Gefangener extrem schwach

Evin-Gefängnis Teheran

Evin-Gefängnis Teheran

Der gewaltlose politische Gefangene Ali Shariati befindet sich im Evin-Gefängnis bei schlechter Gesundheit. Er ist bereits seit 67 Tagen im Hungerstreik und protestiert damit gegen seine Inhaftierung. Er wurde wegen seines friedlichen Aktivismus zu fünf Jahren Haft verurteilt. Unter anderem hatte er 2014 an einer Protestveranstaltung teilgenommen, die sich gegen Säureanschläge auf mehrere Frauen wandte.

Appell an

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT Ayatollah Sadegh Larijani (Anrede: Your Excellency / Exzellenz) ÜBER BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN S. E. Herrn Ali Majedi Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin Fax: 030-8435 3535 E-Mail: info@iranbotschaft.de

GENERALSTAATSANWALT VON TEHERAN Abbas Ja’fari Dolat Abadi (Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt) ÜBER BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN S. E. Herrn Ali Majedi Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin Fax: 030-8435 3535 E-Mail: info@iranbotschaft.de

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT Hassan Rouhani ÜBER BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN S. E. Herrn Ali Majedi Podbielskiallee 65-67 14195 Berlin Fax: 030-8435 3535 E-Mail: info@iranbotschaft.de

 

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. Februar 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, FAXE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, Ali Shariati sofort und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der allein wegen der Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit in Haft gehalten wird.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Ali Shariati Zugang zu qualifiziertem medizinischen Personal erhält, das ihn in Übereinstimmung mit medizinisch-ethischen Grundsätzen behandelt, einschließlich der Prinzipien der Vertraulichkeit, Selbstbestimmung und informierten Zustimmung.

Ich möchte Sie außerdem dringend bitten, Ali Shariati nicht für seinen Hungerstreik zu bestrafen, dazu gehört auch lange Einzelhaft, die eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafe darstellt und Folter gleichkommen kann.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Iranian authorities to release Ali Shariati immediately and unconditionally, as he is a prisoner of conscience, held solely for the peaceful exercise of his rights to freedom of expression, association and assembly.

  • Calling on them to ensure he has access to a qualified health professional who can provide health care in compliance with medical ethics, including the principles of confidentiality, autonomy and informed consent.

  • Calling on them to ensure, pending his release, that he is protected from any punishment for his hunger strike, including prolonged solitary confinement, which constitutes cruel, inhuman and degrading punishment and may amount to torture.

Sachlage

Der gewaltlose politische Gefangene Ali Shariati, ein Aktivist, der sich zivilgesellschaftlich engagiert, trat am 31. Oktober 2016 in den Hungerstreik, nachdem er festgenommen worden war, um die gegen ihn verhängte fünfjährige Haftstrafe im Evin-Gefängnis anzutreten. Seither hat er 20 kg Gewicht verloren und leidet unter starken Kopfschmerzen, Muskelschwäche, niedrigem Blutdruck, Nierenschmerzen, dem wiederholten Verlieren des Bewusstseins und seit dem 5. Januar unter einer Magendarmblutung. Seit dem 5. November nimmt der gewaltlose politische Gefangene auch keine Flüssigkeit mehr zu sich. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich rapide: Er leidet an Atembeschwerden, Herzrasen und Sprachschwierigkeiten. Nachdem er das Bewusstsein verloren hatte, brachte man ihn am 15. November in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses. Dort übte man Druck auf ihn aus, er solle Wasser trinken und eine intravenöse Flüssigkeit akzeptieren. Er lehnte dies erst ab, stimmte später aber zu, als die Behörden ihm gestatteten, seine Familie zu sehen. Am 19. November bekam er plötzlich wiederholt heftige Schmerzen und Schwellungen. Dies war eine Reaktion auf eine bestimmte Art von Nährstoffen, die die Krankenschwestern wie seine Familie feststellte ohne sein Wissen der intravenösen Flüssigkeit beigemischt hatten. Seine Familie berichtete, dass dies zu einer verbalen Auseinandersetzung mit Krankenhausangestellten und am 21. November schließlich zu seiner Rückführung in das Evin-Gefängnis führte. Seither wird er in einem Raum der Gefängnisklinik unter Bedingungen festgehalten, die der Einzelhaft gleichkommen. Bisher durfte er seine Familie nur dreimal treffen, zweimal davon waren sie durch eine Glasscheibe getrennt. Abgesehen davon, besteht sein Kontakt mit der Außenwelt aus täglich drei fünf bis zehn Minuten langen Telefonaten mit seiner Familie.

Seit dem 21. November ist Ali Shariati zweimal notfallmäßig ins Krankenhaus gebracht worden. Das erste Mal am 5. Dezember, als er zustimmte an einen Tropf gelegt zu werden und dann ins Gefängnis zurückgebracht wurde. Das zweite Mal am 25. Dezember, wobei er eine intravenöse Behandlung ablehnte. Bei diesem Aufenthalt wiesen die Behörden das Wachpersonal des Krankenhauses an, seine Familie am Betreten des Krankenhauses zu hindern. Seine Schwester Hoda und seine Frau Motahare Parsi fanden jedoch eine Möglichkeit, sich ins Krankenhaus zu schleichen und den Raum zu finden, in dem er lag. Als er ihre Stimmen hörte, eilte Ali Shariati zu ihnen. Als er seine Frau umarmen wollte, drückten die Wachen seinen geschwächten Körper laut Angaben seiner Familie jedoch zu Boden. Dann wurde weibliches Sicherheitspersonal gerufen, um die beiden Frauen wegzuschaffen, und Ali Shariati wurde ins Gefängnis zurückgebracht.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Ali Shariati wurde zum ersten Mal im Juni 2014 festgenommen, als er während des religiösen Festes Sha’ban (das den Geburtstag des letzten Imams der Zwölfer Shia-Muslime feiert) Päckchen mit Schokolade und einem grünen Blatt Papier verteilte, auf dem die Freilassung von Mehdi Karroubi und Mir Hossein Mousavi und seiner Frau Zahra Rahnavard gefordert wurde. Die drei befinden sich ohne Anklage seit 2011 im Hausarrest. Er wurde eine Woche im Evin-Gefängnis inhaftiert. Nach seiner Freilassung wurde Ali Shariati wiederholt von Angehörigen des Geheimdienstministeriums drangsaliert und eingeschüchtert und zu Verhören am Telefon vorgeladen, die rechtswidrig sind. Im Dezember 2014 als er einen weiteren einschüchternden Anruf eines Angehörigen des Geheimdienstministeriums erhielt, wehrte er sich und sagte, er nähme nicht mehr an weiteren Verhören teil, wenn er nicht offiziell schriftlich vorgeladen würde. Daraufhin hörten die Anrufe für zwei Monate auf. Am 18. Februar 2015 durchsuchten dann acht Angehörige des Geheimdienstministeriums das Haus seiner Mutter etwa zwei Stunden lang, beschlagnahmten elektronische Geräte und nahmen Ali Shariati fest. Die Beamten bemerkten sarkastisch: "Du wollest eine schriftliche Einladung, hier hast du sie."

Nach der Festnahme im Februar 2015 verbrachte Ali Shariati fünf Monate in Einzelhaft in Abteilung 209 des Evin-Gefängnisses. Er wurde dort intensiven Verhören unterzogen und man verweigerte ihm über den ganzen Zeitraum den Zugang zu einem Rechtsbeistand. Während dieser Zeit fanden die iranischen Behörden durch Bilder und Videos auf seinem beschlagnahmten Telefon heraus, dass er an Protesten vor Regierungsgebäuden teilgenommen hatte, in denen die Behörden aufgefordert worden waren, eine Reihe von Säureanschlägen gegen Frauen in der Stadt Esfahan, in Zentraliran im Oktober 2014 zu untersuchen. Am 10. Juli 2015 verlegte man ihn in die Abteilung 8 des Evin-Gefängnisses, wo er bis Mai 2016 festgehalten wurde. Dann kam er bis zur Urteilsverkündung in seinem Rechtsmittelverfahren frei.

Im September 2015 wurde Ali Shariati zu zwölf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, nachdem die Abteilung 15 des Revolutionsgerichts in Teheran ihn in mehreren Punkten schuldig gesprochen hatte, darunter "Versammlung und Konspiration gegen die nationale Sicherheit", "Verbreitung von Propaganda gegen das System", "Beleidigung des Obersten Religionsführers" und "Beleidigung des Staatspräsidenten". Abgesehen von seiner Beteiligung an dem friedlichen Protest gegen die Säureanschläge auf Frauen, erwähnt das gegen ihn verhängte Urteil die folgenden friedlichen Aktivitäten als "Beweis" für die Beteiligung an Aktivitäten, "welche die nationale Sicherheit bedrohen": Teilnahme an friedlichen Treffen vor dem Evin-Gefängnis in Solidarität mit politischen Gefangenen; Verteilung von Päckchen auf den Straßen Teherans, die Schokolade und ein grünes Blatt Papier mit der Forderung nach der Freilassung von Mehdi Karroubi und Mir Hossein Mousavi sowie seiner Frau Zahra Rahnavard enthielten; das Posten von Information über die Unterdrückung friedlicher Proteste und andere Menschenrechtsverletzungen im Iran auf seinen Facebook- und Telegram-Accounts; und der Schriftverkehr mit dem persischen Dienst der BBC (British Broadcasting Corporation) sowie Menschenrechtsaktivist_innen im Ausland. Im Juni 2016 wurde Ali Shariati mitgeteilt, dass seine Gefängnisstrafe auf fünf Jahre herabgesetzt worden sei, nachdem die Abteilung 54 des Berufungsgerichts in Teheran ihn von allen Vorwürfen bis auf "Versammlung und Konspiration gegen die nationale Sicherheit" freigesprochen hatte. Am 31. Oktober 2016 wurde er dann festgenommen und in das Evin-Gefängnis gebraucht, um dort seine Strafe zu verbüßen.

Im Oktober 2014 kam es zu einer Reihe von Säureanschlägen auf Frauen in Esfahan. Offizielle Quellen bestätigten vier Angriffe, während inoffizielle Quellen von bis zu 15 Angriffen sprachen, darunter auch ein Fall mit tödlichem Ausgang. Am 21. Oktober sagte der Justizminister Hojjat ol-Eslam Mostafa Prumohammadi gegenüber der Islamischen Republikanischen Presseagentur IRNA: "Wir sind sehr besorgt und hoffen, dass die Täter dieser Angriffe festgenommen und vor Gericht gestellt werden". Am selben Tag sagte der Sprecher der iranischen Obersten Justizautorität Gholam Hossein Mohseni-Ezhe’l: "Die bisherigen Informationen legen zu diesem Zeitpunkt nicht nahe, dass die Täter gegen nicht korrekt verschleierte Frauen vorgingen." Doch viele Iraner_innen haben ihrer Sorge Ausdruck gegeben, dass die Frauen zur Zielscheibe dieser Säureanschläge wurden, weil sie sich nicht an die strengen islamischen Kleidungsvorschriften gehalten hatten. Bis heute sind die Täter_innen weder identifiziert noch vor Gericht gestellt worden.