Meinungsfreiheit bedroht

Thailand

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In Thailand berät die gesetzgebende Versammlung über Änderungen des restriktiven Gesetzes über Internetkriminalität aus dem Jahr 2007. Derzeit ermöglicht das Gesetz unter anderem durch willkürliche Online-Überwachung und -Zensur die Einschränkung der Rechte auf Meinungsfreiheit und Privatsphäre. Die aktuell debattierten Änderungen würden daran nichts ändern.

Appell an

PRÄSIDENT DES SONDERAUSSCHUSSES ZUR BERATUNG ÜBER DEN GESETZENTWURF ÜBER INTERNETKRIMINALITÄT
Pol. Gen. Chatchawan Suksomjit
National Legislative Assembly
Secretariat Office, 499 U-Thong Nai Road
Dusit Bangkok 10300
THAILAND
(Anrede: Dear Mr Suksomjit / Sehr geehrter Herr Suksomjit)
Fax: (00 66) 2 244 1779

STAATSSEKRETÄRIN IM MINISTERIUM FÜR DIGITALWIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT
Songporn Komolsuradej
120 Moo.3 Flr. 6-9, B Building
Government Complex
Chaeng Wattana Road
Thung Song Hong, Lak Si
Bangkok 10210
THAILAND

(Anrede: Dear Permanent Secretary / Sehr geehrte Frau Staatssekretärin)
Fax: (00 66) 2 143 8019

Sende eine Kopie an

JUSTIZMINISTER
Gen. Paiboon Koomchaya
Ministry of Justice
120 Moo 3, A Building
Government Complex
Chaeng Wattana Road
Thung Song Hong, Lak Si
Bangkok 10210
THAILAND
Fax: (00 66) 2 143 9880

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS THAILAND
S.E. Herrn Dr. Dhiravat Bhumichitr
Lepsiusstr. 64-66
12163 Berlin
Fax: 030-7948 1511 oder 030-7948 1251
E-Mail: general@thaiembassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Thailändisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 18. November 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bringen Sie das Gesetz über Internetkriminalität bitte mit den Verpflichtungen Thailands gemäß internationalen Menschenrechtsnormen in Einklang und stellen Sie sicher, dass es so abgeändert wird, dass Verstöße gegen die Rechte von Nutzer_innen und Internetanbietern nicht möglich sind. Dies beinhaltet auch den Schutz der Rechte auf Meinungsfreiheit und Privatsphäre.

  • Lassen Sie alle Personen, die derzeit unter dem Gesetz über Internetkriminalität wegen der friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf Meinungsfreiheit inhaftiert sind, umgehend und bedingungslos frei und heben Sie alle entsprechenden Schuldsprüche auf.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Amend the Computer Crimes Act to bring it into line with Thailand’s obligations under international human rights law, and that it does not allow for violations of the rights of computer users and internet service providers, including the right to freedom of expression and the right to privacy.

  • Immediately and unconditionally release anyone imprisoned under the CCA on account of their peaceful exercise of the rights to freedom of expression and expunge any convictions on such grounds.

Sachlage

Das 2007 erlassene Gesetz über Internetkriminalität sowie weitere repressive Gesetze wurden in den vergangenen zehn Jahren in Thailand dazu genutzt, die Meinungsäußerung im Internet zu kriminalisieren und zu zensieren, und um die friedliche Wahrnehmung des Rechts auf freie Meinungsäußerung einzuschränken. Gegenwärtig berät die Regierung über mögliche Änderungen des Gesetzes über Internetkriminalität.

Die derzeit vorliegenden Gesetzesänderungen ändern jedoch nichts an den besonders problematischen Bestimmungen des Gesetzes, und sorgen auch nicht dafür, dass es den völkerrechtlichen Verpflichtungen Thailands entspricht, was den Schutz der Rechte auf Meinungsfreiheit und Privatsphäre angeht. So ist es unter den vorgeschlagenen Änderungen nach wie vor möglich, PC-Nutzer_innen strafrechtlich zu verfolgen und zu inhaftieren, wenn sie friedlich online ihre Meinung äußern. Außerdem können auch Internetanbieter belangt werden, wenn sie Websites betreiben, auf denen solch unerwünschte Meinungen zu lesen sind. Die aktuell debattierten Änderungen würden es zudem weiterhin erlauben, dass die Behörden den Internetverkehr auf eine Weise überwachen, die massiv in die Privatsphäre der Nutzer_innen eingreift. Unter bestimmten Umständen darf dies sogar ohne vorherige richterliche Bewilligung geschehen. Außerdem könnten die Behörden nach wie vor bestimmte elektronische Inhalte unterdrücken, wenn diese unter verschiedenen vage definierten Vorgaben als bedrohlich gegenüber staatlichen Interessen angesehen werden.

