Berufungsverfahren gegen Verwaltungshaft

Diese Urgent Action ist beendet.

Der palästinensische Zirkuskünstler Mohammad Faisal Abu Sakha ist wieder frei.

Karte Israel

Karte Israel

Der palästinensische Zirkusdarsteller Mohammad Faisal Abu Sakha hat Rechtsmittel gegen seine Inhaftierung ohne Anklageerhebung eingelegt. Das Rechtsmittelverfahren soll am 21. März vor einem israelischen Militärgericht stattfinden. Seine Mutter durfte ihn zum ersten Mal seit über zwei Monaten in der Haft in Israel besuchen.

Appell an

MILITÄRSTAATSANWALT
Brigadier General Sharon Afek
Hakirya, Tel Aviv, ISRAEL
(Anrede: Dear Judge Advocate General /
Sehr geehrter Herr Militärstaatsanwalt)
Fax: (00 972) 3 569 4526
E-Mail: Mag@idf.gov.il

KOMMANDANT DER ISRAELISCHEN
VERTEIDIGUNGSSTREITKRÄFTE – WESTJORDANLAND
Major-General Roni Numa
GOC Central Command, Military Post 01149, Battalion 877, Israel Defense Forces, ISRAEL
(Anrede: Dear Major-General Roni Numa /
Sehr geehrter Herr Generalmajor)
Fax: (00 972) 2 530 5741 oder
(00 972) 2 530 5724

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Gilad Erdan
Kiryat Hamemshala, PO Box 18182
Jerusalem 91181, ISRAEL
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 972) 2 584 7872
E-Mail: gerdan@knesset.gov.il

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S. E. Herrn Yacov-David Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74-76
14193 Berlin
Fax: 030 8904 5555 oder
030 8904 5309
E-Mail: botschaft@israel.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. April 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Mohammad Faisal Abu Sakha und alle weiteren Verwaltungshäftlinge frei, sofern sie nicht einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden und sofort ein faires Gerichtsverfahren erhalten.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Mohammad Faisal Abu Sakha gemäß der Vierten Genfer Konvention in ein Gefängnis im Westjordanland verlegt wird und er regelmäßigen Zugang zu seinem Rechtsbeistand und seiner Familie erhält.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to release Mohammad Faisal Abu Sakha, and all other administrative detainees, unless they are to be charged with recognizably criminal offences and tried fairly and promptly.

  • Urging them – in light of requirements under the Fourth Geneva Convention – to transfer him to a prison in the West Bank and ensure he has regular access to his family and lawyers.

Sachlage

Am 21. März wird sich ein israelisches Militärgericht mit dem Rechtsmittel befassen, das Mohammad Faisal Abu Sakha gegen seine sechsmonatige Verwaltungshaftanordnung eingelegt hat. Personen, die auf Grundlage einer Verwaltungshaftanordnung inhaftiert sind, können ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren festgehalten werden. Ihnen wird von den israelischen Behörden zudem das Recht verweigert, sich selbst zu verteidigen oder die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung wirksam anzufechten, weil die Behörden in den meisten Fällen die gegen die Gefangenen vorliegenden "Beweise" sowohl diesen selbst als auch ihren Rechtsbeiständen vorenthalten.

Seine Mutter, die ihn über zwei Monate lang nicht sehen durfte, besuchte ihn am 29. Februar im Megiddo-Gefängnis in Israel, nachdem ihr die israelischen Militärbehörden schließlich eine Reiseerlaubnis ausgestellt hatten. Die Inhaftierung von Mohammad Faisal Abu Sakha in Israel verstößt gegen seine Rechte gemäß der Vierten Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten, die festlegt, dass Gefangene, die zur Bevölkerung besetzter Gebiete gehören, auch in diesen Gebieten inhaftiert werden müssen. Für Verwandte von Palästinenser_innen, die im besetzten Westjordanland wohnen, ist es sehr schwierig, eine Besuchserlaubnis zu erhalten, um ihre in Israel inhaftierten Familienmitglieder zu besuchen. Nach ihrem Besuch bei Mohammad Faisal Abu Sakha postete seine Mutter eine Nachricht bei Facebook (http://tinyurl.com/gvm6o46), in der sie von der erniedrigenden Behandlung berichtete, die die Eltern von inhaftierten palästinensischen Kindern erfahren. Teilweise werden sie von Soldat_innen, die nicht viel älter als 20 Jahre sind, angebrüllt und beleidigt. Sie schrieb, dass sie es "für einen 40-minütigen Besuch, der gefühlt in einem Wimpernschlag schon wieder vorbei war" ertragen habe. Mohammad Faisal Abu Sakha bat sie, allen zu danken, die sich während seiner Inhaftierung für ihn eingesetzt haben. Er sagte jedoch, dass die Kinder (von denen manche erst 12 oder 13 Jahre alt sind) und die Menschen mit Behinderung, die in israelischen Gefängnissen festgehalten werden, ebenfalls "Solidaritätskampagnen verdienen". Trotz seiner Inhaftierung unterhält er weiterhin seine Mitgefangenen mit Zirkus-Darbietungen, damit "die Tage schneller vergehen".

