Aktuell Algerien 09. März 2017

Algerien, Marokko und Tunesien sind keine "sicheren" Herkunftsstaaten

Algerien, Marokko und Tunesien sind keine "sicheren" Herkunftsstaaten

Protestaktion vor dem Bundesinnenministerium in Berlin, Oktober 2015

8. März 2017 - Amnesty dokumentiert in Algerien, Marokko und Tunesien immer wieder Verfolgung, Folter und Misshandlung. Die Bundesregierung will die Länder trotzdem als "sichere Herkunftsstaaten" einstufen. Am 10. März stimmt der Bundesrat darüber ab.

"Das Konzept der 'sicheren' Herkunftsstaaten ist grundsätzlich unvereinbar mit dem Menschenrecht, Asyl zu suchen. Die gesetzliche Einschätzung zur Sicherheit eines Herkunftslandes führt zu gravierenden Einschränkungen im Asylverfahren", kritisiert Wiebke Judith, Expertin für Asylrecht bei Amnesty International in Deutschland. "Es gehört zu den menschenrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik, jedem schutzsuchenden Menschen ein faires und unvoreingenommenes Asylverfahren zu garantieren."

"Außerdem widerspräche die Einstufung der drei Maghreb-Staaten den Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht für einen 'sicheren' Herkunftsstaat vorgegeben hat und nach denen es landesweit keine Verfolgung bestimmter Personengruppen geben darf sowie Schutz vor erniedrigender Bestrafung wie Folter gewährleistet sein muss. Amnesty dokumentiert in Algerien, Marokko und Tunesien nach wie vor Verfolgung, Folter und Misshandlung. Keines der drei Länder erfüllt die Kriterien für einen 'sicheren' Herkunftsstaat", sagt Judith. "Amnesty fordert die Mitglieder des Bundesrates auf, am Freitag gegen das Gesetz zu stimmen."

Hintergrund:

Seit November 2015 gilt in Tunesien der Ausnahmezustand, auf dessen Grundlage das Recht auf Freizügigkeit willkürlich eingeschränkt wird. Erst im Februar hat Amnesty den Bericht "We want an end to the fear" veröffentlicht, der Kollektivbestrafungen, willkürliche Verhaftungen und Folter durch die tunesischen Sicherheitskräfte dokumentiert. Immer wieder werden in Tunesien Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität verfolgt. So müssen Homosexuelle mit Gewalt, Ausbeutung sowie sexuellen und anderen Misshandlungen durch die Polizei rechnen.

In Marokko und Algerien stellt Amnesty International immer wieder repressive Maßnahmen durch staatliche Behörden fest. So ist das Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt. Die Behörden in beiden Ländern gingen im Jahr 2016 strafrechtlich gegen Journalisten und Regierungskritiker vor, die von ihrem Recht auf friedliche Meinungsäußerung Gebrauch machten.

In Marokko wurden 2016 Männer aufgrund gleichgeschlechtlicher sexueller Beziehungen ebenfalls zu Gefängnisstrafen verurteilt. In Algerien wurden Angehörige der muslimischen Religionsgemeinschaft der Ahmadi 2016 wegen ihres Glaubens strafrechtlich verfolgt.

Hier können Sie den Amnesty-Bericht "We want an end to the fear" über Folter durch tunesische Sicherheitskräfte auf Arabisch, Englisch und Französisch als PDF-Datei herunterladen

Weitere Informationen zur Menschenrechtslage in Algerien finden Sie im Algerien-Länderkapitel des "Amnesty International Report 2016/17"

Weitere Informationen zur Menschenrechtslage in Marokko finden Sie im Marokko-Länderkapitel des "Amnesty International Report 2016/17"

Weitere Informationen zur Menschenrechtslage in Tunesien finden Sie im Tunesien-Länderkapitel des "Amnesty International Report 2016/17"

Weitere Informationen zum Thema Flüchtlinge und Asyl finden Sie auf www.amnesty.de/fluechtlinge

Weitere Artikel