Indigene Gemeinschaft drangsaliert

Sprecher_innen und weitere Angehörige einer indigenen Gemeinschaft sind eingeschüchtert und drangsaliert worden, weil sie sich gegen den Bau eines neuen Windparks in der Landenge von Tehuantepec im Süden Mexikos einsetzen. Es ist zu befürchten, dass weitere Drohungen gegen sie ergehen werden.

Appell an

GOUVERNEUR DES BUNDESSTAATES OAXACA
Lic. Gabino Cué Monteagudo
Plaza de la Constitución, Centro Histórico
Oaxaca de Juárez, Oaxaca, C.P. 68000, MEXIKO
(Anrede: Estimado Gobernador / Dear Governor / Sehr geehrter Herr Gouverneur)
Fax: (00 52) 95 1501 8100-40068
E-Mail: spagoboaxaca@gmail.com

INNENMINISTER
Miguel Ángel Osorio Chong, Secretario de Gobernación
Bucareli 99, col. Juárez, Cuauhtémoc
C.P. 6600, México D.F., MEXIKO (Anrede: Estimado Señor Secretario / Sehr geehrter Herr Minister / Dear Minister)
Fax: (00 52) 55 5093 3414
E-Mail: secretario@segob.gob.mx

Sende eine Kopie an

MENSCHENRECHTSORGANISATION
Comité de Defensa Integral de Derechos Humanos Gobixha, CODIGO-DH
E-Mail: contacto@codigodh.org

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN
I. E. Patricia Espinosa Cantellano
Klingelhöferstraße 3
10785 Berlin
Fax: 030-26 93 23 700
E-Mail: mail@mexale.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. Januar 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte ergreifen Sie in Absprache mit den Betroffenen Maßnahmen zum Schutz von María del Carmen Ruíz Martínez, Mariano Gómez López, María Isabel Jiménez Salinas und anderen Mitgliedern der APPJ, die sich gegen den Bau eines Windparks in der Landenge von Tehuantepec einsetzen.

  • Bitte führen Sie zudem sofort eine umfassende und unabhängige Untersuchung zu den Einschüchterungs- und Drangsalierungsversuchen gegen Mariano Gómez López und María Isabel Jiménez Salinas vom 4. und 5. Dezember ein und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

  • Ich fordere Sie höflich auf, gemäß internationaler Standards, auf Grundlage der vorherigen, freiwilligen Zustimmung der betroffenen indigenen Bewohner_innen einen Konsultationsprozess in der Landenge von Tehuantepec durchzuführen. Zudem bitte ich Sie, verlässliche, wahrheitsgetreue und zugängliche Informationen über die Auswirkungen des Projekts bereitzustellen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to guarantee the safety of María del Carmen Ruíz Martínez, Mariano Gómez López, María Isabel Jiménez Salinas and all other APPJ members opposing the construction of the wind farm in the Tehuantepec Isthmus, in accordance with their wishes.

  • Urging them to carry out a full, prompt and impartial investigation into the instances of intimidation and harassment against Mariano and Isabel on 4 and 5 December and to bring those responsible to justice.

  • Demanding that any consultation process in the Tehuantepec Isthmus is carried out according to international standards, on the basis of the free, prior and informed consent of all members of Indigenous communities affected, including reliable, accurate and accessible information on the impacts of the project.

Sachlage

Mitglieder der Asamblea Popular del Pueblo Juchiteco (APPJ), einer Organisation für die indigene Bevölkerung in Jucitán im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca, haben von Drohungen berichtet, die offenbar in Zusammenhang mit ihrem Einsatz gegen den Bau eines neuen Windparks auf dem Land der Gemeinschaft stehen. Am 5. Dezember erhielt María del Carmen Ruíz Martínez, die der APPJ angehört, eine telefonische Drohung von einer unbekannten Frau. Die Anruferin warnte sie und die anderen Mitglieder der APPJ davor, an Beratungssitzungen zu dem geplanten Bau eines Windparks teilzunehmen. María Isabel Jiménez Salinas, ein weiteres Mitglied der APPJ, gab an, am 4. Dezember von einer Person auf einem Motorrad verfolgt worden zu sein, als sie Mariano Gómez López, der Sprecher und Rechtsvertreter der Organisation ist, auf dem Weg nach Hause begleitete. María Isabel Jiménez Salinas konnte den Motoradfahrer abhängen, indem sie in eine schmale Gasse lief. Nachdem sie bei sich zuhause angekommen war, hörte sie, wie man auf ihre Eingangstür, ein Fenster und eine Gasse neben ihrem Haus schoss. Ein Nachbar gab an, dass ein Mann die Überreste der Kugeln aufsammelte. Am selben Abend berichtete Mariano Gómez López, dass ein Fahrzeug mit getönten Scheiben, das den Bewohner_innen in der Nachbarschaft nicht bekannt war, etwa zehn Minuten mit laufendem Motor vor seinem Haus stand. Mariano Gómez López hatte außerdem beobachtet, wie zwei unbekannte Männer auf Fahrrädern an seinem Haus vorbeifuhren. Einer der beiden trug eine Kappe, der andere hatte sich einen Schal um den Kopf gewickelt.

