Amnesty Report Kuba 07. Mai 2015

Kuba 2015

 

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit waren 2014 weiterhin eingeschränkt. Die Zahl kurzzeitiger willkürlicher Inhaftierungen nahm erheblich zu. Es kam nach wie vor zu politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahmen.

Hintergrund

Aufgrund einer seit Januar 2013 geltenden Änderung des Migrationsgesetzes war es für kubanische Staatsbürger leichter, ins Ausland zu reisen. Auch Regierungskritiker durften nun ungehindert ausreisen, Berichten zufolge wurden bei ihrer Rückkehr nach Kuba jedoch persönliche Dokumente und andere Materialien beschlagnahmt.

Bis Ende 2014 hatte Kuba weder den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte noch den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert, obwohl das Land beide Abkommen bereits im Februar 2008 unterzeichnet hat.

Auf eine Besuchsanfrage des UN-Sonderberichterstatters für Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vom Oktober 2013 reagierte die Regierung ebenso wenig wie auf die des UN-Sonderberichterstatters über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom Mai 2014. Amnesty International hat seit 1990 keinen Zugang zum Land.

Im Dezember 2014 kam es zu einem Gefangenenaustausch zwischen Kuba und den USA. Die kubanische Regierung kündigte außerdem die Freilassung von mehr als 50 weiteren politischen Gefangenen an, was Anlass zur Hoffnung bot, dass sich die Menschenrechtssituation erheblich verbessern könnte. Gleichzeitig bemühten sich die USA und Kuba um eine Normalisierung ihres Verhältnisses und beschlossen die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen.

Rechte auf Meinungs-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Bewegungsfreiheit

Kritik an der Regierung wurde wie in den Vorjahren unterdrückt und hatte verschiedene Strafmaßnahmen zur Folge, dazu zählten Einschüchterungen, Schikanen, politisch motivierte Strafverfolgung, willkürliche Inhaftierung für kurze Zeiträume, repressive Aktionen von Regierungsanhängern (actos de repudio), die von Beamten der Staatssicherheit unterstützt wurden.

Das Justizwesen stand weiterhin unter direkter politischer Kontrolle. Das Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht war dadurch stark beeinträchtigt.

Regierungskritiker, unabhängige Journalisten und Menschenrechtsverteidiger wurden häufig allein deshalb in Haft genommen, weil sie von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung, auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie auf Freizügigkeit Gebrauch machten. Politisch engagierte Bürger wurden vorsorglich inhaftiert, um sie daran zu hindern, an öffentlichen Kundgebungen oder privaten Treffen teilzunehmen.

Es mehrten sich Berichte, wonach Regierungskritiker bedroht und von Staatsbediensteten oder bezahlten Schlägern tätlich angegriffen wurden.

Der Leiter der unabhängigen Nachrichtenagentur Hablemos Press, Roberto de Jesús Guerra Pérez, erhielt im Juni 2014 Drohanrufe und wurde in Havanna auf der Straße von einem Unbekannten angegriffen. Er nimmt an, dass es sich dabei um Versuche der kubanischen Behörden handelte, ihn von seiner journalistischen Tätigkeit abzubringen.

Die Regierung übte weiterhin die Kontrolle über alle Medien aus. Der Zugang zu Informationen im Internet war aufgrund technischer und inhaltlicher Beschränkungen weiterhin problematisch. Unabhängige Journalisten, die Informationen verbreiteten, die nicht offiziell genehmigt waren, wurden systematisch schikaniert, eingeschüchtert und in Haft genommen.

Im Mai 2014 startete die Bloggerin Yoani Sánchez gemeinsam mit ihrem Ehemann die Online-Zeitung 14 y medio. Doch bereits kurz nach Inbetriebnahme wurde die Internetseite Opfer von Hackerangriffen. Wer die Online-Zeitung von Kuba aus aufrufen wollte, wurde auf eine Seite mit Propaganda gegen Yoani Sánchez umgeleitet.

Gewaltlose politische Gefangene

Ende 2014 saßen fünf gewaltlose politische Gefangene, die allein wegen der friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsänderung inhaftiert worden waren, noch immer im Gefängnis. Drei von ihnen, die Brüder Alexeis, Vianco und Django Vargas Martín, wurden im November 2014 wegen "anhaltender Störung der öffentlichen Ordnung" schuldig gesprochen, nachdem sie mehr als eineinhalb Jahre in Untersuchungshaft verbracht hatten. Alexeis Vargas Martín wurde zu vier Jahren Haft verurteilt, Vianco und Django Vargas Martín zu zweieinhalb Jahren.

