Morddrohungen gegen Menschenrechtlerinnen

Vier Menschenrechtsverteidigerinnen aus dem Südwesten Kolumbiens haben Morddrohungen erhalten. Die Frauen fordern Gerechtigkeit für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, die unter Beteiligung der Streitkräfte begangen wurden.

Appell an

PRÄSIDENT
Presidente Juan Manuel Santos
Presidente de la República
Palacio de Nariño, Carrera 8 No. 7-26
Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Dear President Santos / Sehr geehrter Herr Präsident / Excmo Sr. Presidente Santos)
Fax: (00 57) 1 596 0631

VERTEIDIGUNGSMINISTER
Señor Juan Carlos Pinzón
Ministerio de Defensa, Carrera 54, no.26-29, Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Dear Minister Pinzón / Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister / Sr. Ministro Pinzón)
Fax: (00 57) 1 266 1003

Sende eine Kopie an

MENSCHENRECHTSORGANISATION
NOMADESC
Carrera 9 No 4-53
Barrio San Antonio
Cali, KOLUMBIEN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S. E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Taubenstr. 23
10117 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 6. November 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bin sehr besorgt um die Sicherheit von Berenice Celeyta, Olga Araújo, Alfamir Castillo und Martha Giraldo. Ich fordere Sie daher auf, in Absprache mit den vier Frauen, Maßnahmen zu ihrem Schutz zu ergreifen.

  • Führen Sie bitte eine umfassende und unabhängige Untersuchung der Morddrohungen gegen die vier Frauen durch und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

  • Ergreifen Sie bitte wirksame Maßnahmen zur Unterbindung außergerichtlicher Hinrichtungen und sorgen Sie für den Schutz von Menschen, die sich für Gerechtigkeit einsetzen, wie es die Vereinten Nationen in ihren Empfehlungen zum Schutz der Menschenrechte mehrfach ausgesprochen haben.

  • Ich möchte Sie daran erinnern, dass Kolumbien Vertragsstaat der UN-Erklärung zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen aus dem Jahr 1998 ist und Sie somit die Pflicht haben, sicherzustellen, dass MenschenrechtlerInnen ihre Aufgaben ohne Angst ausüben können.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing concern for the safety of Berenice Celeyta, Olga Araújo, Alfamir Castillo and Martha Giraldo, and calling on the authorities to ensure protection measures for them in strict accordance with their wishes.

  • Urging the authorities to fully and impartially investigate the threat and prosecute those responsible.

  • Demanding commitment from the authorities to take decisive action to end extrajudicial executions, and guarantee the protection of those campaigning for justice in line with United Nations human rights recommendations that have been repeatedly been issued.

  • Reminding the authorities to fulfil their obligations to ensure human rights defenders can carry out their work without fear, as laid out in the 1998 UN Declaration on Human Rights Defenders.

Sachlage

Am 15. September wurde eine schriftliche Morddrohung unter der Tür des Büros der Menschenrechtsorganisation NOMADESC (Asociación para la Investigación y Acción Social) in Cali im Departamento Valle de Cauca durchgeschoben. Dort fand zu dieser Zeit gerade ein gemeinsamer Workshop der NOMADESC und des Komitees der Zuckerrohrarbeiterinnen (Comité de Mujeres Corteras de la Caña) statt.

Die Drohung enthielt die Namen der beiden NOMADESC-Mitglieder Berenice Celeyta und Olga Araújo sowie den von Alfamir Castillo, einem Mitglied des Komitees der Zuckerrohrarbeiterinnen. Außerdem wurde in dem Drohbrief auch Martha Giraldo namentlich erwähnt. Sie gehört der Nationalen Bewegung der Opfer von staatlichen Verbrechen (Movimiento Nacional de Víctimas de Crímenes de Estado – MOVICE) im Departamento Valle de Cauca an.

