Student in Foltergefahr

Der Studentenführer Majid Tavakkoli wurde am 7. Dezember 2009 nach einer Demonstration festgenommen. Sein Aufenthaltsort ist bislang unbekannt. Ihm drohen Folter und andere Misshandlungen. Amnesty International betrachtet ihn als einen gewaltlosen politischen Gefangenen, der nur wegen der friedlichen Ausübung seiner Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit festgehalten wird.

Appell an

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT VON TEHERAN
Ali Reza Avaei
Karimkhan Zand Avenue
Sana'i Avenue, Corner of Ally 17, No 152
Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Dear Mr Avaei)
E-Mail: avaei@Dadgostary-tehran.ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadeqh Larijani
Howzeh Riyasat-e Qoveh Qazaiyeh
(Office of the Head of the Judiciary)
Pasteur St., Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri
Tehran, 1316814737
IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: via website http://www.dadiran.ir/tabid/75/Default.aspx
Erste Textzeile mit rotem Sternchen: Ihr Vorname. Zweite Textzeile mit Sternchen: Ihr Nachname. Dritte Textzeile mit Sternchen: Ihre E-Mail-Adresse. Appelltext in die große Textbox darunter.

Sende eine Kopie an

LEITER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSBEHÖRDE
Mohammad Javad Larijani
Howzeh Riassat-e Ghoveh Ghazaiyeh
Pasteur St. Vali Asr. Ave., south of Serah-e Jomhuri
Tehran, 1316814737
IRAN
(korrekte Anrede: Dear Mr Larijani)
Fax: (00 98) 21 3390 4986
E-Mail: bia.judi@yahoo.com
(Betreff: FAO Mohammad Javad Larijani)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Januar 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Fordern Sie von den iranischen Behörden die sofortige und bedingungslose Freilassung von Majid Tavakkoli und allen anderen, die im Zuge der Demonstrationen am 7. Dezember 2009 festgenommen wurden. Sie werden nur wegen der friedlichen Ausübung ihrer Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit gefangen gehalten.

  • Äußern Sie sich besorgt darüber, dass Majid Tavakkoli ein Opfer des "Verschwindenlassens" ist und fordern Sie die sofortige Bekanntgabe seines Aufenthaltsortes.

  • Dringen Sie bei den Behörden darauf, sicherzustellen, dass Majid Tavakkoli vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird, dass ihm sofortiger und regelmäßiger Zugang zu einer anwaltlichen Vertretung seiner Wahl und eventuell notwendiger medizinischer Versorgung gewährt wird.

  • Fordern Sie eine umgehende und unparteiische Untersuchung der Vorwürfe, dass Majid Tavakkoli in der Haft geschlagen wurde.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Iranian authorities to immediately and unconditionally release Majid Tavakkoli, and any others detained around the 7 December demonstrations who are held solely for the peaceful exercise of their rights to freedom of expression, association and assembly;

  • Expressing deep concern that Majid Tavakkoli has been subjected to an enforced disappearance and urging the authorities to disclose his whereabouts immediately;

  • Calling on the authorities to ensure that he is protected from torture and other ill-treatment, and grant him immediate and regular access to his family, a lawyer of his choice and any medical treatment he may require;

  • Asking them to investigate promptly and impartially the reports that Majid Tavakolli was beaten during his arrest.

Sachlage

Nachdem Majid Tavakkoli am 7. Dezember bei einer Demonstration an der Technischen Universität Amir Kabir in Teheran eine Rede gehalten hatte, wurde er beim Verlassen der Hochschule festgenommen. Die Demonstrationen fanden zum so genannten Studententag statt, der nach dem persischen Kalender am 16. Azar (7. Dezember) begangen wird. An diesem Tag wird im Iran des Todes dreier Studenten gedacht, die im Jahr 1953 von Sicherheitskräften erschossen worden waren.

Die Nachrichtenagentur Fars, die den Revolutionsgarden und der Justiz nahe steht, veröffentlichte am Tag darauf Fotos, auf denen Majid Tavakkoli in Frauenkleidung zu sehen war. Dazu schrieb sie, dass der Student die Frauenkleidung zum Zeitpunkt seiner Festnahme trug, um nicht erkannt zu werden. Auf studentischen und anderen Webseiten wurde diese Behauptung jedoch dementiert. Stattdessen vermutet man, dass er gezwungen wurde, die Frauenkleidung zu tragen, um ihn zu demütigen. Weiter hieß es, dass Majid Tavakkoli bei seiner Festnahme geschlagen wurde.

