Journalist verschleppt

Von Sergei Dolgov, dem Redakteur der ukrainischen Zeitung Khochu v SSSR, fehlt seit seiner Entführung durch bewaffnete Männer im Juni jede Spur. Einige Medien berichteten, dass er getötet worden sei. Augenzeug_innen und Angehörige gehen jedoch davon aus, dass er in der ukrainischen Stadt Saporischschja festgehalten wird.

Appell an

VERTEIDIGUNGSMINISTER
Valeriy Heletey
Povitroflots'ky avenue 6,
03168 Kyiv
UKRAINE
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Verteidigungsminister)
Fax: (00 380) 44 226 20 15
E-Mail: admou@mil.gov.ua

INNENMINISTER
Arsen Avakov
Akademika Bogomoltsa Str. 10
01024 Kyiv
UKRAINE
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Innenminister)
Fax: (00380) 44 253 97 96
E-Mail: mvsinfo@mvsinfo.gov.ua

Sende eine Kopie an

LEITER DES UKRAINISCHEN GEHEIMDIENSTES
Valentyn Nalyvaichenko
Volodymyrska St. 33
01034 Kyiv
UKRAINE
E-Mail: pressinfo@ssu.gov.ua

BOTSCHAFT DER UKRAINE
Herrn Vasyl Khymynets, Geschäftsträger a.i.
Albrechtstraße 26, 10117 Berlin
Fax: 030-2888 7163
E-Mail: emb_de@mfa.gov.ua oder ukremb@ukrainische-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Ukrainisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. Oktober 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Geben Sie unverzüglich den Aufenthaltsort von Sergei Dolgov bekannt und stellen Sie seinen Schutz sicher.

  • Sollte sich Sergei Dolgov in Haft befinden, sorgen Sie dafür, dass er sofort Zugang zu einem Rechtsbeistand erhält und freigelassen wird, sollte er keiner als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden.

  • Leiten Sie sofort eine unparteiische und effiziente Untersuchung zu der Entführung von Sergei Dolgov sowie zu seiner mutmaßlichen Misshandlung ein und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to immediately establish Sergei Dolgov’s whereabouts and ensure his safety.

  • If he is in detention, urging them to ensure his immediate access to a lawyer and charge him with a recognizable criminal offence, or immediately release him.

  • Calling on them to promptly, impartially and effectively investigate the abduction and allegations of his ill-treatment and hold anyone found responsible to account.

Sachlage

Der stellvertretende Redakteur der Khochu v SSSR ("Ich will in der UdSSR sein") sagte Amnesty International, dass am 18. Juni gegen 12 Uhr sechs bewaffnete, maskierte Männer in Zivil das Büro der Zeitung in Mariupol, einer Stadt im Südosten der Ukraine, stürmten und Sergei Dolgov unter Gewaltanwendung in ein Auto vor dem Büro zwangen. Die Männer nahmen zudem auch alle technischen Geräte aus der Redaktion mit.
Die Zeitungsmitarbeiter_innen benachrichtigten die Polizei. Sergei Dolgovs Frau hat seitdem mehrere Anzeigen bei der Polizei und anderen Behörden erstattet. Es wurde zwar eine polizeiliche Untersuchung eingeleitet, ein Beamter, der an dem Fall arbeitet, soll jedoch gesagt haben, dass es in Mariupol einige ukrainische Truppen gebe, von denen die Polizei nicht unbedingt etwas wisse und dass "es gut sein kann, das Dolgov offiziell inhaftiert und nicht verschleppt wurde."

Der Leiter des ukrainischen Geheimdienstes Sluzhba Bezpeky Ukrayiny (SBU) in Mariupol gab in einem am 21. Juni veröffentlichten Interview an, dass Sergei Dolgov von der Nationalgarde der Ukraine festgenommen worden sei und in Saporischschja festgehalten werde. Der SBU hat bisher jedoch abgestritten, etwas von der Inhaftierung oder dem aktuellen Aufenthaltsort von Sergei Dolgov zu wissen.

Am 13. Juli berichteten Medien, Sergei Dolgov sei getötet worden. Sie zitierten als Beleg einen Facebook-Beitrag, der von einem der wichtigsten Separatistenführer der Ost-Ukraine, Konstantin Dolgov, veröffentlicht worden war. In diesem Beitrag hieß es, Sergei Dolgov sei nach Dnipropetrovsk gebracht worden, wo das Ukrainische Bataillon Dnepr-1 ihn zu Tode gefoltert habe. Der Tod von Sergei Dolgov ist bisher nicht offiziell bestätigt worden. Seine Frau und Augenzeug_innen teilten Amnesty International mit, dass es Hinweise darauf gebe, dass Sergei Dolgov noch am Leben sei und sich entweder in einer Haftanstalt in Saporischschja oder auf einem Militärstützpunkt in der Stadt befinde.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 13. Juni eroberten regierungstreue Truppen Mariupol zurück. Seitdem versuchen sie die Stadt durch eine anhaltende Festnahmewelle von mutmaßlichen Separatisten zu "befreien".

Freiwillige haben sich zu einer Reihe von Bataillonen zusammengeschlossen, die zusammen mit den regulären Streitkräften kämpfen. Es gibt immer wieder Berichte, dass einige dieser Bataillone nicht ausreichend in die offiziellen Befehlsstrukturen eingegliedert wurden und vollkommen oder teilweise unabhängig sowie unter Missachtung der Anweisungen von oben handeln. Dabei verletzen sie oftmals internationale Rechtsnormen.

Im Rahmen des Versuchs, die Kontrolle über die von Separatisten eingenommenen Gebiete wiederzuerlangen, hat die Ukraine den Zugang zu Medien, die als pro-separatistische betrachtet werden, eingeschränkt. Am 12. Juni veröffentlichte die ukrainische Zeitung Ukrainskaya Pravda beispielsweise einen Beitrag mit dem Titel "In Kiew werden separatistische Zeitungen verkauft", in dem Khochu v SSSR als Beispiel für eine solche Zeitung genannt wurde. Im selben Artikel wurde ein Sprecher des ukrainischen SBU zitiert, der sagte, dass der Geheimdienst versuche, solche Zeitungen an ihrer Arbeit zu "hindern".