Journalist gefoltert

Der bahrainische Fotojournalist Ahmad Fardan ist am 9. Januar gegen Kaution freigelassen worden. Es laufen noch Ermittlungen gegen ihn auf Grundlage einer neuen Anklage wegen "Beteiligung an einem Angriff auf die Polizei mit Molotow-Cocktails im Dezember". Er hat ausgesagt, gefoltert worden zu sein.

Appell an

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555
Rifa’a Palace
al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13
al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain

KOPIEN AN
MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali bin Abdullah Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
P.O. Box 450
al-Manama
BAHRAIN
Fax: (00 973) 1753 1284
E-Mail: minister@justice.gov.bh
Twitter: @Khaled_Bin_Ali

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S. E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7
10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über die Website
http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 27. Februar 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, die Anklagen gegen Ahmad Fardan fallenzulassen, da sie nur auf seiner friedlichen fotojournalistischen Arbeit gründen.

  • Bitte leiten Sie eine gründliche, unabhängige und unparteiische Untersuchung der Vorwürfe ein, dass Ahmad Fardan in Gewahrsam von Sicherheitskräften gefoltert oder anderweitig misshandelt wurde.

  • Ich bitte Sie eindringlich, die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zu schützen. Dazu zählt auch das Recht auf Beschaffung, Erhalt und Weitergabe von Informationen. Bahrain ist laut internationalen Menschenrechtsnormen verpflichtet, diese Rechte zu schützen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to drop the charges against Ahmad Fardan since they are related solely to his peaceful work as a photojournalist.

  • Urging them to order a thorough, independent and impartial investigation into allegations that Ahmad Fardan was tortured or otherwise ill-treated when in the custody of the security forces.

  • Urging them to uphold the rights to freedom of expression, association and assembly, including the freedom to seek, receive and impart information, in line with Bahrain’s international human rights obligations.

Sachlage

Ahmad Fardan war am 26. Dezember 2013 festgenommen und der Staatsanwaltschaft vorgeführt worden. Diese befragte ihn zu der Anklage der "Teilnahme an einer Versammlung" in Zusammenhang mit einer Demonstration am 16. Dezember in der Ortschaft Abu Saiba' westlich von Manama; Ahmad Fardan hatte vorgehabt, von dieser Demonstration als Fotograf zu berichten. Während des Verhörs wurden ihm die Augen verbunden und die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Am 14. Januar veröffentlichte das Innenministerium eine Erklärung auf Englisch, in der bestritten wird, dass Ahmad Fardan gefoltert worden ist oder gebrochene Rippen erlitten hat. Außerdem erläutert das Innenministerium, dass Ahmad Fardan in Verbindung mit seiner "Beteiligung an einem Angriff auf die Polizei mit Molotow-Cocktails Anfang Dezember" festgenommen worden sei. Ahmad Fardan erfuhr erst durch diese Erklärung von dieser weiteren Anklage.

Am 9. Januar um etwa 21 Uhr wurde Ahmad Fardan gegen Kaution aus dem Dry-Dock-Gefängnis in der Hauptstadt Manama entlassen, nachdem er am gleichen Tag in die Büros der Gefängnisbehörden gebracht worden war, um einen Angehöriger der Sonderermittlungseinheit (SIU) zu treffen. Die SIU ist eine Einheit innerhalb der Staatsanwaltschaft, die eingerichtet wurde, um bei Verdacht auf Tötung, Folter und andere Misshandlungen sowie weitere mutmaßliche Verstöße vonseiten der Sicherheitskräfte zu ermitteln. Ahmad Fardan wurde zu seiner mutmaßlichen Folterung und anderen Misshandlungen seit seiner Festnahme befragt und berichtete dem Ermittler von seiner erlittenen Folter. Der Ermittler sagte Ahmad Fardan, der Grund für das Treffen sei die Urgent Action von Amnesty International vom 7. Januar.

