Misshandlung ausgesetzt

Ein Mann an einem Rednerpult

Der vietnamesische Ingenieur und Menschenrechtsaktivist Tran Huynh Duy Thuc

Der Menschenrechtsverteidiger und gewaltlose politische Gefangene Trần Huỳnh Duy Thức verbüßt eine 16-jährige Haftstrafe und wurde nun in ein abgelegenes Gefängnis im Norden Vietnams gebracht. Dieses befindet sich mehr als eine Tagesreise vom Wohnort seiner Familie entfernt. Er ist Misshandlungen ausgesetzt, weil er sich weigert, Gefängnisarbeit zu verrichten. Dies verstößt gegen das Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung.

Appell an

PREMIERMINISTER
Nguyễn Xuân Phúc
Prime Minister’s Office, Ha Noi
VIETNAM
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: über das Kontaktformular: http://primeminister.chinhphu.vn/Utilities/Contact.aspx

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
To Lam
44 Yết Kiêu St. Hoàn Kiếm District
Ha Noi
VIETNAM
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
E-Mail: über das Kontaktformular: http://www.mps.gov.vn/web/guest/contact_english

Sende eine Kopie an

MINISTER FÜR AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN UND STELLVERTRETENDER PREMIERMINISTER
Phạm Bình Minh
Ministry of Foreign Affairs
1 Ton That Dam Street, Ba Dinh district
Ha Noi
VIETNAM
Fax: (00 844) 3823 1872
E-Mail: ttll.mfa@mofa.gov.vn

BOTSCHAFT DER SOZIALISTISCHEN REPUBLIK VIETNAM
S.E. Herr Xuan Hung Doan
Elsenstraße 3
12435 Berlin
Fax: 030 536 302 00
E-Mail: sqvnberlin@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Vietnamesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 7. Oktober 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, LUFTPOSTBRIEFE ODER FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte sorgen Sie für die unmittelbare und bedingungslose Freilassung von Trần Huỳnh Duy Thức, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der allein wegen der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung festgehalten wird.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Trần Huỳnh Duy Thức bis zu seiner Freilassung gemäß den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) behandelt und weder Folter noch anderweitiger Misshandlung ausgesetzt wird.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Trần Huỳnh Duy Thức für die Zeit seiner Inhaftierung in eine Hafteinrichtung nahe seiner Familie gebracht wird und umfassenden Zugang in Form von Briefen und Besuchen zu dieser erhält. Gewähren Sie ihm bitte außerdem Zugang zu einem Rechtsbeistand und zu jeglicher erforderlichen medizinischen Behandlung.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to release Trần Huỳnh Duy Thức immediately and unconditionally as he is a prisoner of conscience held solely for exercising his right to freedom of expression and opinion.

  • Urging that while detained Trần Huỳnh Duy Thức is treated in accordance with the UN Nelson Mandela Rules for the treatment of prisoners, and is not subjected to torture or other ill-treatment.

  • Urging that while he is detained he is moved to a detention facility closer to his family, allowing full access to them, through visits and correspondence, and to a lawyer and medical treatment as necessary.

Sachlage

Im Mai 2016 wurde Trần Huỳnh Duy Thức überraschend vom Gefangenenlager in Xuyên Mộc in der Provinz Bà Rịa-Vũng Tàu in das Gefängnis Nr. 6 in der Provinz Nghệ An im Norden Vietnams gebracht. Dieses Gefängnis ist für die harte Behandlung der Gefangenen bekannt und liegt eine 24-stündige Autoreise vom Haus seiner Familie in Ho-Chi-Minh-Stadt entfernt. In dieser Region Nordvietnams herrschen im Sommer Temperaturen von bis zu 40 Grad Celsius, weshalb die Haftbedingungen in der kleinen Betonzelle ohne Elektrizität, in der der Menschenrechtler festgehalten wird, sehr unangenehm sind. Trần Huỳnh Duy Thức berichtete seiner Familie, dass die Behörden seit dem 8. August, als Strafe für seine Weigerung, Gefängnisarbeit auszuführen, die Elektrizität in seiner Zelle ausgeschaltet hätten. Er sollte falsche Geldscheine herstellen, welche bei Beerdigungen verbrannt werden, wie es in Vietnam Brauch ist. Während seiner Überführung in das Gefängnis Nr. 6 begann Huỳnh Duy Thức einen zweiwöchigen Hungerstreik, um gegen die fehlende Rechtsstaatlichkeit in Vietnam zu protestieren.

