Amnesty Journal 28. März 2012

"Ich habe Hunderte Briefe erhalten"

Maikel Nabil Sanad auf einer Pressekonferenz in Kairo, 28. Januar 2012.

Maikel Nabil Sanad auf einer Pressekonferenz in Kairo, 28. Januar 2012.

Der Blogger Maikel Nabil ist einer der bekanntesten Kritiker der ägyptischen Militärführung. Im Januar 2012 wurde er im Zuge einer Generalamnestie aus der Haft entlassen. Amnesty International hatte sich für ihn eingesetzt.

Über zehn Monate verbrachte er in Haft, mehr als vier davon war er im Hungerstreik. Dennoch ist Maikel Nabils Kritik an der ägyptischen Militärführung nicht verstummt. In einem Video, das der 26-Jährige wenige Tage nach seiner Entlassung auf YouTube veröffentlichte, wirkte er müde, aber kämpferisch. Er bedankte sich bei seinen Unterstützern und bat um etwas Zeit, um sich von den Strapazen seiner Haft erholen zu können.

"Meine Begnadigung durch den Militärdiktator Mohammed Hussein ­Tantawi lehne ich vehement ab", sagte er. Er habe schließlich nichts verbrochen, sondern lediglich sein Recht auf Meinungsäußerung ausgeübt. Der "Militärdiktator", von dem Maikel Nabil spricht, ist der Vorsitzende des Obersten Militärrats in Ägypten. Im Mai soll voraussichtlich ein neuer Präsident gewählt und damit die Macht an eine zivile Regierung übergeben werden.

Dass sich Maikel Nabil nach seiner Freilassung so deutlich über die Militärführung äußerte, ist erstaunlich. Im April 2011 wurde der Blogger genau deshalb inhaftiert: Er hatte die exzessive Gewaltanwendung des Militärs auf dem Tahrir-Platz angeprangert und wurde wegen "der Verbreitung von Lügen und Gerüchten über die Streitkräfte" von einem Militärgericht zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Später wurde seine Haftstrafe auf zwei Jahre reduziert. Maikel Nabil protestierte dagegen und trat Ende August 2011 in einen Hungerstreik. Man verweigerte ihm Medikamente, die er zur Behandlung eines Herzleidens benötigte.

Seine Freilassung erfolgte schließlich im Rahmen einer Generalamnestie am 21. Januar 2012, bei der rund 2.000 Per­sonen begnadigt wurden. Das Datum wurde nicht ohne Grund ­gewählt: Der 25. Januar war der Jahrestag der ersten großen ­Demonstration gegen Mubarak. Seit diesem Zeitpunkt mussten sich nach Angaben des Militärrats rund 12.000 Zivilpersonen, darunter viele Demonstranten und Aktivisten, vor Militärgerichten verantworten. "Der Oberste Militärrat hätte Maikel Nabil schon vor langer Zeit entlassen müssen", sagte Hassiba Hadj Sahraoui, stellvertretende Direktorin der Abteilung Naher und Mittlerer Osten und Nordafrika bei Amnesty, "Es ist eine Schande, dass sie dies nun offenbar nur getan haben, um Kritik anlässlich des Jahrestages der Revolution zu vermeiden."

So groß die internationale Unterstützung für Maikel Nabil war, so umstritten war er in Teilen der ägyptischen Protestbewegung: Maikel Nabil ist ein bekennender Kriegsdienstverweigerer und nach eigenen Angaben Atheist. Zudem spricht er sich für Versöhnung und Solidarität mit Israel aus. Während seiner Haft erhielt Maikel Nabil viel internationale Unterstützung. Auch Amnesty International setzte sich für ihn ein. In einem Brief schrieb er: "Amnesty bin ich für die Bemühungen sehr dankbar, die zu meiner Freilassung geführt haben. Ich habe Hunderte Briefe von Amnesty-Mitgliedern aus der ganzen Welt erhalten, die mir geholfen haben, weiterzukämpfen und meinen Protest gegen den Militärrat in Ägypten aufrechtzuerhalten."

Maikel Nabil will sich weiter für ein Ende der Militärherrschaft in Ägypten einsetzen und dafür kämpfen, dass die Anklage gegen ihn fallengelassen wird. Eine Entschädigung für die Zeit, die er in Haft verbringen musste, hat er bis jetzt nicht erhalten.

Text: Ralf Rebmann

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