Aktuell Großbritannien und Nordirland Vereinigte Staaten von Amerika 13. Februar 2024

Drohende Auslieferung an die USA: Julian Assange erneut vor britischem Gericht

Das Bild zeigt ein Protestplakat

Protestaktion vor der US-Botschaft in Berlin für die Freilassung des Wikileaks-Gründers Julian Assange, der in Großbritannien inhaftiert ist und dem die Auslieferung an die USA droht (27. Januar 2023).

Wikileaks-Gründer Julian Assange muss am 20. und 21. Februar 2024 vor dem Londoner High Court erscheinen. Das Gericht entscheidet darüber, ob Assange in Großbritannien weitere Rechtsmittel gegen eine Auslieferung an die USA einlegen kann. Bei einer Auslieferung drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft. Amnesty fordert die USA auf, die Spionagevorwürfe gegen Assange fallen zu lassen und seine willkürliche Inhaftierung in Großbritannien zu beenden.

Julian Assange drohen im Falle einer Auslieferung an die USA schwere Menschenrechtsverletzungen, erklärt Amnesty International eine Woche vor der nächsten Anhörung von Julian Assange in London. Die Menschenrechtsorganisation warnt vor einer tiefgreifenden abschreckenden Wirkung auf die weltweite Pressefreiheit.

"Die Sicherheit von Verleger*innen und investigative Journalist*innen auf der ganzen Welt steht auf dem Spiel. Sollte Julian Assange in die USA überstellt und dort strafrechtlich verfolgt werden, steht auch die weltweite Medienfreiheit auf dem Spiel", sagte Julia Hall, Expertin für Terrorismusbekämpfung und Strafjustiz in Europa bei Amnesty International.

"Julian Assange leidet persönlich unter dieser politisch motivierten Anklage, doch der Prozess hat auch Auswirkungen auf die Medien weltweit. Der Fall verletzt das Recht der Öffentlichkeit auf Informationen darüber, was Regierungen in ihrem Namen tun. Die USA müssen die Spionagevorwürfe gegen Assange fallen lassen und seine willkürliche Inhaftierung in Großbritannien beenden."  

Amnesty-Posting auf Instagram:

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Vor dem Londoner High Court soll entschieden werden, ob Julian Assange in Großbritannien noch Rechtsmittel gegen die Auslieferung an die USA offenstehen oder ob er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden muss. Wenn Julian Assange vor Gericht unterliegt und keine weiteren Rechtsmittel einlegen kann, droht ihm die Auslieferung an die USA. Dort könnte er nach dem Espionage Act von 1917 strafrechtlich verfolgt werden. Das Gesetz stammt aus Kriegszeiten und wurde noch nie zur Bestrafung der legitimen Arbeit von Verleger*innen und Journalist*innen eingesetzt. Assange droht eine Haftstrafe von bis zu 175 Jahren. Für den weniger schwerwiegenden Vorwurf des Computerbetrugs droht ihm eine Höchststrafe von fünf Jahren. Assange wird in diesem Zusammenhang vorgeworfen, mit der Whistleblowerin und Geheimdienstanalystin Chelsea Manning kooperiert zu haben, um illegal an geheime Informationen zu gelangen.

Außerdem droht Assange längere Einzelhaft in einem Hochsicherheitsgefängnis. Die USA haben dem Vereinigten Königreich "diplomatische Zusicherungen" angeboten, die angeblich seine Sicherheit im Falle einer Inhaftierung garantieren sollen. Dennoch enthalten die Zusicherungen der Behörden so viele Vorbehalte, dass sie nicht als zuverlässig gelten können.  

"Den Zusicherungen der USA kann man nicht trauen. Zweifelhafte Zusicherungen, dass er in einem US-Gefängnis gut behandelt wird, klingen hohl, wenn man bedenkt, dass Assange möglicherweise Dutzende von Jahren in einem System inhaftiert wäre, das für seine Missstände bekannt ist. Verlängerte Einzelhaft und eine schlechte medizinische Versorgung der Häftlinge sind an der Tagesordnung. Die USA können seine Sicherheit und sein Wohlergehen einfach nicht garantieren - ebenso wenig wie das der Hunderttausenden, die derzeit in den USA inhaftiert sind", sagte Julia Hall.

Weltweite Bedrohung der Medienfreiheit

Wenn Julian Assange ausgeliefert wird, schafft dies einen gefährlichen Präzedenzfall, nach dem die US-Regierung Verleger*innen und Journalist*innen auf der ganzen Welt ins Visier nehmen könnte. Andere Länder könnten dem Beispiel der USA folgen. 

"Julian Assanges Veröffentlichung von Dokumenten, die ihm im Rahmen seiner Arbeit mit Wikileaks von Quellen zugespielt wurden, spiegelt die Arbeit von investigativen Journalist*innen wider. Diese üben routinemäßig die in der Anklageschrift beschriebenen Tätigkeiten aus: Sie sprechen mit vertraulichen Quellen und bemühen sich um Aufklärung. Sie suchen nach zusätzlichen Unterlagen und erhalten und verbreiten offizielle und manchmal geheime Informationen", so Julia Hall.

Amnesty-Posting auf X (ehemals Twitter):

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Nachrichten- und Publikationsportale veröffentlichen häufig und zu Recht Verschlusssachen, um über Angelegenheiten von größter öffentlicher Bedeutung zu informieren. Die Veröffentlichung von Informationen, die im öffentlichen Interesse liegen, ist ein Eckpfeiler der Medienfreiheit. Die Pressefreiheit ist auch durch internationale Menschenrechtsnormen geschützt und darf nicht kriminalisiert werden.

"Die Bemühungen der USA, investigative Journalist*innen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen, wenn sie staatliches Fehlverhalten aufdecken, etwa Kriegsverbrechen oder andere Verstöße gegen das Völkerrecht, müssen unterbunden werden." 

"Auch Informant*innen, die Journalist*innen und Herausgeber*innen Missstände in der Regierung aufzeigen, müssen ihre Informationen im öffentlichen Interesse weitergeben können. Sollte Julian Assange für seine legitime Veröffentlichungstätigkeit verurteilt werden, werden sich Whistleblower vermehrt hüten, sensible Informationen preiszugeben." 

"Dies ist ein Test für die Behörden der USA und Großbritanniens: Es wird sich zeigen, ob sie sich zu den grundlegenden Prinzipien der Pressefreiheit bekennen, die das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht der Öffentlichkeit auf Information untermauern. Es ist nicht nur Julian Assange, der auf der Anklagebank sitzt. Assange zum Schweigen zu bringen, wird auch andere mundtot machen", sagte Julia Hall. 

Hintergrund

Der Wikileaks-Gründer Julian Assange muss am 20. und 21. Februar 2024 vor dem Londoner High Court erscheinen. Das Ergebnis dieser zweitägigen Anhörung wird darüber entscheiden, ob er weitere Möglichkeiten haben wird, seinen Fall vor den britischen Gerichten zu vertreten, oder ob er alle Rechtsmittel im Vereinigten Königreich ausgeschöpft hat. Sollten ihm keine Rechtsmittel mehr gegen die Auslieferung an die USA zur Verfügung stehen, muss er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden.

Amnesty International, Reporter ohne Grenzen und der Verein Digitale Gesellschaft demonstrieren am 20. Februar vor der US-Botschaft in Berlin für die Freilassung von Julian Assange. Die Aktion findet von 10 bis 11 Uhr statt. Weitere Informationen dazu gibt es hier.

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