Die Familie von Trần Huỳnh Duy Thức berichtete Amnesty International, dass er während seiner Überführung im Mai Handschellen tragen musste. Seine Familie wurde selbst nicht informiert, erfuhr aber über die Verwandten eines anderen Gefängnisinsassen, dass Trần Huỳnh Duy Thức in ein anderes Gefängnis gebracht worden war. In den Monaten vor der Verlegung hatte die Gefängnisleitung sich geweigert, Briefe zwischen Trần Huỳnh Duy Thức und seiner Familie zu übermitteln. Dies stellt einen Verstoß gegen Trần Huỳnh Duy Thứcs Recht, mit seiner Familie zu kommunizieren, dar. Außerdem hatte die Gefängnisleitung mit Repressalien gedroht, weil Trần Huỳnh Duy Thức die Einhaltung der Menschenrechte für Gefangene forderte. Des Weiteren wurde er unter Druck gesetzt, einem Umzug in die USA zuzustimmen, welcher die Voraussetzung für seine Freilassung wäre. Trần Huỳnh Duy Thức lehnte diesen Vorschlag mehrmals ab.

Disziplinarmaßnahmen, die Auswirkungen auf die allgemeinen Lebensbedingungen haben, sind nach den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) verboten. Unter keinen Umständen dürfen Disziplinarmaßnahmen Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafen gleichkommen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Trần Huỳnh Duy Thức ist Unternehmer, Blogger und Menschenrechtsverteidiger. Außerdem ist er Mitverfasser des Blogs "Der Weg von Vietnam" (Phong Trào Con Dường Việt Nam), in dem Empfehlungen für eine Reform der Regierungsführung gegeben werden. Seit seiner Festnahme im Mai 2009 wurde er in verschiedenen Hafteinrichtungen festgehalten. Zunächst wurde er des "Diebstahls von Telefonleitungen" beschuldigt und anschließend nach Paragraf 88 des Strafgesetzbuchs aus dem Jahr 1999 wegen "Propaganda" gegen den Staat angeklagt. Während seines Verfahrens im Januar 2010 wurde er nach Paragraf 79 des Strafgesetzbuchs wegen Aktivitäten, die auf einen "Umsturz" des Staates abzielen, angeklagt und schuldig gesprochen. Im Laufe des Verfahrens sagte Trần Huỳnh Duy Thức, er sei während der Untersuchungshaft gefoltert worden, um ihn zu einem "Geständnis" zu zwingen. Er wurde zu 16 Jahren Gefängnis und einem anschließenden fünfjährigen Hausarrest verurteilt.

Während seiner Überführung in das Gefängnis Nr. 6 im Mai 2016 begann er einen zweiwöchigen Hungerstreik, um gegen den Mangel an Rechtsstaatlichkeit in Vietnam zu protestieren. Er hatte mehrmals erfolglos eine gerichtliche Überprüfung seiner Verurteilung und seine Freilassung verlangt.

Vietnam ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, mit dem die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit geschützt werden. Dennoch werden diese Rechte in Vietnam sowohl per Gesetz als auch in der Praxis eingeschränkt. Vage formulierte Paragrafen in dem Teil des vietnamesischen Strafgesetzbuchs von 1999, der sich mit Straftaten gegen die nationale Sicherheit befasst, werden häufig genutzt, um das friedliche Äußern abweichender Meinungen oder friedliche Aktivitäten unter Strafe zu stellen. Besonders betroffen davon sind Menschen, die friedlich politische Veränderungen fordern, das Vorgehen der Regierung kritisieren oder sich für Menschenrechte einsetzen. Paragraf 79 (Aktivitäten mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen) wird oft genutzt, um Dissident_innen für ihre friedlichen Aktivitäten festzunehmen, vor Gericht zu stellen und zu inhaftieren. Zum Ziel der Behörden werden dabei häufig Blogger_innen, Aktivist_innen, die sich für Arbeits- oder Landrechte einsetzen, politische Aktivist_innen, Glaubensanhänger_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen, Aktivist_innen, die sich für soziale Themen einsetzen und sogar Songwriter_innen.

Die Haftbedingungen in vietnamesischen Gefängnissen sind häufig sehr schlecht. Nahrung und Gesundheitsversorgung entsprechen oftmals weder den Richtlinien der UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen noch anderen internationalen Standards. Gewaltlose politische Gefangene werden immer wieder über lange Zeiträume in Einzelhaft gehalten, um sie so zu bestrafen. Sie werden zudem Opfer von Misshandlungen. Unter anderem werden sie von anderen Gefangenen verprügelt, ohne dass die Gefängniswärter_innen eingreifen. Einige werden regelmäßig in andere Haftanstalten verlegt, ohne dass man ihre Angehörigen darüber informiert. Immer wieder treten gewaltlose politische Gefangene aus Protest gegen die Misshandlungen und schlechten Haftbedingungen in den Hungerstreik. Obwohl die vietnamesische Regierung die UN-Antifolterkonvention ratifiziert hat und diese im Februar 2015 in Vietnam in Kraft getreten ist, sind bisher nur unzureichende Schritte unternommen, um den durch diesen Vertrag entstandenen Verpflichtungen des Landes nachzukommen.