Mohammad Faisal Abu Sakha wurde am 14. Dezember 2015 von israelischen Soldat_innen am Kontrollpunkt Zaatara im besetzten Westjordanland festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, Mitglied der Volksfront zur Befreiung Palästinas (Popular Front for the Liberation of Palestine), zu sein, eine politische Partei, die auch einen bewaffneten Flügel hat. Er wird in der Palästinensischen Zirkusschule in Birzeit, wo er Zirkusdarsteller ist und Kinder mit Lernschwierigkeiten unterrichtet, schmerzlich vermisst.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Mohammad Faisal Abu Sakha wurde am 14. Dezember 2015 von israelischen Soldat_innen festgenommen, als er auf dem Weg von seinem Elternhaus in der Stadt Jenin im besetzten Westjordanland zu seiner Arbeitsstelle in der Palästinensischen Zirkusschule in Birzeit in der Nähe von Ramallah unterwegs war. Die Militärangehörigen nahmen den 23-Jährigen am Kontrollpunkt Zaatara unweit von Nablus fest und brachten ihn in die Hafteinrichtung Hawara. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz teilte den Eltern von Mohammad Faisal Abu Sakha später mit, dass er ins Gefängnis Megiddo im Norden Israels verlegt worden sei. Die israelischen Militärbehörden stellten Ende Dezember eine sechsmonatige Verwaltungshaftanordnung gegen Mohammad Faisal Abu Sakha aus. Am 5. Januar 2016 wurde die Haftanordnung durch einen Militärrichter am Militärgericht Ofer im Norden des Westjordanlandes geprüft und bestätigt. Militärrichter können Verwaltungshaftanordnungen aufheben, reduzieren oder bestätigen. Die Nachrichtenwebseite Al-Jazeera berief sich auf einen Sprecher des israelischen Militärs, der am 5. Januar 2016 erklärt haben soll, Mohammad Faisal Abu Sakha werde festgehalten, weil er eine "Gefahr … für die Sicherheit in der Region" darstelle, die Einzelheiten des Falls seien jedoch "geheim".

Mohammad Faisal Abu Sakha schrieb sich 2007 an der Palästinensischen Zirkusschule ein und wurde 2011 einer ihrer Darsteller. Er unterrichtet außerdem Kindern in Zirkusdisziplinen und hat sich besonders auf Kinder mit Lernschwierigkeiten konzentriert; das sind etwa 30 der über 300 Schülerinnen und Schüler an der Zirkusschule. Die Palästinensische Zirkusschule, die von verschiedenen Hilfsorganisationen und anderen Institutionen, darunter der EU-Kommission, gegründet wurde, hat erklärt, dass es keine Grundlage für die Behauptungen gebe, Mohammad Faisal Abu Sakha stelle ein Sicherheitsrisiko dar. Sein einziges Verbrechen sei es, "Kinder glücklich zu machen", und er habe sein Leben dem Zirkus gewidmet. Die Zirkusschule wurde 2006 gegründet und hat es sich zur Aufgabe gemacht, palästinensischen Kindern und Jugendlichen Zirkusdisziplinen beizubringen und auf diese Weise "das soziale, kreative und physische Potential der Palästinenser_innen zu stärken und ihnen so die Möglichkeit zu geben, konstruktive Mitglieder der Gesellschaft zu werden".

Die Praxis der Verwaltungshaft wurde vorgeblich als Sondermaßnahme zur Inhaftierung von Personen eingeführt, die eine große und unmittelbare Gefahr für die Sicherheit darstellen. Seit Jahren setzt Israel diese Form der Haft jedoch auch gegen Personen ein, die in einem ordentlichen Gerichtsverfahren vor Gericht gestellt werden sollten oder für deren Festnahme keinerlei Gründe vorliegen. Verwaltungshaftanordnungen können immer wieder verlängert werden, und Amnesty International geht davon aus, dass einige Palästinenser_innen, die sich in israelischer Verwaltungshaft befinden, gewaltlose politische Gefangene sind, die allein wegen der Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit in Haft gehalten werden. Die israelischen Behörden wenden seit Oktober 2015 vermehrt Verwaltungshaftanordnungen an: Ende 2015 befanden sich 580 Palästinenser_innen ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in Haft.

Bis auf ein Gefängnis befinden sich alle Gefängnisse, in denen Palästinenser_innen in Verwaltungshaft gehalten werden, in Israel. Dies stellt einen Verstoß gegen die Vierte Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten dar, die festlegt, dass Gefangene, die zur Bevölkerung besetzter Gebiete gehören, auch in diesen Gebieten inhaftiert werden müssen (Artikel 49 und 76). Wenn alle palästinensischen Gefangenen in den besetzten palästinensischen Gebieten inhaftiert würden, müssten ihre Familien, um sie zu besuchen, nicht nach Israel einreisen, und es müssten keine Einreisegenehmigungen ausgestellt werden. Das Vorgehen der israelischen Behörden, Tausenden von Familienangehörigen palästinensischer Gefangener die Einreise zu verwehren, stellt sowohl eine Strafe für die Gefangenen dar, da sie gar keine oder zumindest keine regelmäßigen Besuche erhalten, als auch für ihre Verwandten. Für Verwandte von israelischen Gefangenen existiert kein solches Verbot.