Am 4. Dezember, also kurz vor diesen Vorkommnissen, hatte eine offizielle Beratungssitzung zu dem Bauantrag für einen neuen Windparks in der Landenge von Tehuantepec stattgefunden. Ein Großteil der Gemeinschaft hatte dem Antrag zugestimmt, eine kleine Anzahl der Bewohner_innen erbat jedoch mehr Zeit, um das Projekt und dessen mögliche Folgen für die Landwirtschaft und das Land der Gemeinschaft umfassend analysieren zu können. Direkt nach Ende der Sitzung kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Gruppen. In dem Gebiet ist bereits ein Windpark gebaut worden, der bisher jedoch noch nicht in Betrieb genommen worden ist. Andere Sprecher_innen der indigenen Gemeinschaft und lokale Organisationen, die gegen den Bau von Windparks in dem Gebiet protestieren, sind ebenfalls bedroht und angegriffen worden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Einige indigene Bewohner_innen des Bundesstaats Oaxaca setzten sich in der Vergangenheit gegen den Bau des Windparks auf ihrem Land ein. Sie erklärten, es habe keinen angemessenen Konsultationsprozess gegeben, in dem man sie mit Informationen versorgt und ihr freiwilliges Einverständnis eingeholt hätte, wie es die UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker vorschreibt. Des Weiteren sorgten sie sich um die möglichen Auswirkungen des Baus auf die Landwirtschaft und ihr Land. Infolge ihres Widerstands waren die Bewohner_innen über mehrere Monate Drohungen und Einschüchterungen ausgesetzt. Die Regierung hatte zwar einen Konsultationsprozess eingeleitet, jedoch nicht bekannt gegeben, wie dieser im Einklang mit internationalen Standards durchgeführt werden sollte oder wie sich die zunehmenden Spannungen innerhalb der Gemeinschaft verhindern ließen.

Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen werden in Mexiko aufgrund ihrer rechtmäßigen Arbeit oft angegriffen, bedroht, entführt oder gar getötet. Die Verantwortlichen werden so gut wie nie gerichtlich belangt. Amnesty International begrüßt die Einführung des Gesetzes zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen im Jahr 2012. Allerdings sind für die mehr als 100 Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen, die bislang auf Grundlage dieses Gesetzes um Schutz gebeten haben, keinen zeitnahen oder wirksamen Maßnahmen ergriffen worden. Dies führt zu Frustration, Unsicherheit und Entmutigung. Entgegen der Beteuerungen der mexikanischen Regierung ist das Gesetz noch weit davon entfernt, wirksam umgesetzt zu werden, weil es an gut ausgebildetem Personal und ausreichenden finanziellen Mitteln fehlt und das Gesetz von Politiker_innen auf höherer Ebene nicht genügend unterstützt wird. Diese Mängel führen dazu, dass die Behörden sowohl auf Bundes- und Landes- als auch auf Regionalebene die in diesem Gesetz vorgesehenen Schutzmaßnahmen oftmals nicht umsetzen.

Die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen bleiben häufig straffrei, da die Ermittlungen oftmals unzureichend sind und von staatlichen Behörden durchgeführt werden, die selbst der Beteiligung an derartigen Vorfällen verdächtigt werden. Dies führt dazu, dass Angriffe häufig toleriert werden. Gegen die Gewalt, deren Opfer Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen häufig werden, muss dringend umfassend vorgegangen werden, wobei das genannte Gesetz aus dem Jahre 2012 nur ein Teil der Gesamtstrategie sein darf. Die mexikanische Regierung hat bisher auf das Klima anhaltender Bedrohung, der Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen in mehreren Bundesstaaten ausgesetzt sind, nicht überzeugend reagiert.

In einem aktuellen Bericht hat Amnesty International zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Menschenrechtsverteidiger_innen in der Region Las Americas getötet, entführt, mit dem Tod bedroht oder eingeschüchtert wurden. Zudem dokumentierte die Organisation, dass das Justizsystem in den vergangenen Jahren vermehrt dazu eingesetzt wurde, Menschenrechtsverteidiger_innen in dieser Region einzuschüchtern und zu unterdrücken. Weitere Fälle, die in Verbindung mit der Landenge Tehuantepec stehen, wie der von Bettina Cruz Velázquez oder den Mitarbeiter_innen der Menschenrechtsorganisation Comité de Defensa Integral de Derechos Humanos Gobixha (CODIGO-DH) werden in dem spanischsprachigen Bericht Defender derechos humanos en las Américas: Necesario, legitimo y peligroso (http://www.amnesty.org/es/library/info/AMR01/003/2014/es) behandelt. Eine englische Version dieses Berichts wird unter demselben Link bald verfügbar sein.