Der neue Gesetzentwurf wurde bereits vom Kabinett debattiert und liegt nun der gesetzgebenden Versammlung vor, die ihn bis Ende Oktober prüfen soll. Die gesetzgebende Versammlung muss diese Chance unbedingt dazu nutzen, das Gesetz über Internetkriminalität mit den Verpflichtungen Thailands gemäß internationalen Menschenrechtsnormen in Einklang zu bringen, insbesondere was die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Privatsphäre angeht.

Hintergrundinformation

Hintergrund

In den vergangenen zehn Jahren herrschten in Thailand Instabilität und politische Turbulenzen. Verschiedene aufeinanderfolgende Regierungen haben versucht, die Meinungsäußerung im Internet zu kontrollieren, um abweichende politische Ansichten und Kritik an den Behörden zu unterdrücken, die Monarchie zu verteidigen und vage definierte Sicherheitsinteressen zu schützen. Hierzu setzen die Behörden das Gesetz über Internetkriminalität und weitere repressive Gesetze – so z. B. Bestimmungen des Strafgesetzbuches, die Aufwiegelung, Verleumdung und Kritik an der Monarchie unter Strafe stellen – auf eine Art und Weise ein, die gegen die Rechte auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit verstößt.

Thailand wird seit dem Putsch im Mai 2014 von einer Militärregierung regiert, die streng gegen die Meinungsäußerung im Internet und auch allgemein gegen die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit vorgeht. Zahlreiche Personen, darunter Politiker_innen, Musiker_innen, Dichter_innen, Blogger_innen und Redakteur_innen, sind wegen der friedlichen Äußerung ihrer Ansichten im Internet bereits inhaftiert worden. Viele der Betroffenen mussten sich in unfairen Gerichtsverfahren vor Militärgerichten verantworten, und manche von ihnen wurden schuldig gesprochen und zu jahrzehntelangen Haftstrafen verurteilt.

Die Behörden setzen das Gesetz über Internetkriminalität und andere repressive Gesetze immer wieder dazu ein, Personen wegen der Äußerung von Meinungen im Internet festzunehmen, strafrechtlich zu verfolgen und zu inhaftieren – Äußerungen, die unter dem Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt sind. Hierzu zählen beispielsweise regierungskritische Kommentare in sozialen Medien, satirische Posts über Militärangehörige, Kritik an der Monarchie sowie Fotos, die Unterstützung für bestimmte politische Bewegungen bekunden. In manchen Fällen mutet die strafrechtliche Verfolgung beinahe absurd an: So wurde eine Frau angeklagt, weil sie auf eine Facebook-Nachricht, die laut Aussage der Behörden die Monarchie beleidigte, mit "Verstehe" antwortete. Ein Mann wurde angeklagt, weil er den "Gefällt mir"-Button unter einem Bild, das den Hund des Königs karikierte, geklickt hatte. Auch Personen, die über Menschenrechtsverletzungen seitens der Behörden berichteten, wurden strafrechtlich belangt. Drei Menschenrechtsverteidiger_innen – unter ihnen der Vorstandsvorsitzende von Amnesty Thailand – müssen sich derzeit wegen Anklagen unter dem Gesetz über Internetkriminalität und dem Strafgesetzbuch verantworten, weil sie Folter durch Angehörige des Militärs dokumentiert hatten.

Die behördliche Überwachung der sozialen Medien ist in Thailand an der Tagesordnung, und die Regierung hat den Zugriff auf Tausende Websites und Social-Media-Profile gesperrt. Die Behörden versuchen regelmäßig, Internetanbieter und Betreiber von Social-Media-Plattformen dazu zu bringen, Inhalte zu entfernen, die sie als "schädlich für Frieden und Ordnung" ansehen. Im Jahr 2015 kündigte die Militärregierung an, ein zentrales Internetgateway einführen zu wollen, um den gesamten Internetdatenverkehr ins In- und Ausland zu filtern. Ziel sei es, "den Zugriff auf unangemessene Seiten sowie den Zustrom von Informationen aus dem Ausland zu kontrollieren".

Thailand ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und hat als solcher die Rechte auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit zu achten, zu schützen und zu gewährleisten. Hierzu zählt auch das Recht, Informationen zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben. Einschränkungen dieser Rechte sind nur dann zulässig, wenn sie nötig sind, um die Rechte und Freiheiten anderer oder bestimmte öffentliche Interessen (wie z. B. die nationale bzw. öffentliche Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Gesundheit oder Moral) zu schützen, und wenn sie für diesen Zweck nachweisbar notwendig sind.