Haftstrafe

Myat Nu Khaing, die bei den Parlamentswahlen in Myanmar für das Unterhaus kandidiert hatte, ist im Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an einem friedlichen Protest zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Die Teilnehmer_innen des Protests hatten die Behörden von Myanmar aufgefordert, den Tod des Demonstranten Khin Win zu untersuchen. Amnesty International betrachtet Myat Nu Khaing als gewaltlose politische Gefangene und fordert ihre sofortige und bedingungslose Freilassung.

Appell an

PRÄSIDENT
Htin Kyaw
President’s Office
Office No.18
Nay Pyi Taw
MYANMAR
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 95) 1 652 624

INNENMINISTER
Lt Gen. Kyaw Swe
Ministry of Home Affairs
Office No. 10
Nay Pyi Taw
MYANMAR
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 95) 67 412 439

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DER MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Win Mra
27 Pyay Road
Hline Township
Yangon
MYANMAR
Fax: (00 95) 1 659 668
E-Mail: chmyanmarnhrc@gmail.com

BOTSCHAFT DER UNION MYANMAR
I. E. Frau Yin Yin Myint
Thielallee 19
14195 Berlin
Fax: 030-2061 5720
E-Mail: info@botschaft-myanmar.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Birmanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. Mai 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, E-MAILS ODER FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, Myat Nu Khaing und alle weiteren gewaltlosen politischen Gefangenen sofort und bedingungslos freizulassen.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass Myat Nu Khaing bis zu ihrer Freilassung vor Folter und anderweitiger Misshandlung geschützt ist, nicht in ein abgelegenes Gefängnis verlegt wird und regelmäßigen Zugang zu ihren Angehörigen und Rechtsbeiständen ihrer Wahl sowie jegliche erforderliche medizinische Versorgung erhält.

  • Bitte stellen Sie zudem sicher, dass unverzüglich eine umfassende, unabhängige und wirksame Untersuchung der Tötung von Khin Win sowie aller Vorwürfe bezüglich unverhältnismäßiger Polizeigewalt gegen die Demonstrierenden in Letpadaung eingeleitet wird. Bitte stellen Sie diejenigen Personen, die für die Verletzung von Menschenrechten verantwortlich sind, in einem Verfahren vor Gericht, das internationalen Standards entspricht und die Todesstrafe ausschließt.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to immediately and unconditionally release Myat Nu Khaing and all other prisoners of conscience in Myanmar.

  • Urging them to ensure that pending her release, Myat Nu Khaing is not tortured or otherwise ill-treated; not transferred to a remote prison, has regular access to family members and a lawyer of her choosing and is provided with any medical treatment that she may require.

  • Calling on them to conduct a thorough, impartial and effective investigation into the killing of Khin Win and other allegations that police used excessive force against protesters at the Letpadaung mine, and bring those responsible for human rights-related offences to justice in trials which meet international standards of fairness, without recourse to the death penalty.

Sachlage

Das Gericht des Townships Dagon in Rangun, der größten Stadt Myanmars, verurteilte Myat Nu Khaing am 31. März zu einem Jahr Haft. Die Ärztin stand zur Zeit ihrer Festnahme als unabhängige Kandidatin im Township Phyu in der Region Bago zur Wahl für die Parlamentswahlen im November 2015. Das Gericht befand sie des "Randalierens" (Paragraf 147 des myanmarischen Strafgesetzbuchs) für schuldig. Grund dafür war ihre Teilnahme an einer friedlichen Protestaktion am 29. Dezember 2014. Die Teilnehmer_innen hatten dabei die Behörden von Myanmar aufgefordert, den Tod des Demonstranten Khin Win zu untersuchen, der bei einer Demonstration gegen eine geplante Landenteignung für das Letpadaung-Kupferminenprojekt in der Region Sagaing von Polizeikräften erschossen worden war.

