Zwangsräumung in Guatemala

Die BewohnerInnen zweier indigener Gemeinden im Departement Alta Verapaz wurden gewaltsam aus ihren Häusern vertrieben. Die Polizei brannte ihre Häuser nieder und zerstörte viele ihrer Habseligkeiten. Die Behörden haben den Gemeinschaften noch keine alternativen Unterkünfte zur Verfügung gestellt.

Appell an

BEAUFTRAGTER FÜR AGRARANGELEGENHEITEN
Juan Alfonso de León García
5ta. Avenida 8-50
Zona 9
Ciudad de Guatemala, GUATEMALA
(korrekten Anrede: Estimado Sr Secretario)
Fax: (00 502) 2239 4400
(wählen Sie bitte nach der automatischen Ansage 1000)

LANDWIRTSCHAFTSMINISTER
Mario Roberto Aldana Perez
7ª. Avenida
12-90 z.13
Edificio Monja Blanc
Segundo Nivel
Ciudad de Guatemala, GUATEMALA
(korrekte Anrede: Dear Minister/Estimado Sr Ministro)
Fax: 00 502 2413 7007 (Sagen Sie bitte: "Me puede dar tono por favor)
E-Mail: Mario.aldana@maga.gob.gt

Sende eine Kopie an

LANDARBEITERORGANISATION
Comité de Unidad Campesina
31 Av "A", Ciudad Plata II
Zona 7, Ciudad de Guatemala, GUATEMALA
Fax: (00 5022) 4349500 (Sagen Sie bitte:"Me puede dar tono por favor")

BOTSCHAFT DER REPUBLIK GUATEMALA
S.E. Gabriel Edgardo Aguilera Peralta
Joachim-Karnatz-Allee 45-47, 2. OG.,
10557 Berlin
Fax: 030-2064 3659
E-Mail: embaguate.alemania@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 6. November 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

  • die Behörden auffordern, der Gemeinde Bella Flor Zugang zu dem Land, von dem sie vertrieben worden war, zu erlauben, so dass sie ihre Ernte einbringen können; außerdem die vertriebenen Familien mit angemessenen und sicheren Unterkünften zu versorgen, bis der Streit mit den vermeintlichen LandbesitzerInnen um das Landrecht geklärt ist und sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden den mutmaßlichen Missbrauch sowie die Zerstörung von Eigentum am 2. September untersuchen;

  • die Behörden drängen, sicherzustellen, dass die Gemeinde 8 de Agosto jeglichen Schutz eines ordentlichen Gerichtsverfahrens erhält, einschließlich der Bereitstellung eines Rechtsbeistands, und dass Zwangsräumungen nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Außerdem sollen die Behörden sicherstellen, dass im Fall einer Zwangsräumung diese nach internationalen Menschenrechtsstandards ausgeführt wird, einschließlich der Bereitstellung angemessener Alternativen für die vertriebene Gemeinschaft.

Sachlage

Am 2. September 2009 wurden insgesamt etwa 80 Angehörige der indigenen Maya-Gemeinschaft Q’eqchi aus den benachbarten Gemeinden Bella Flor und 8 de Agosto im Verwaltungsbezirk Panzós des Departements Alta Verapaz gewaltsam vertrieben. Einige der BewohnerInnen von Bella Flor haben Zuflucht in leerstehenden Häusern einer benachbarten Gemeinschaft gesucht. Die Gemeinde 8 de Agosto wurde ebenfalls zwangsgeräumt, und die Vertriebenen lebten fast drei Wochen lang ohne Schutz an einem Straßenrand, bevor sie auf das Land, von dem sie vertrieben worden waren, zurückkehrten.

Aus der Gemeinde Bella Flor wurden 27 Familien von Polizei und Militär gewaltsam vertrieben. Angehörige der Gemeinschaft berichteten, dass die Polizei ihnen 15 Minuten gegeben habe, um ihre Sachen zu packen und ihr Zuhause zu verlassen. Danach brannte die Polizei die Häuser der Gemeinschaft nieder. Die Gemeinschaft gab an, dass neben einem Großteil ihres Hausrates auch ihre Ernte zerstört wurde. Die Polizei vertrieb außerdem elf Familien der benachbarten Gemeinde 8 de Agosto. Nach Aussagen der Familien gab die Polizei ihnen 20 Minuten, um ihre Habseligkeiten zu packen, bevor sie vertrieben wurden. Die Polizei zerstörte ihre Häuser, setzte dabei zum Teil Macheten ein oder brannte sie nieder, danach verbrannte sie auch die übrigen Habseligkeiten der BewohnerInnen. Nach Angaben einiger Angehöriger der Gemeinschaft sollen drei Polizisten versucht haben, ein 15-jähriges Mädchen zu vergewaltigen. Die Gemeinschaft wurde von der Polizei an den Rand einer Straße gebracht und blieb dort bis zum 21. September, bis sie auf das Land, von dem sie vertrieben worden war, zurückkehrte.

Beide Gemeinschaften leben seit 2007 in der Gegend. Es gab bereits einige Versuche, die Landrechtsfrage zu klären. Diese waren jedoch erfolglos. Das Land, auf dem die Gemeinde 8 de Agosto ihre Häuser gebaut hatte, soll dem Staat gehören, und das Land, von dem die Gemeinschaft Bella Flor vertrieben wurde, soll einem privaten Landbesitzer gehören. Die Gemeinschaft Bella Flor hat die Behörden um Erlaubnis gebeten, auf ihr Land zurückkehren zu dürfen, um ihre Ernte einzubringen. Die Gemeinschaft 8 de Agosto ist in Gefahr, nach ihrer Rückkehr ein zweites Mal vertrieben zu werden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Nach Angaben der Gemeinschaften waren die Versuche, die Landrechtsfrage zu klären, bisher erfolglos, weil die vermeintlichen LandbesitzerInnen nicht zu den Verhandlungen erschienen. Weder die AnwältInnen der Gemeinschaften noch Amnesty International haben bisher die Landansprüche beider Parteien untersuchen können. Guatemala hat 1988 den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) ratifiziert. Der UN-Ausschuss über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist ein Gremium von Experten, das überprüft, ob Staaten ihre Verpflichtungen aus dem UN-Sozialpakt einhalten. Der Ausschuss hat eine Reihe von Richtlinien aufgestellt, die vor, während und nach einer Zwangsräumung einzuhalten sind. Dazu gehört auch die umfassende Konsultation der Betroffenen sowie das Recht auf Rechtsbeihilfe. Zusätzlich hat der Ausschuss entschieden, dass Vertragsstaaten dazu verpflichtet sind, sicherzustellen, dass Zwangsräumungen nicht dazu führen dürfen, dass Menschen obdachlos werden oder schutzlos weiteren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.

Nach Angaben des Innenministeriums wurden im Jahr 2008 in ländlichen Gegenden 22 Zwangsräumungen vorgenommen. Die Regierung hat bisher noch keine Maßnahmen eingeleitet, um die Unparteilichkeit des Justizsystems zu gewährleisten, wenn es um Landrechtsfragen oder die Bereitstellung angemessener Unterkünfte für vertriebene Gemeinschaften geht. Infolgedessen werden ländliche und indigene Gemeinschaften weiterhin vertrieben und erfahren keine Gerechtigkeit.