Die Artikel 72-90 des Strafgesetzbuchs, die sich mit dem Straftatbestand der "Gefährlichkeit" befassen und das Strafmaß für Personen festlegen, von denen angenommen wird, dass sie in Zukunft voraussichtlich eine Straftat begehen, wurden verstärkt angewendet, um Regierungskritiker festzusetzen. Die beiden gewaltlosen politischen Gefangenen Emilio Planas Robert und Iván Fernández Depestre wurden im Oktober 2012 und im August 2013 wegen "Gefährlichkeit" zu dreieinhalb beziehungsweise drei Jahren Haft verurteilt. Emilio Planas Robert wurde angeklagt, in der Stadt Guantánamo Plakate mit regierungsfeindlichen Parolen aufgehängt zu haben.

Zwölf ehemalige gewaltlose politische Gefangene, die im Zuge der Verhaftungswelle gegen Regimekritiker im März 2003 festgenommen worden waren und 2011 freikamen, durften trotz der Reiseerleichterungen nicht ins Ausland reisen. Es hieß, sie müssten auch außerhalb der Haftanstalt noch den Rest ihrer Strafe verbüßen.

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

Die Zahl kurzzeitiger willkürlicher Inhaftierungen, die eingesetzt wurden, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, stieg stark an. Die Kubanische Kommission für Menschenrechte und Nationale Versöhnung (Comisión Cubana de Derechos Humanos y Reconciliación Nacional) meldete 8899 politisch motivierte Kurzzeitinhaftierungen für das Jahr 2014, was eine Zunahme von mehr als 27% gegenüber dem Vorjahr bedeutete.

Die Mitglieder der unabhängigen Menschenrechtsorganisation "Damen in Weiß" (Damas de Blanco) waren ständigen Schikanen ausgesetzt. Jeden Sonntag wurden Dutzende von ihnen für mehrere Stunden in Haft genommen, damit sie nicht zum Gottesdienst gehen und friedliche Protestmärsche durchführen konnten. Nach Angaben der Organisation wurden im Jahr 2013 insgesamt 1810 ihrer Mitglieder festgenommen.

Zahlreiche Regierungskritiker wurden während des zweiten Gipfeltreffens der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten am 28. und 29. Januar 2014 in Havanna willkürlich inhaftiert oder unter Druck gesetzt, an diesen Tagen nicht in die kubanische Hauptstadt zu reisen. Aufgrund der Inhaftierungen und der Welle der Einschüchterung mussten verschiedene Veranstaltungen, die parallel zum Gipfel stattfinden sollten, abgesagt werden.

Am 9. Dezember 2014 wurden Sonia Garro Alfonso, die zur Organisation "Damen in Weiß" gehört, ihr Ehemann Ramón Alejandro Muñoz González und der Dissident Eugenio Hernández Hernández aus dem Gefängnis entlassen und unter Hausarrest gestellt. Sie waren im März 2012 während des Besuchs von Papst Benedikt XVI. unter dem Vorwurf der Körperverletzung, der Störung der öffentlichen Ordnung und des versuchten Mordes inhaftiert worden und hatten mehr als zweieinhalb Jahre ohne Prozess im Gefängnis verbracht.

US-Embargo gegen Kuba

Im September 2014 verlängerten die USA das Gesetz über den Handel mit dem Feind (Trading with the Enemy Act), das finanzielle und wirtschaftliche Sanktionen gegen Kuba beinhaltet und US-Bürgern verbietet, nach Kuba zu reisen und dort wirtschaftlichen Aktivitäten nachzugehen.

Im Oktober 2014 verabschiedete die UN-Generalversammlung zum 23. Mal in Folge eine Resolution, in der die Vereinigten Staaten aufgefordert werden, das einseitige Handelsembargo gegen Kuba unverzüglich aufzuheben. Im Dezember kündigte US-Präsident Barack Obama an, er wolle das Gespräch mit dem US-Kongress suchen, um das Embargo aufzuheben.

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