Amnesty International ist der Ansicht, dass das Verfahren gegen Myat Nu Khaing politisch motiviert ist. Sie war unter anderem wegen "Randalierens" angeklagt worden, obwohl glaubwürdige Quellen bestätigt hatten, dass die Demonstration friedlich verlaufen war. Darüber hinaus nahm man sie am 17. Oktober 2015 fest, also nur wenige Wochen vor den Parlamentswahlen, die am 8. November 2015 stattfanden. Die Demonstration, die als Grund für ihre Festnahme genannt wurde, lag zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits zehn Monate zurück. Myat Nu Khaing befindet sich seit ihrer Festnahme im Insein-Gefängnis in Rangun.

Das Gericht sprach sie von den Vorwürfen der Anstiftung der Öffentlichkeit zur Begehung von Straftaten "gegen den Staat oder die öffentliche Ruhe" (Paragraf 505(b) des Strafgesetzbuchs), des "Angreifens oder Behinderns eines Staatsbediensteten bei der Ausübung seiner Pflichten" (Paragraf 353 des Strafgesetzbuchs) und der "Teilnahme an einer illegalen Versammlung" (Paragraf 18 des Versammlungs- und Demonstrationsgesetzes) frei. Die Anklagen wegen "obszöner Handlungen und Lieder" (Paragraf 294 des Strafgesetzbuchs) und "Angreifens oder Behinderns eines Staatsbediensteten bei der Unterdrückung eines Aufstands" (Paragraf 152 des Strafgesetzbuchs) waren bereits zuvor vom Gericht fallengelassen worden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Khin Win war am 22. Dezember 2014 getötet worden, als Polizeikräfte auf Demonstrierende schossen, die protestierten. Örtliche Anwohner_innen und Aktivist_innen wehren sich gegen den Ausbau der neuen Kupfermine, weil sie Umweltschäden, Zwangsräumungen und negative Auswirkungen auf einige ihrer Rechte wie zum Beispiel die Rechte auf Wohnraum, Nahrung und Arbeit befürchten. Die myanmarischen Behörden reagierten auf diesen Widerstand in vielen Fällen mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen friedliche Demonstrierende und mit willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen.

Am 15. Mai wurden die Menschenrechtsverteidiger_innen Naw Ohn Hla, San San Win, auch bekannt als Lay Lay, Sein Htwe, Nay Myo Zin, Tin Htut Paing und Than Swe von einem myanmarischen Gericht im Ranguner Township Dagon zu einer Gefängnisstrafe von je vier Jahren und vier Monaten verurteilt. Wie auch bei Myat Nu Khaing war der Grund für ihre Verurteilung ihre Teilnahme an dem friedlichen Protest am 29. Dezember 2014. Die sechs Aktivist_innen erhielten darüber hinaus weitere Haftstrafen in anderen Townships, durch die sie im Rahmen ihres Protestmarschs gelaufen waren. Sie befinden sich derzeit alle im Insein-Gefängnis. Weitere Informationen zu diesem Fall finden Sie in UA-002/2015-1, online unter http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-002-2015-1/protestierende-verurteilt.

Am 24. März 2016 veröffentlichte Amnesty International einen Bericht zu politisch motivierten Inhaftierungen in Myanmar, in dem die besorgniserregende Aushöhlung der neu begründeten Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit dargestellt wird, die seit Anfang 2014 ihren Lauf nimmt. Laut dem Bericht erheben die Behörden wegen derselben Handlungen oder Proteste mehrfach Anklage gegen Aktivist_innen, um ihre Haftstrafen so zu verlängern. Zudem werfen sie Personen Straftaten vor, bei denen die Möglichkeit einer Freilassung gegen Kaution ausgeschlossen ist, damit sie während ihrer Verfahren nicht freikommen können. Menschenrechtsverteidiger_innen und andere politische Aktivist_innen werden häufig viele Monate, manchmal sogar erst Jahre, nach der mutmaßlichen Straftat angeklagt. Durch dieses Vorgehen wird unter Menschenrechtsverteidiger_innen und anderen Aktivist_innen des Landes ein Klima der Angst geschaffen. Den englischsprachigen Bericht New expression meets old repression finden Sie online unter: https://www.amnesty.org/en/documents/asa16/3430/2016/en/.