Aktuell Afghanistan 06. Oktober 2011

Afghanistan: Frauenrechte nicht wegverhandeln

Afghanische Frau beteiligt sich an der Wahl, Kabul, 2004

Afghanische Frau beteiligt sich an der Wahl, Kabul, 2004

6. Oktober 2011 - Am 5. Dezember 2011 wird nach zehn Jahren wieder eine internationale Afghanistan-Konferenz in Bonn stattfinden. Bei der ersten Konferenz 2001 ging es nach dem Sturz der Taliban um die Entwicklung demokratischer Verhältnisse und den Wiederaufbau des Landes. Nun, zehn Jahre später, stehen ganz andere Themen im Vordergrund. So wird es auch um den Friedensprozess mit den Taliban gehen, denn die afghanische Regierung und ihre NATO-Partner streben eine politische Lösung des Konflikts an. Amnesty International fürchtet, dass bei einem solchen politischen Prozess der Reintegration und Versöhnung die Menschenrechte, insbesondere die Rechte der Frauen, in Gefahr geraten.

In den Regionen Afghanistans, die sich heute unter der Kontrolle der Taliban befinden, werden die Rechte von Mädchen und Frauen massiv beschnitten. Ihnen wird der Zugang zu Bildung, Berufstätigkeit, Bewegungsfreiheit und politischer Partizipation verwehrt. Auch zeigen die Taliban kaum Respekt für das Recht auf Leben und auf Freiheit von Folter und anderen Misshandlungen. Sie verletzen systematisch das Kriegsrecht, indem sie Zivilisten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und zivile Einrichtungen wie Schulen – insbesondere Mädchenschulen – angreifen.

Afghanische zivilgesellschaftliche Gruppen – insbesondere Frauengruppen – sind daher zurecht besorgt über die möglichen Auswirkungen, wenn den Taliban politische Mitbestimmungsrechte eingeräumt werden. Seit dem Fall des Taliban-Regimes im Jahr 2001 hat es im Bereich der Frauenrechte und Geschlechtergleichheit wichtige Erfolge gegeben. So wurde ein Ministerium für Frauenrechte eingerichtet, die neue Verfassung räumt den Frauen die gleichen Rechte ein wie Männern, Frauen haben verbesserten Zugang zu Bildung und Gesundheitseinrichtungen und Frauen sind im Parlament vertreten. Diese hart erkämpften Fortschritte dürfen nicht bei Versöhnungsgesprächen mit den Taliban und anderen aufständischen Gruppen wegverhandelt oder eingeschränkt werden. Dies kann nur durch die Beteiligung von Frauen an Friedensgesprächen sichergestellt werden.

Doch bisher wird die afghanische Zivilgesellschaft bei den Planungen über die Zukunft ihres Landes völlig unzureichend einbezogen. Auch für die Konferenz in Bonn ist lediglich geplant, dass zwei VertreterInnen der afghanischen Zivilgesellschaft sprechen. Ein umfassender, langfristiger Plan für die verbindliche Einbeziehung der Zivilgesellschaft und insbesondere von Frauengruppen existiert nicht.

Weiterhin befürchtet Amnesty International, dass die Versöhnungsstrategie zu Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit führt. Afghanistans Geschichte hat jedoch gezeigt, dass Frieden ohne Gerechtigkeit und Menschenrechte zu weiteren Konflikten und Menschenrechtsverletzungen führt.

Die Bundesregierung ist in Bonn mehr als nur Gastgeber. Sie hat Einfluss auf Tagesordnung und Gästeliste, und der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Afghanistan und Pakistan Michael Steiner hat als Leiter der Internationalen Kontaktgruppe Afghanistan über die Konferenz hinaus großen Einfluss in Afghanistan und auf der internationalen Bühne. Dieser Einfluss muss genutzt werden um zu verhindern, dass in dieser entscheidenden Phase für die Zukunft Afghanistans die Menschenrechte – und insbesondere die Rechte der Frauen – wegverhandelt werden. Denn ohne Menschenrechte und Frauenrechte ist keine langfristige Stabilität in Afghanistan möglich – das muss auch die Bundesregierung anerkennen.

Setzen Sie sich gegenüber der Bundesregierung dafür ein, dass die afghanische Zivilgesellschaft in Bonn gehört wird, und dass die Rechte der Frauen bei Gesprächen mit den Taliban nicht wegverhandelt werden!

Zur Online-Aktion!

Zum weiterlesen: Broschüre über Frauen in Afghanistan.

YouTube freischalten

Wir respektieren deine Privatsphäre und stellen deshalb ohne dein Einverständnis keine Verbindung zu YouTube her. Hier kannst du deine Einstellungen verwalten, um eine Verbindung zu den Social-Media-Kanälen herzustellen.
Datenschutzeinstellungen verwalten

Schlagworte

Afghanistan Aktuell Frauen

Weitere Artikel