Drohende lange Haftstrafe

Thailand, Landkarte

Thailand

Der Menschenrechtsanwältin Sirikan Charoensiri (auch als "June" bekannt) droht gemeinsam mit 14 friedlichen Studierenden, die sie im Juni 2015 rechtlich vertreten hatte, ein unfaires Verfahren vor einem Militärgericht. Sie ist unter anderem wegen "Staatsgefährdung" angeklagt. Bei einem Schuldspruch würden ihr bis zu 15 Jahre Haft drohen.

Appell an

GENERALKOMMISSAR DER POLIZEI VON THAILAND
Pol. Gen Chakthip Chaijinda
Royal Thai Police Headquarters
Rama 1 Rd, Pathum Wan
Bangkok, 10330
THAILAND
(Anrede: Dear Commissioner General / Sehr geehrter Generalkommissar)
Fax: (00 66) 2 251 4739

GENERALSTAATSANWALT
Pol. Sub .Lt. Pongniwat Yuthapanborparn
Office of the Attorney General
The Government Complex
Chaengwatthana Rd. T Laksi
Bangkok, 10210
THAILAND

(Anrede: Dear Attorney General / Sehr geehrter Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 66) 2 143 9546
E-Mail: ictc@ago.go.th

Sende eine Kopie an

AUSSENMINISTER
Don Pramudwinai
Ministry of Foreign Affairs
Sri Ayudhya Road
Bangkok, 10400
THAILAND
Fax: (00 66) 2 643 5320 oder (00 66) 2 643 5314
E-Mai: minister@mfa.go.th

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS THAILAND
S.E. Herrn Dr. Dhiravat Bhumichitr
Lepsiusstr. 64-66
12163 Berlin
Fax: 030-7948 1511 oder
030-7948 1251
E-Mail: general@thaiembassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Thailändisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. Dezember 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie bitte sofort alle Anklagen gegen Sirikan Charoensiri fallen.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass die Unabhängigkeit von Rechtsbeiständen und ihr Recht, ihre Mandant_innen ohne Angst vor Strafverfolgung und anderen Vergeltungsmaßnahmen zu vertreten, geschützt werden.

  • Bitte beenden Sie die Unterdrückung Andersdenkender in Thailand und respektieren und schützen Sie die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging that authorities immediately and unconditionally drop all charges against Sirikan Charoensiri.

  • Urging the authorities to protect the independence of lawyers and their freedom to defend their clients without fear of prosecution or any other forms of retaliation.

  • Calling on the authorities to end the repression of peaceful dissent in Thailand, and to respect and protect the human rights to freedom of expression, association and peaceful assembly.

Sachlage

Sirikan Charoensiri arbeitet als Rechts- und Urkundenexpertin bei der Organisation "Thailändische Rechtsbeistände für Menschenrechte" (Thai Lawyers for Human Rights). Seitdem sie 2015 Aktivist_innen der "Bewegung für neue Demokratie" vertreten hat, wird sie strafrechtlich verfolgt. Am 22. Oktober erhoben die Behörden unter Paragraf 116 des thailändischen Strafgesetzbuchs Anklage wegen "Staatsgefährdung" gegen sie. Zudem wurde sie unter Artikel 12 der Verordnung 3/2015 des Militärrats (National Council for Peace and Order) wegen der Teilnahme an einer "rechtswidrigen politischen Versammlung" angeklagt. Der Artikel stellt jegliche Zusammenkünfte für politische Zwecke von mehr als vier Personen unter Strafe.

Es ist noch kein Termin für ihr Verfahren festgesetzt worden, dennoch hat sie nur bis zum 22. November Zeit, um Aussagen, eine Liste möglicher Zeug_innen und Beweismittel an die Polizei zu übermitteln. Ihr droht ein Verfahren vor einem Militärgericht.

