Drohende Hinrichtung wegen Blasphemie

Für eine Welt ohne Todesstrafe

Für eine Welt ohne Todesstrafe

Die pakistanische Christin Asia Bibi wurde 2010 wegen Blasphemie zum Tode verurteilt. Jetzt hat das Hohe Gericht von Lahore das von ihr eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen.

Appell an

PREMIERMINISTER
Nawaz Sharif
Prime Minister House
Pakistan Secretariat
Constitution Avenue
Islamabad
PAKISTAN
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Premierminister)
Fax: (00 92) 51 922 0404
E-Mail: pmmediaoffice@gmail.com

MINISTERPRÄSIDENT VON PUNJAB
Mian Mohammad Shahbaz Sharif
Chief Minister's Office
7 Club Road
GOR I, Lahore
PAKISTAN
(Anrede: Dear Chief Minister Sharif / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident von Punjab)
Fax: (00 92) 42 9920 4301
Twitter: https://twitter.com/CMShehbaz

Sende eine Kopie an

MINISTER FÜR RECHT, GESETZ UND MENSCHENRECHTE
Pervaiz Rashid
Room 305, S Block
Pakistan Secretariat
Islamabad
PAKISTAN
Fax: (00 92) 51 921 0062
E-Mail: contact@molaw.gov.pk

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK PAKISTAN
S. E. Herrn Syed Hasan Javed
Schaperstr. 29
10719 Berlin
Fax: 030 2124 4210
E-Mail: mail@pakemb.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Urdu, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. Dezember 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Sachlage

Am 16. Oktober hat das Hohe Gericht von Lahore das Rechtsmittel abgelehnt, das gegen das Todesurteil von Asia Bibi eingelegt worden war. Asia Bibi ist 45 Jahre alt und hat fünf Kinder. Die Christin war am 8. November 2010 der Blasphemie für schuldig befunden und gemäß Paragraph 295-C des pakistanischen Strafgesetzbuchs zum Tode verurteilt worden. Sie soll während einer Auseinandersetzung mit einer Muslimin den Propheten Mohammed beleidigt haben.

Es gibt ernsthafte Zweifel daran, ob das Verfahren von Asia Bibi den internationalen Standards für ein faires Verfahren entsprochen hat. Asia Bibi gibt an, dass die Beweise für ihre angebliche Blasphemie, die von Gerichten unterschiedlicher Instanzen akzeptiert wurden, fingiert worden seien. Sie sagt zudem, dass sie während ihrer Zeit in Gewahrsam sowie am letzten Tag ihrer Verhandlung 2010 keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand gehabt habe. Der Rechtsbeistand von Asia Bibi macht geltend, dass sich das Verfahren gegen seine Mandantin lediglich auf Beweismittel stütze, die auf Hörensagen basieren.

Menschenrechtsverteidiger_innen befürchten, dass Richter_innen des Hohen Gerichts von Lahore das Rechtsmittel möglicherweise deshalb abgelehnt haben, weil sie um ihre eigene Sicherheit fürchten. Anhänger_innen religiöser Gruppen waren während des Verfahrens anwesend und forderten die Hinrichtung von Asia Bibi.

Asia Bibi wird seit ihrer Festnahme im Jahre 2009 zu ihrem eigenen Schutz in fast vollständiger Isolation festgehalten. Sowohl ihre geistige als auch ihre körperliche Gesundheit sollen sich während ihrer Inhaftierung, einschließlich ihrer Zeit im Todestrakt, verschlechtert haben. Angehörige machen sich große Sorgen um die Sicherheit von Asia Bibi. Im Dezember 2010 setzte ein bekannter islamischer Geistlicher eine Belohnung in Höhe von einer halben Million pakistanischer Rupien (etwa 3.900 Euro) für ihre Ermordung aus.

Asia Bibi hätte nie inhaftiert werden dürfen, da die Blasphemiegesetze im Widerspruch zu den internationalen Verpflichtungen Pakistans stehen, Menschenrechte wie die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Gedankens-, Gewissens- und Religionsfreiheit zu schützen. Die pakistanischen Blasphemiegesetze werden häufig missbraucht, um persönliche Streitigkeiten beizulegen, und diejenigen, denen Blasphemie vorgeworfen wird, werden oftmals zur Zielscheibe von Gewalttaten. Die Todesstrafe darf laut Völkerrecht nur für "schlimmste Verbrechen" verhängt werden, wobei die Ansicht vertreten wird, dass ausschließlich vorsätzliche Tötungen dieser Kategorie zugeordnet werden können. Bisher ist noch nie jemand wegen Blasphemie in Pakistan hingerichtet worden. Dennoch sind seit Inkrafttreten der Blasphemiegesetze in den 1980er-Jahren Dutzende Menschen aus verschiedenen religiösen Gemeinschaften, einschließlich Muslim_innen, von Privatpersonen angegriffen und getötet worden, nachdem man sie der Blasphemie beschuldigt hatte – selbst dann, wenn sie sich bereits in Haft befunden haben.

[SCHREIBEN SIE BITTE ]

E-MAILS, FAXE , TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie Asia Bibi bitte sofort und bedingungslos frei und ergreifen Sie wirksame Schutzmaßnahmen für sie und ihre Familie.

  • Bitte führen Sie eine Reform der Blasphemiegesetze durch mit dem Ziel, die Gesetze ganz abzuschaffen. Sorgen Sie dafür, dass wirksame Sicherheitsmaßnahmen einen Missbrauch der Gesetze unmöglich machen.

