich 692 Palästinenser_innen ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in Haft, darunter 13 Minderjährige.

Bis auf ein Gefängnis befinden sich alle Gefängnisse, in denen Palästinenser_innen in Verwaltungshaft gehalten werden, in Israel. Dies stellt einen Verstoß gegen die Vierte Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten dar, die festlegt, dass Gefangene, die zur Bevölkerung besetzter Gebiete gehören, auch in diesen Gebieten inhaftiert werden müssen. Wenn alle palästinensischen Gefangenen in den besetzten palästinensischen Gebieten inhaftiert würden, müssten ihre Familien, um sie zu besuchen, nicht nach Israel einreisen, und es müssten keine Einreisegenehmigungen ausgestellt werden. Die israelischen Behörden lehnen die Ausstellung solcher Genehmigungen häufig ab, was einer Bestrafung der Gefangenen und ihrer Familien gleichkommt.