Am 11. Januar gab Ahmad Fardan der bahrainischen Zeitung al-Wasat ein Interview zu seiner mutmaßlichen Folter und anderweitigen Misshandlung, die er, wie er sagt, während seiner Überstellung in die Zentrale der Kriminalpolizei (Criminal Investigations Directorate – CID) in Manama im Fahrzeug der Sicherheitskräfte sowie in der CID-Zentrale selbst erlitten hat.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Ahmad Fardan arbeitet als Fotograf für die Agenturen Nur Photo, Demotix und Sipa. Er wurde am 26. Dezember 2013 um 2:30 Uhr morgens bei einer Razzia seines Hauses in der Ortschaft Abu Saibah westlich von Manama von BeamtInnen in Zivil festgenommen, die ihm keinen Haftbefehl vorlegten. Während seines Transports in die Zentrale der Kriminalpolizei in Manama und nach der Ankunft dort wurde er geohrfeigt, geschlagen und am Penis gezogen. Als er in Atemnot geriet und das Bewusstsein verlor, wurde er ins Salmaniya-Krankenhaus gebracht, wo eine Röntgenuntersuchung ergab, dass zwei seiner Rippen gebrochen waren. Nach der Untersuchung wurde Ahmad Fardan zur Kriminalpolizei zurückgebracht und dort zu einer Demonstration am 16. Dezember in der Nähe seines Hauses befragt. Aus Angst vor weiterer Folter gab er zu, dass er vorgehabt hatte, an der Demonstration teilzunehmen, und unterschrieb entsprechende Dokumente, die er nicht lesen konnte. Anschließend wurde er der Staatsanwaltschaft vorgeführt und ohne Anwesenheit eines Rechtsbeistandes verhört, bevor er für eine medizinische Routineuntersuchung ins Krankenhaus des al-Qal’a-Gefängnisses und schließlich in das Dry-Dock-Gefängnis von Manama gebracht wurde. Die dortigen Gefängnisbehörden erhielten jedoch Anweisungen, ihn in das al-Qal’a-Gefängniskrankenhaus zu verlegen, wo er dann bis zum 31. Dezember blieb. In dieser Zeit durfte er nur zwei Mal kurz mit seiner Familie telefonieren. Am 1. Januar erschien Ahmad Fardan erneut vor der Staatsanwaltschaft. Diese ordnete eine 45-tägige Untersuchungshaft wegen "beabsichtigter Teilnahme an einer Versammlung" an. Daraufhin wurde er erneut in das Dry-Dock-Gefängnis in Manama überstellt, wo ihn seine Familie am 5. Januar zum ersten Mal besuchen durfte.

Vor seiner Freilassung am 9. Januar erhielt Ahmad Fardan Besuch von einem Angehörigen der Sonderermittlungseinheit (Special Investigation Unit – SIU), welche die Regierung am 27. Februar 2012 auf Empfehlung der Unabhängigen Untersuchungskommission Bahrains (Bahrain Independent Commission of Inquiry – BICI) eingerichtet hatte. Die SIU untersucht hauptsächlich die im Bericht der BICI dokumentierten Fälle, aber auch andere ihr von der Staatsanwaltschaft übertragene Fälle.

Die BICI wurde am 29. Juni 2011 vom König einberufen und damit beauftragt, während der Proteste 2011 begangene Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und einen Bericht zu erstellen. Nach der Veröffentlichung dieses Berichts im November 2011 verpflichtete sich die bahrainische Regierung öffentlich zur Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen. Der Bericht beleuchtete die Reaktion der Regierung auf die Massenproteste und dokumentierte weitreichende Menschenrechtsverletzungen. In einer der Schlüsselempfehlungen forderte der Bericht die Regierung auf, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen wie Folter und exzessive Gewaltanwendung vor Gericht zu stellen und unabhängige Untersuchungen zu Foltervorwürfen durchzuführen.

Die Einberufung der BICI und ihr Bericht wurden als bahnbrechende Initiative angesehen, doch die bahrainische Regierung kommt den wesentlichen Empfehlungen der BICI zur Rechenschaftslegung nicht nach. Dazu zählt ihr Versagen, unabhängige, zielgerichtete und transparente Untersuchungen der Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen sowie exzessive Gewaltanwendung durchzuführen und die Strafverfolgung all derjenigen Personen zu veranlassen, die Befehle gegeben haben, aufgrund derer Menschenrechtsverletzungen begangen wurden. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Bahrain: Reform shelved, repression unleashed vom November 2012 unter http://amnesty.org/en/library/info/MDE11/062/2012/en.

Am 28. Juli 2013 hielt das bahrainische Parlament eine außerordentliche Sitzung ab und legte dem König Scheich Hamad Bin 'Issa Al Khalifa daraufhin 22 Empfehlungen vor, welche die im Antiterrorgesetz von 2006 dargelegten Strafen verschärfen. Wenige Tage später erließ der König mehrere Dekrete, die das Recht auf freie Meinungsäußerung weiter beschränken. So sind z. B. alle Proteste, Sitzstreiks und Versammlungen auf unbestimmte Zeit verboten und den Sicherheitskräften wurden weitere umfassende Befugnisse erteilt.

In einer gemeinsamen Erklärung an die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte vom 9. September zur Menschenrechtslage in Bahrain, die 47 Staaten unterzeichnet haben, äußerten diese im Rahmen der 25. Tagung des UN-Menschenrechtsrates ihre Besorgnis über die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen in Bahrain.