Indigene angegriffen

Fünf indigenen Gemeinden im Bezirk Itakyry in Ost-Paraguay droht nicht mehr unmittelbar die Vertreibung von ihrem angestammten Land. Brasilianische Großbauern, die Anspruch auf das Land erheben, haben jedoch mit einem Flugzeug eine giftige Substanz über den Gemeinden versprüht. Mehr als 200 Personen mussten medizinisch behandelt werden. Den Gemeinden drohen weitere Vergeltungsmaßnahmen.

Appell an

GENERALSTAATSANWALT
Dr. Rubén Candia Amarilla
Ministerio Público
Chile entre Rodriguez de Francia y Ygatymi
Asunción
PARAGUAY
(korrekte Anrede: Dear Prosecutor / Estimado Fiscal General)
Fax: (00 595) 21 454 6003
E-Mail: ministro@ministeriopublico.gov.py

GESUNDHEITSMINISTERIN
Dra. Esperanza Martínez
Ministra de Salud Pública y Bienestar Social
Ministerio de Salud Publica y Bienestar Social
Pettirosi Esq. Brasil
Asunción
PARAGUAY
(Korrekte Anrede: Dear Minister / Estimada Ministra)
Fax: (00 595) 21 207 328

INNENMINISTER
S.E. Don Rafael Fillizola
Ministro del Interior de Paraguay
Chile y Manduvira
Asunción
PARAGUAY
(korrekte Anrede: Dear Minister of Interior / Estimado Ministro del Interior)
Fax: (00 595) 21 450 027
E-Mail: dggabinete@mdi.gov.py

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER REPUBLIK PARAGUAY
S.E. Herrn Raul Alberto Florentin Antola
Hardenbergstraße 12
10623 Berlin
Fax: 030-31 99 86 17
E-Mail: embapyde@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Dezember 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Fordern Sie die Behörden auf, die Sicherheit der indigenen Gemeinden der Ava Guarani in Itakyry zu gewährleisten.

  • Appellieren Sie an die Behörden, sicherzustellen, dass die fünf Gemeinden in Itakyry, deren Land am 6. November mit Pestiziden besprüht wurde, effektive medizinische Unterstützung erhalten.

  • Fordern Sie von den Behörden eine Untersuchung der Vorfälle vom 6. November.

  • Erinnern Sie die Behörden daran, dass das Anrecht auf angestammtes Land für indigene Völker von großer Bedeutung ist, da es einen wichtigen Bestandteil ihrer Identität, Existenzsicherung und Lebensweise darstellt. Appellieren Sie an die Behörden, ihren Verpflichtungen nach Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation, der UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker und den entsprechenden Paragrafen der paraguayischen Verfassung nachzukommen.

Sachlage

Den Gemeinden Loma Tajy, Ka’aguy Poty, Ka’aty Min, Ka’agauy Roky und Formosa der indigenen Gemeinschaft der Ava Guarani drohte die Vertreibung von dem Grund und Boden, auf dem sie seit vielen Jahren leben. Das Land befindet sich im Grenzgebiet zu Brasilien, und brasilianische Großbauern, die dort Soja anbauen, bestreiten das Eigentumsrecht der Indigenen an diesem Land. Nachdem die AnwältInnen der Gemeinden Einspruch eingelegt hatten, wurde der Räumungsbefehl am 6. November aufgehoben.

Am selben Tag versuchten jedoch etwa 50 Männer, mutmaßlich im Auftrag der brasilianischen Großbauern, die Indigenen von ihrem Land zu vertreiben. Gemeindemitglieder schossen mit Pfeilen auf die Männer. Soweit bekannt, waren nur wenige lokale Polizeikräfte vor Ort. Es gelang den Gemeinden, die Männer von ihrem Land fernzuhalten. Kurz darauf flog jedoch ein kleines Flugzeug über die Gemeinden und versprühte eine Substanz. Offenbar handelte es sich dabei um Pestizide, wie sie beim Anbau von Soja verwendet werden.

Seither sind nach Angaben der Gesundheitsministerin etwa 220 Personen erkrankt. Sie leiden an Erbrechen, Ohnmachtsanfällen und Atemproblemen. Mindestens sieben Personen mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Wie berichtet wurde, trafen Krankenwagen erst verspätet ein, um die Erkrankten abzuholen.

Am Tag nach dem Vorfall reisten VertreterInnen verschiedener Ministerien sowie die Vorsitzende des staatlichen Indigenengremiums "Instituto Paraguayo del Indigena" (INDI) an, um den Schaden zu begutachten. Presseberichten zufolge wurde den Gemeinden sauberes Trinkwasser zur Verfügung gestellt, da ihr Wasser durch die Pestizide verseucht worden ist. Amnesty International ist nach wie vor in Sorge um die Sicherheit und Gesundheit der indigenen Gemeinschaften.

Hintergrundinformation

Hintergrund

In den Jahren 1996 und 1997 erwarb das staatliche Gremium "Instituto Paraguayo del Indigena" (INDI) im Namen der betroffenen indigenen Gemeinschaften der Ava Guarani 2638 Hektar ihres angestammten Landes. INDI erfüllt in Bezug auf den Schutz der Rechte indigener Völker und die Bearbeitung von Landansprüchen eine Ratgeberfunktion. GrundbesitzerInnen haben jedoch rechtliche Schritte gegen die fünf Gemeinden eingeleitet. Soweit bekannt, haben einige der GrundbesitzerInnen, die Ansprüche auf das Land geltend machen, dieses zwischen 1954 und 1989 während der Diktatur von General Alfredo Stroessner erworben. Damals erhielten GrundbesitzerInnen auf dubiosem oder illegalem Wege Anrechte auf beträchtliche Anteile paraguayischen Landes. Die Justizbehörden haben vorsorglich Maßnahmen zum Schutz der fünf indigenen Gemeinden ergriffen.

Die indigene Bevölkerung wird in Paraguay seit vielen Jahren systematisch ausgegrenzt und schikaniert. Dabei erkennt die paraguayische Verfassung das Recht indigener Völker auf Landbesitz für ihre Gemeinden an und verlangt von der Regierung, ihnen solches Land kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Dennoch sind Indigene nach wie vor schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. In zwei Urteilen von 2005 und 2006 verfügte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte, dass Paraguay den zum indigenen Volk der Enxet gehörenden Gemeinschaften der Yakye Axa und Sawhoyamaxa ihr angestammtes Land zurückgeben muss. Diese Gemeinschaften sind seit mehr als 15 Jahren gezwungen, direkt an der Landstraße zwischen den Städten Concepción und Pozo Colorado in der Region Bajo Chaco zu leben, weil GrundbesitzerInnen sie von ihrem angestammten Land fernhalten. Seit den Urteilen des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind mindestens 30 Angehörige der zwei Gemeinschaften auf Grund der unmenschlichen Lebensbedingungen gestorben. Die Urteile verpflichten Paraguay, mit geeigneten Maßnahmen zu gewährleisten, dass alle indigenen Völker ihre Ansprüche auf ihr angestammtes Land effektiv geltend machen können.

Präsident Lugo hat wiederholt versprochen, durch gezielte Regierungsmaßnahmen gegen die Diskriminierung indigener Völker vorzugehen und ihre Rechte zu wahren, um sich deutlich von den Rechtsverletzungen der Vergangenheit abzugrenzen. Die meisten bisher unternommenen Schritte konzentrieren sich jedoch auf soziale Unterstützung, statt die Ursachen anzugehen.