Alle vier Menschenrechtsverteidigerinnen setzen sich für Gerechtigkeit in Fällen schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen ein. In einigen dieser Fälle sind Angehörige der Streitkräfte wegen außergerichtlicher Hinrichtungen für schuldig befunden worden. NOMADESC arbeitet zudem eng mit afro-kolumbianischen, indigenen und kleinbäuerlichen Gemeinschaften zusammen, die im Rahmen von groß angelegten Wirtschaftsvorhaben, u. a. in den Bereichen Bergbau, Wasserkraft und Agrarindustrie, zum Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige paramilitärischer Gruppierungen und der Sicherheitskräfte geworden sind. Am 22. September leiteten die vier Frauen ein öffentliches Treffen zur Stärkung von Frauen, die sich für ökonomische, soziale, kulturelle und ökologische Rechte in Cali einsetzen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Berenice Celeyta und Olga Araújo erhalten bereits seit vielen Jahren immer wieder Drohungen. Im Juni 2013 klagte die Generalstaatsanwaltschaft drei Angehörige der Streitkräfte im Zusammenhang mit der "Operation Drache" an. Im Rahmen dieser vom Militärgeheimdienst koordinierten Operation sollten MenschenrechtsverteidigerInnen, GewerkschafterInnen und linksgerichtete PolitikerInnen getötet werden. Auch die Namen von Berenice Celeyta und Olga Araújo waren auf einer Liste von Zielpersonen vermerkt. Alfamir Castillo und Martha Giraldo sind ebenfalls schon mehrfach bedroht worden.

Alfamir Castillo ist die Mutter von Davey Mosquera Castillo, der am 8. Februar 2008 zusammen mit Alex Hernando Ramírez Hurtado von Angehörigen der kolumbianischen Armee im ländlich gelegenen Manziales im Departamento Caldas getötet wurde. SoldatInnen des 57. Bataillons zur Guerillabekämpfung Martíres de Puerres der VIII. Brigade der kolumbianischen Streitkräfte waren an dem Mord beteiligt. Sieben Angehörige der kolumbianischen Streitkräfte wurden wegen ihrer Beteiligung an der außergerichtlichen Hinrichtung von Davey Mosquera Castillo und Alex Hernando Ramírez Hurtado für schuldig befunden. Gegen diese Urteile läuft derzeit ein Rechtsmittelverfahren. Im August wurde eine Anhörung anberaumt, im Rahmen derer die Verantwortung hochrangiger Offiziere an den Tötungen geklärt werden soll.

Martha Giraldo ist die Tochter des Kleinbauern José Orlando Girlado Becerra, der am 11. März 2006 von Angehörigen der III. Brigade im Verwaltungsbezirk Golondrinas in Cali (Departamento Valle de Cauca) getötet wurde. Man bezeichnete ihn anschließend als im Kampf gefallenen Guerillakämpfer. Dieses Vorgehen, bei dem ZivilistInnen rechtswidrig von den Sicherheitskräften getötet und dann als im Kampf gefallene Guerillakämpfer präsentiert werden, wird "falsos positivos" ("falsche Erfolgsmeldungen") genannt. Im August 2013 bestätigte ein Gericht das Urteil gegen einen ehemaligen Leiter des Militärgeheimdienstes des Battallón de Alto Montaña 3 wegen der außergerichtlichen Hinrichtung von José Orlando Girlado Becerra. Gegen andere Angehörige der Streitkräfte wird noch immer wegen der vermeintlichen Beteiligung an der Tötung des Kleinbauern ermittelt.

Im Laufe des bewaffneten innerstaatlichen Konflikts in Kolumbien, der sich schon über vier Jahrzehnte hinzieht, haben die Sicherheitskräfte systematisch zahlreiche Menschen außergerichtlich hingerichtet. Das Vorgehen der Sicherheitskräfte ist Teil ihrer Strategie zur Bekämpfung von Aufständen. Die Generalstaatsanwaltschaft Kolumbiens untersucht mehr als 4.000 Fälle außergerichtlicher Hinrichtungen, für welche die Sicherheitskräfte verantwortlich sein sollen. Dazu zählen auch zahlreiche sogenannte "falsos positivos". In Kolumbien werden Menschen, die Gerechtigkeit für die Opfer von außergerichtlichen Hinrichtungen einfordern, immer wieder von den Sicherheitskräften oder ihren paramilitärischen Verbündeten mit dem Tod bedroht oder ermordet.

Im Dezember 2012 wurde eine Verfassungsreform verabschiedet, die die Befugnisse der Militärjustiz erweiterte. Im Juni 2013 verabschiedete der kolumbianische Kongress ein Gesetz zur Umsetzung dieser Reform. Es wird befürchtet, dass diese Reform die Straffreiheit bei Verstößen gegen Menschenrechtsabkommen und das humanitäre Völkerrecht, die von kolumbianischen Sicherheitskräften begangen werden, erhöhen wird. Weitere Informationen dazu finden Sie in der englischen Presseerklärung: http://www.amnesty.org/en/for-media/press-releases/colombia-congress-should-reject-law-reforming-military-justice-system-2013-).