  • Die Todesstrafe verletzt das Recht auf Leben und stellt die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen dar. Bitte verfügen Sie daher ein Hinrichtungsmoratorium und wandeln Sie alle bereits verhängten Todesurteile in Haftstrafen um mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen.

[APPELLE AN]

PREMIERMINISTER
Nawaz Sharif
Prime Minister House
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Constitution Avenue
Islamabad
PAKISTAN
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Premierminister)
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MINISTERPRÄSIDENT VON PUNJAB
Mian Mohammad Shahbaz Sharif
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KOPIEN AN
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Pervaiz Rashid
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Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Urdu, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. Dezember 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Asia Bibi arbeitete auf einem Bauernhof in Ittanwali, einem Dorf in der pakistanischen Provinz Punjab. Sie wurde im Juni 2009 festgenommen, nachdem man sie der Blasphemie beschuldigt hatte. Obwohl die genauen Umstände umstritten sind, sollen sich einige ihrer muslimischen Arbeitskolleg_innen laut ihrer Familie und ihrem Rechtsbeistand geweigert haben, wegen ihres christlichen Glaubens Wasser mit Asia Bibi zu teilen. Nach einer Auseinandersetzung sollen die Arbeitskolleg_innen einem örtlichen Geistlichen gesagt haben, dass sie abfällige Bemerkungen über den Propheten Mohammed gemacht habe. Der Geistliche informierte daraufhin die örtliche Polizei, welche Asia Bibi festnahm und sie wegen Blasphemie anklagte. Asia Bibi bestreitet die gegen sie erhobenen Vorwürfe. Ihr Ehemann Ashiq Masih gibt an, dass ihre Verurteilung auf "falschen Anschuldigungen" basiere. Der zuständige Richter schloss dies jedoch "komplett aus" und erklärte, dass "keine mildernden Umstände" vorlägen. Asia Bibi wurde von einem Gericht in Nankana in Punjab am 8. November 2010 zum Tode verurteilt.

Der Fall von Asia Bibi ist sinnbildlich für das Unrecht, das mit den pakistanischen Blasphemiegesetzen einhergeht und für die tödlichen Gefahren, denen sich diejenigen aussetzen, die Kritik an diesen Gesetzen üben. Am 4. Januar 2011 wurden Salmaan Taseer, der Gouverneur von Punjab, und einer seiner Leibwächter erschossen, nachdem er sich für Asia Bibi eingesetzt und die pakistanischen Blasphemiegesetze kritisiert hatte. Der für die Rechte der Minderheiten zuständige Minister Shahbaz Bhatti kritisierte öffentlich die Blasphemiegesetze und wurde von einem Angehörigen der pakistanischen Taliban am 2. März 2011 getötet. Die Blasphemiegesetze haben zu einem Klima religiös motivierter Gewalt beigetragen, in dem sowohl religiöse Minderheiten als auch Muslim_innen verfolgt werden. Die Gesetze werden häufig dazu eingesetzt, unbegründete Anschuldigungen zu erheben mit dem Ziel, persönliche Rechnungen in Land- und Geschäftsstreitigkeiten zu begleichen. Die Blasphemiegesetze sind sehr vage formuliert, sodass die Polizei und die Justizbehörden sie oft sehr willkürlich auslegen. Häufig werden sie angewandt, um religiöse Minderheiten, aber auch die muslimische Mehrheit, zu drangsalieren und politisch zu verfolgen.

In der Vergangenheit hat es häufig Fälle gegeben, in denen Personen, die wegen Blasphemievorwürfen inhaftiert sind, im Gefängnis von Mitinsassen oder BeamtInnen getötet worden sind. Auch Personen, die nicht inhaftiert waren und der Blasphemie beschuldigt wurden, sind in der Vergangenheit von Gruppen, die sich der Selbstjustiz verschrieben haben, getötet worden.

Die "Besudelung des Namens des Propheten Mohammed" ist laut Paragraf 295-C des pakistanischen Strafgesetzbuchs mit der Todesstrafe zu ahnden. Das Bundes-Schariagericht, das unter anderem die Aufgabe hat, Gesetze auf ihre Konformität mit der islamischen Lehre zu überprüfen, befand 1991, dass Blasphemie mit dem Tode und nicht mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu bestrafen sei. Im Januar 2014 bestätigte es diese Entscheidung.

In Artikel 18 und 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist festgelegt, dass jeder das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung hat. In internationalen Menschenrechtsabkommen ist vorgesehen, dass Personen bei der Ausübung ihrer Rechte und Freiheiten nur den Beschränkungen unterworfen sein sollten, die das Gesetz vorschreibt und die notwendig und angemessen sind, um unter anderem die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer zu sichern.

In der Allgemeinen Bemerkung Nr. 34 des UN-Menschenrechtsausschusses, der die Einhaltung des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) durch die Vertragsstaaten überwacht, heißt es, dass "Blasphemiegesetze und Gesetze, die den Mangel an Respekt gegenüber einer Religion oder einem Glaubenssystem unter Strafe stellen, mit dem IPbpR unvereinbar sind." Es sei denn, es handelt sich um einen Fall nach Artikel 20(2) des IPbpR: "Jedes Eintreten für nationalen, rassischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird, wird durch Gesetz verboten." Diese Gesetze dürfen jedoch nach Ansicht des UN-Menschenrechtsausschusses keinesfalls bestimmte Religionen oder Glaubenssysteme bevorteilen und benachteiligen.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderer Eigenschaften des Verurteilten oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode, da sie das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt.