Aktuell Ägypten 27. Juni 2012

Ägypten: Übergriffe gegen Demonstrantinnen untersuchen

Obwohl Frauen bei den Protesten in Ägypten eine wichtige Rolle spielten, werden sie nach wie vor diskriminiert

Obwohl Frauen bei den Protesten in Ägypten eine wichtige Rolle spielten, werden sie nach wie vor diskriminiert

11. Juni 2012 - Amnesty International fordert die ägyptische Regierung dazu auf, umgehend eine Untersuchung über Berichte von sexueller Belästigung und von Übergriffen auf Demonstrantinnen während einer Demonstration in Kairo einzuleiten.

Eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten, die ein Ende der sexuellen Belästigung von Demonstrantinnen gefordert hatte, wurde offenbar von einer Gruppe von Männern sexuell belästigt und geschlagen, als sie am Freitag, den 8. Juni 2012, auf dem Tahrir-Platz demonstrierten. Diese Übergriffe geschehen in einer Zeit, in der sexuelle Übergriffe gegen Demonstrantinnen in Ägypten zunehmen.

"Diese Frauen sind aktiv geworden, um ein Ende der sexuellen Belästigung zu fordern. Als Folge wurden sie dabei selbst Opfer von Einschüchterung und sexuellen Übergriffen," sagte die stellvertretende Direktorin für den Mittleren Osten und Nordafrika von Amnesty International, Hassiba Hadji Sahraoui. "Während der Proteste des letzten Jahres war der Tahrir-Platz ein Ort, an dem Frauen gleichberechtigt mit Männern ihre Freiheit forderten. Nun ist er zu einem Ort geworden, an dem Frauen gezielt sexuell belästigt werden."

"Diese Übergriffe müssen umgehend untersucht und die Täter zur Verantwortung gezogen werden. Eine Untersuchung würde als Abschreckung gegen sexuelle Belästigung dienen. Sie hilft auch dabei, die Demonstrantinnen zu schützen, die ihr Recht auf friedliche Meinungsäußerung ausüben."

Die Demonstration hatte friedlich begonnen, doch sie wurde gewalttätig, als mehrere Frauen attackiert wurden, obwohl andere Männer zu ihrem Schutz einen Kreis um sie herum gebildet hatten. Eine Gruppe von Männern hatte offenbar versucht, den Demonstrantinnen ihre Kleidung herunterzureißen und ihre Wertsachen zu stehlen. Die Frauen und ihre männlichen Unterstützer setzten sich zur Wehr, doch die Angreifer ließen nicht locker.

"Da waren Hände, die uns anfassten und aus unseren Taschen Wertsachen stahlen. Es war ein Chaos. Wir wussten nicht, wer für und wer gegen uns war", berichtete Lobna Darwish, eine der Organisatoren der Demonstration und Mitglied der Mosireen ('Die Entschlossenen'), ein Zusammenschluss von ägyptischen Filmemachern und Journalisten.

Männliche Unterstützer berichteten Amnesty International, dass sie ebenfalls angegriffen wurden, als sie versuchten den Frauen zu helfen. Sie fühlten während des Handgemenges Hände in ihre Taschen greifen, die versuchten ihre Wertsachen zu stehlen. Die Frauen waren schließlich in der Lage sich in Sicherheit zu bringen oder Zuflucht in nahegelegenen Gebäuden zu suchen, bis sich die Situation beruhigt hatte.

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Weitere Übergriffe gegen Demonstrantinnen

Nihal Saad Zaghloul berichtete Amnesty International, dass sie und drei Freunde am 2. Juni auf dem Tahrir-Platz von einer großen Gruppe von Männern angegriffen wurden, als sie sich den Protesten nach dem Urteil im Prozess gegen Hosni Mubarak angeschlossen hatten. Sie wurde geschubst und sexuell belästigt, und ihr Kopftuch wurde heruntergerissen, ehe sie von einigen anderen Männern auf dem Platz gerettet wurde.

Auch ihre beiden Freundinnen wurden von den Männern angegriffen und sexuell belästigt, die ebenfalls versuchten, ihre Kleidung herunter zu reißen. Ein Freund von ihnen wurde schwer geschlagen, als er versuchte ihnen zu helfen.

Im Mai 2012 sollen Frauen, die festgenommen wurden, als das Militär mit Gewalt eine Demonstration gegen die Militärherrschaft auflöste, geschlagen und sexuell belästigt worden sein.

Hintergrund

Frauen in Ägypten werden immer häufiger Opfer von Angriffen großer Männergruppen, die nicht dafür belangt wurden, und von den Sicherheitskräften.

Im Dezember 2011 wurden Demonstrantinnen von Soldaten geschlagen, getreten und durch die Straßen gezerrt. Das Militär nahm mindestens acht Demonstrantinnen zu einem Parlamentsgebäude in der Innenstadt von Kairo mit. Berichten zufolge wurden sie mit Stöcken geschlagen, und einige wurden von Soldaten sexuell belästigt oder ihnen wurden sexuelle Übergriffe angedroht.

Letztes Jahr haben Angriffe auf ausländische Journalistinnen das Problem verdeutlicht: Am 11. Februar 2011 wurde die CBS-Journalistin Lara Logan von einer Gruppe von Männern auf dem Tahrir-Platz geschlagen und sexuell belästigt. Am 24. November 2011 wurde die France 3-Reporterin Caroline Sinz in einer Straße in der Nähe des Tahrir-Platzes angegriffen.

Taktik der Mubarak Regierung

Sexuelle Belästigung und Angriffe auf Demonstrantinnen ist eine Taktik, die oft unter dem früheren Präsidenten Hosni Mubarak eingesetzt wurde. So wurden offenbar 2005 Schläger eingesetzt, um Journalistinnen anzugreifen. Diese nahmen an einer Demonstration teil, die zu einem Boykott des Referendums über die Verfassungsreform aufrief.

"Frauen müssen die Freiheit haben, ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlung völlig gleichgestellt ausüben zu können", sagte Hassiba Hadj Sahraoui. "Sexuelle Belästigung, sexuelle Übergriffe und andere Formen der Misshandlung von Demonstrantinnen stellen Versuche dar, Frauen einzuschüchtern und sie daran zu hindern, am öffentlichen Leben teilzunehmen."

"Die Regierung hat diese Angriffe bisher nicht untersucht. Die Straflosigkeit, die die Täter bisher genießen konnten, scheint dazu beigetragen zu haben, dass sich der Trend der sexuellen Belästigung weiter fortsetzten.

[Unterschreiben Sie unsere Online-Petition und fordern Sie den ägyptischen Premierminister auf, die Rechte der Frauen in Ägypten zu schützen!(http://action.amnesty.de/l/ger/p/dia/action/public/?action_KEY=8448&d=1 "Ägypten: Frauenrechte schützen! "Ägypten: Frauenrechte schützen!")]

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