Bei den Demonstrationen, die am 7. Dezember in verschiedenen Städten im ganzen Land stattfanden, wurden zahlreiche Studierende und mehrere weitere TeilnehmerInnen festgenommen. Einige sind mittlerweile freigelassen worden, viele befinden sich jedoch nach wie vor in Haft. Genaue Angaben über die Anzahl der noch Inhaftierten sind nicht bekannt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Majid Tavakkoli ist Mitglied einer studentischen Vereinigung an der Technischen Universität Amir Kabir, wo er nach vorliegenden Informationen Schiffbau studiert. Bereits im Mai 2007 hatte man ihn zusammen mit drei weiteren Beteiligten in Verbindung mit der Veröffentlichung einer studentischen Schrift festgenommen, in der der Islam verunglimpft worden sein soll. Nach Aussagen anderer Studenten handelte es sich dabei jedoch um eine Fälschung. Majid Tavakkoli wurde gefoltert und wegen "Propaganda gegen das System" und "Beleidigung des Religionsführers" zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Nachdem Majid Tavakkoli Rechstmittel eingelegt hatte, wurde die Haftzeit auf 30 Monate verkürzt. Im August 2008 kam Majid Tavakkoli frei und durfte sein Studium wieder aufnehmen.

Zusammen mit rund 20 weiteren Studierenden wurde Majid Tavakkoli im Februar 2009 erneut festgenommen, nachdem er an einer Gedenkfeier teilgenommen hatte, die zu Ehren von Mehdi Bazargan stattfand, dem ersten Ministerpräsidenten nach der Revolution vom Februar 1979. Die meisten Studierenden wurden kurz darauf wieder frei gelassen, Majid Tavakkoli und drei weitere Studenten blieben jedoch ohne ein Gerichtsverfahren weiter in Haft. Im Juni 2009 kamen sie schließlich auf Kaution frei. Weitere Urgent Actions zu Majid Tavakkoli: UA-113/2007 und UA-070/2009.

Zwei Tage vor seiner Festnahme schrieb Majid Tavakkoli in seinem letzten Eintrag auf seiner Seite bei Facebook:

"Nur noch zwei Tage [bis zur Demonstration am Montag]. Mehr als zehn anstrengende Tage war ich nun unterwegs und bin mehr als 100 Stunden gefahren; jetzt muss ich mich auf den Weg nach Teheran machen. Ich schaue in die Augen meiner Mutter, die voller Tränen sind, und sehe die ängstlichen Blicke meines Vaters; es ist allein der tiefe Wunsch nach Freiheit, der mir trotz aller Hindernisse Kraft und Ausdauer verleiht. Und so stelle ich mich erneut all den Gefahren und ich fühle mich geehrt und bin stolz darauf, zusammen mit meinen Freunden am 16. Azar [7. Dezember] Schulter an Schulter gegen die Tyrannei zu protestieren. Für die Freiheit."

Am 16. Dezember sagte Ali, der Bruder von Majid Tavakkoli, in einem Gespräch mit der in Prag ansässigen Radiostation Farda, dass die Familie seit seiner Festnahme nichts von Majid Tavakkoli gehört habe und dass sein Anwalt bislang nichts herausfinden konnte.

Als Zeichen der Solidarität und um die Freilassung von Majid Tavakkoli zu fordern, haben viele Iraner Fotos von sich in Frauenkleidung gemacht, auf denen sie ihr Gesicht verdecken und Schilder mit der Aufschrift "Wir sind Majid" hochhalten, und diese ins Internet gestellt.
Siehe beispielsweise (nur für Mitglieder bei Facebook aufrufbar):
http://www.facebook.com/event.php?eid=198929939029#/photo_search.php?oid=198929939029&view=all

Bei Demonstrationen stehen Studierende immer wieder an der Spitze. Die andauernden Proteste richten sich gegen das umstrittene Ergebnis der Präsidentschaftswahlen vom Juni 2009 und gegen die weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen, die im Zuge des von den Behörden auferlegten Demonstrationsverbots und des harten und gewalttätigen Durchgreifens gegen Protestierende begangen worden sind. Dutzende wurden von Sicherheitskräften, die mit exzessiver Gewalt vorgegangen sind, getötet, tausende Menschen wurden festgenommen, die meisten von ihnen rechtswidrig, und viele wurden gefoltert oder in anderer Weise misshandelt. Hunderte Demonstrierende haben kein faires Gerichtsverfahren erhalten, manche mussten Massenschauprozesse über sich ergehen lassen. Mehr als 80 Betroffene wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt, mindestens fünf erhielten das Todesurteil.