Aktuell Russische Föderation 19. Februar 2024

Russland: Gedenken an Alexej Nawalny wird brutal unterdrückt

Das Bild zeigt viele Blumen und Kerzen, die an einer Mauer abgelegt wurden.

Menschen legen in der russischen Stadt St. Petersburg nach dem Tod von Alexej Nawalny Blumen und Kerzen nieder in Gedenken an den prominenten Oppositionellen und Kreml-Kritiker (16. Februar 2024).

Die russischen Behörden gehen scharf gegen Personen vor, die dem verstorbenen gewaltlosen politischen Gefangenen Alexej Nawalny gedenken. Im ganzen Land werden friedlich trauernde Menschen willkürlich festgenommen, geschlagen, vor Gericht gestellt und inhaftiert.

Laut Angaben der russischen Menschenrechtsorganisation OVD-Info sind seit der Nachricht über den Tod von Alexej Nawalny am 16. Februar mindestens 387 Menschen in insgesamt 39 Städten festgenommen worden, weil sie an Gedenkveranstaltungen für den Oppositionspolitiker teilgenommen hatten. Allein in Sankt Petersburg sollen aus diesem Grund mehr als 200 Personen festgenommen worden sein. Gegen mindestens 26 Menschen ordneten die Sankt Petersburger Gerichte "Verwaltungshaft" an, weil sie ihnen "Missachtung einer rechtmäßigen Polizeianweisung", "Verstoß gegen das festgelegte Verfahren für das Organisieren bzw. Abhalten einer Versammlung" und andere mutmaßliche Straftaten vorwarfen.

"Die russischen Behörden gehen im ganzen Land mit willkürlichen Festnahmen, exzessiver Gewaltanwendung und rechtswidriger Inhaftierung gegen Personen vor, die lediglich um Alexej Nawalny trauern wollen. Hierbei handelt es sich nicht nur um unsensible und empathielose Handlungen, sondern auch um ein Vorgehen, das gegen die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung verstößt. In der Stadt Surgut soll Bakyt Karypbaev auf der Polizeiwache gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein, unter anderem durch Schläge und Bedrohung mit einer Schusswaffe – und alles nur, weil er Blumen niedergelegt hatte", so Oleg Kozlovsky, Experte für Russland bei Amnesty International.

"Der Menschenrechtler Oleg Filatchev wurde zu zehn Tagen 'Verwaltungshaft' verurteilt und der Priester Grigory Mikhnov-Vaitenko, der eine Gedenkveranstaltung geplant hatte, erlitt nach seiner Festnahme einen Schlaganfall und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Dies sind besonders erschütternde Beispiele für das Unrecht, das Menschen angetan wird, wenn sie nichts weiter tun wollen, als um den allseits respektierten Oppositionspolitiker Alexej Nawalny zu trauern. Dies sind keine Einzelfälle, sondern Teil einer landesweiten Kampagne, die darauf abzielt, Andersdenkende zum Schweigen zu bringen und das Land in Angst und Schrecken zu versetzen."

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Behörden wollen "sein Andenken auslöschen"

In Jekaterinburg nahe dem Uralgebirge sah sich eine Gruppe politischer Aktivist*innen aufgrund von Einschüchterung durch die Polizei gezwungen, eine Gedenkveranstaltung für Alexej Nawalny abzusagen. In Barnaul in Westsibirien wurde der 19-jährige Dichter Artem Sakharov wegen "wiederholter Verletzung" der öffentlichen Veranstaltungsregeln zu 30 Tagen Haft verurteilt. Er wurde am 18. Februar festgenommen, als er Blumen an einem Denkmal für die Opfer sowjetischer Unterdrückung niederlegte.

Ebenfalls am 18. Februar wurden Boris Kazadayev und Ilya Povyshev in Moskau festgenommen, nachdem Ordnungskräfte Fotos von Alexej Nawalny in einem ihrer Rucksäcke entdeckt hatten. Sie wurden in der Nähe einer improvisierten Gedenkstätte für den Oppositionspolitiker Boris Nemtsov angehalten, nahe der Stelle, an der er 2015 erschossen worden war. Laut Berichten von OVD-Info führte die Polizei am dritten Tag der Gedenkfeiern für Alexej Nawalny in Moskau selektive Personenkontrollen an Gedenkstätten durch, wobei sie Bilder von ihm und für ihn verfasste Briefe konfiszierte.

"Das harte Durchgreifen nach dem Tod von Alexej Nawalny ist nicht nur eine traurige Erinnerung daran, wogegen er gekämpft hat, sondern auch ein klarer Hinweis darauf, dass die russischen Behörden versuchen, sein Andenken auszulöschen. Im ganzen Land entfernen die Behörden Fotos von Nawalny und lösen Gedenkveranstaltungen umgehend auf, manchmal noch vor den Augen der Trauernden. Dies zeigt, dass die Behörden versuchen, seinen Namen aus den Geschichtsbüchern zu tilgen", so Oleg Kozlovsky.

"Amnesty International fordert die russischen Behörden auf, ihr unsensibles Vorgehen gegen die um Alexej Nawalny trauernden Menschen umgehend einzustellen. Zudem müssen alle diejenigen, die lediglich deshalb inhaftiert wurden, weil sie friedlich protestiert oder um ihn getrauert hatten, unverzüglich freigelassen und die gegen sie begangenen Menschenrechtsverstöße aufgearbeitet werden.

Wir bekräftigen zudem unsere Forderung nach einer unverzüglichen, unabhängigen und unparteiischen Untersuchung der Umstände des Todes von Alexej Nawalny, die mit voller Transparenz und unter Einbeziehung seiner Familie durchgeführt werden sollte."

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