Bereits im Mai 2016 ist unter Paragraf 368 des Strafgesetzbuchs Anklage wegen "Nichtbefolgens amtlicher Anordnungen" und unter Paragraf 142 wegen "Unterschlagens von Beweisen" gegen Sirikan Charoensiri erhoben worden. Grund für diese Anklagen ist, dass sie der Polizei nicht erlaubt hatte, ihr Auto ohne entsprechenden Beschluss zu durchsuchen. Die Polizist_innen wollten nach den Mobiltelefonen von Mandant_innen der Anwältin suchen, die wegen ihrer Teilnahme an einer friedlichen Demonstration für mehr Demokratie in Bangkok am 25. Juni 2015 inhaftiert worden waren. Nachdem die Polizeibeamt_innen daraufhin ihr Auto beschlagnahmt hatten, erstattete Sirikan Charoensiri Anzeige wegen Dienstvergehen gegen sie. Im Zusammenhang mit dieser Anzeige wird sie beschuldigt, bei der Polizei eine falsche Aussage gemacht zu haben.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Sirikan Charoensiri arbeitet für die Organisation "Thailändische Rechtsbeistände für Menschenrechte", die rechtlichen Beistand für Personen bietet, die unter Militärgesetzen und Verordnungen des Militärrats festgenommen, inhaftiert und strafrechtlich verfolgt werden. Die Menschenrechtsanwältin hat zahlreiche Studierende und junge Aktivist_innen der "Bewegung für neue Demokratie" vertreten, einer Gruppe, die sich für Demokratie einsetzt. 14 ihrer Mandant_innen sind wegen friedlicher Demonstrationen im Mai und Juni 2015 angeklagt worden, bei denen sie gegen die Einschränkungen hinsichtlich der friedlichen Wahrnehmung der Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie gegen die weitreichenden Befugnisse und die Straflosigkeit des Militärrats protestiert hatten, der seit dem Putsch vom Mai 2014 an der Macht ist. Den Studierenden droht nun ein unfaires Verfahren vor einem Militärgericht wegen "Staatsgefährdung" (Paragraf 116 des Strafgesetzbuchs) und wegen Verstößen gegen die Verordnung 3/2015 des Militärrats, welche "politische" Versammlungen von mehr als vier Personen unter Strafe stellt.

Kurz nach dem Militärputsch von 2014 weitete der Militärrat die Zuständigkeit von Militärgerichten auf Verfahren gegen Zivilpersonen aus, denen Verstöße gegen militärische Verordnungen oder Straftaten gegen die "nationale Sicherheit" vorgeworfen werden. Amnesty International lehnt Verfahren gegen Zivilpersonen vor Militärgerichten grundsätzlich ab, da sie gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen. Im September 2016 erließ die Militärregierung Thailands eine Anordnung, die besagte, dass Zivilpersonen nicht länger vor Militärgerichte gestellt werden dürfen. Die Anordnung bezieht sich jedoch nur auf Straftaten, die nach September 2016 begangen wurden, sodass Hunderten Personen, die nicht dem Militär angehören, noch immer Militärgerichtsverfahren drohen.

Die im Mai 2016 gegen Sirikan Charoensiri erhobenen Anklagen stehen im Zusammenhang mit einem Vorfall vom Juni 2015. Sie und weitere Anwält_innen befanden sich beim Militärgericht in Bangkok, wo sie 14 Studierende vertraten, die in der Nacht des 26. Juni 2015 in Untersuchungshaft genommen worden waren. Nach der gerichtlichen Anhörung und im Laufe des Morgens des 27. Juni 2015 weigerte Sirikan Charoensiri sich, der Polizei zu erlauben, ihr Auto ohne entsprechenden Beschluss nach den Handys der Studierenden zu durchsuchen. Daraufhin beschlagnahmten die Beamt_innen ihr Auto, in dem sich Fallakten und persönliche Laptops der Rechtsbeistände sowie fünf Handys, die ihren Mandant_innen gehörten, befanden. Trotz der Androhung, dass man gegen sie vorgehen würde, erstattete Sirikan Charoensiri Anzeige wegen Dienstvergehen gegen die Polizist_innen. Die im Oktober 2016 gegen sie erhobenen Anklagen beziehen sich auf ihre Verbindungen zu Mandant_innen während des Protests in Bangkok am 25. Juni 2015. Bei der Anklageerhebung informierte die Polizei sie, dass ein Armeeangehöriger gesehen habe, wie sie die Handys ihrer Mandant_innen in ihr Auto gelegt habe. Nach der Auswertung von Fotomaterial beschuldigte der Armeeangehörige sie der Beteiligung an den Protesten.

Die thailändischen Behörden gehen nicht nur gegen Demonstrierende sondern auch gegen Personen vor, die Protestierende unterstützen oder rechtliche und journalistische Tätigkeiten in Verbindung mit deren Aktivitäten ausüben. Im September 2015 wurde Anklage wegen "Staatsgefährdung" gegen Baramee Chaiyarat, ein Aktivist und ehemaliges Vorstandsmitglied von Amnesty International in Thailand, erhoben. Grund dafür war, dass er Mitglieder der "Bewegung für neue Demokratie" unterstützt hatte. Im Juli 2016 nahmen die Behörden einen Journalisten fest, der eine Gruppe von Mitgliedern der Bewegung begleitet hatte. Im Mai 2016 wurde ein 77-jähriger Lehrer im Ruhestand zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe und 8.000 Baht (etwa 200 Euro) verurteilt, weil er friedlichen Demonstrierenden, die sich für Demokratie eingesetzt hatten, im März 2015 Essen und Blumen gebracht hatte. Die Geldstrafe wurde um die Hälfte reduziert, nachdem er sich schuldig bekannte. Die Behörden hatten ihm zunächst "Staatsgefährdung" vorgeworfen, diesen Anklagepunkt dann aber fallengelassen.