Drohende lange Haftstrafen

Thailand, Landkarte

Thailand

Zwölf Personen aus dem Norden Thailands drohen bis zu 22 Jahre Haft. Grund dafür ist ihre mutmaßliche Beteiligung an der Verbreitung Tausender Briefe, in denen Kritik an einem Entwurf für die thailändische Verfassung geübt wurde. Am 27. August müssen sie vor einem Militärgericht erscheinen.

Appell an

MINISTERPRÄSIDENT
General Prayut Chan-o-cha
Government House
Pitsanulok Road, Dusit
Bangkok 10300
THAILAND
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 66) 2 282 5131

JUSTIZMINISTER
Gen. Paiboon Koomchaya

Government Centre Building A

120 Moo 3
Chaeng Wattana Road Soi 7, Lak Si
Bangkok 10210
THAILAND

(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 66) 2953 0503

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DER WAHLKOMMISSION
Supachai Somcharoen
Election Commission of Thailand
Government Centre Building B

120 Moo 3, Chaeng Wattana Road Soi 7
Lak Si, Bangkok 10210
THAILAND
Fax: (00 66) 2 694 322 8

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS THAILAND
Frau Aurapin Leelittham
Geschäftsträgerin a.i., Gesandte-Botschaftsrätin
Lepsiusstr. 64-66
12163 Berlin
Fax: 030-7948 1511 oder 030-7948 1251
E-Mail: general@thaiembassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Thailändisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. September 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie die zwölf Inhaftierten bitte umgehend und bedingungslos frei, da sie sich nur in Haft befinden, weil sie friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass die Inhaftierten umgehend jede nötige medizinische Versorgung erhalten.

  • Heben Sie bitte dringend alle Gesetze und Verfügungen auf, mit denen die friedliche Wahrnehmung des Rechts auf freie Meinungsäußerung kriminalisiert wird. Sorgen Sie bitte zudem dafür, dass bei der Umsetzung von Gesetzen stets die Verpflichtungen Thailands aus internationalen Menschenrechtsabkommen beachtet werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to immediately and unconditionally release the 12 detainees, as they are detained solely for the peaceful exercise of the right to freedom of expression.

  • Urging authorities to ensure that the detainees are provided with immediate access to any medical care they may require.

  • Urging authorities to repeal all laws and decrees criminalising the peaceful exercise of the right to freedom of expression, and ensure that all laws are enforced in a manner that complies with Thailand’s obligations under international human rights law.

Sachlage

Seit dem 26. Juli hat es eine Welle von Festnahmen im Zusammenhang mit einem Entwurf für die thailändische Verfassung gegeben, über den am 7. August in einem landesweiten Referendum abgestimmt wurde. Der Verfassungsentwurf wurde mit großer Mehrheit angenommen. Auch zwölf Personen, denen vorgeworfen wird, in Verbindung mit dem Entwurf kritische Briefe verteilt zu haben, sind inhaftiert worden. Die Polizei gibt an, sie hätte im Norden Thailands mehr als 11.000 Briefe beschlagnahmt, die falsche Informationen bezüglich der Verfassung enthielten. Die Beschuldigten wurden nach ihrer Festnahme in Bangkok in Militärgewahrsam genommen.

Am 2. August informierten Ermittler_innen der Polizei die zwölf Inhaftierten, dass unter dem Strafgesetzbuch wegen mutmaßlicher "Aufwiegelung" und Zugehörigkeit zu einer "kriminellen Vereinigung" Ermittlungen gegen sie eingeleitet wurden. Zudem werde ihnen vorgeworfen, gegen das Gesetz über das Verfassungsreferendum verstoßen zu haben, das die Beeinflussung der Abstimmung durch "unwahre, verunglimpfende, beleidigende, unhöfliche, anstiftende oder drohende" Sprache verbietet. Bei einem Schuldspruch drohen ihnen bis zu 22 Jahre Haft. Die Behörden haben zudem bestätigt, dass das Verfahren zum Fall der zwölf Inhaftierten vor einem Militärgericht in Chiang Mai im Norden Thailands stattfinden werde. Die sieben Männer werden im allgemeinen Gefängnis in Chiang Mai, die fünf Frauen in der Frauenvollzugsanstalt in derselben Stadt festgehalten.

Bei den zwölf Inhaftierten handelt es sich um Boonlert Buranupakorn, Tasanee Buranupakorn, Tharntip Buranupakorn, Pairat Maichomphu, Khachen Jiakkhajorn, Atipong Khammoon, Kritkorn Paitaya, Aim-orn Dabsok, Supawadee Ngarm-muang, Kobkarn Sutika, Thewarat Rinta und Netithat Aphiratimai. Einige von ihnen sind Beamt_innen mit Verbindungen zur Pheu-Thai-Partei, die besonders im Norden Thailands viele Unterstützer_innen hat und sich gegen den Verfassungsentwurf ausgesprochen hatte. Es besteht Sorge um die Gesundheit eines der Inhaftierten, nachdem er seit seiner Festnahme bereits zehn Kilogramm an Körpergewicht verloren hat. Am 3. und 15. August erließ das Militärgericht von Chiang Mai je eine zwölftägige Untersuchungshaftanordnung gegen die zwölf Betroffenen. Berichten zufolge haben die Behörden weitere Personen im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Verfassen von Briefen und der Verteilung von Materialien, in denen Kritik an dem Verfassungsentwurf geübt wurde, festgenommen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Thailand wird seit dem Putsch im Mai 2014 von einer Militärregierung regiert. Am 7. August 2016 wurde in einem landesweiten Referendum über eine neue Verfassung abgestimmt. Sie war von einem Gremium ausgearbeitet worden, welches von der Militärregierung beauftragt worden war. Der Verfassungsentwurf wurde von den Wähler_innen mit großer Mehrheit angenommen. Ende 2017 sollen nun Parlamentswahlen abgehalten werden.

Seit dem Putsch unterdrücken die Behörden systematisch jegliche friedliche Opposition und schränken die Wahrnehmung der Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit stark ein. So sieht beispielsweise die Verordnung 3/2015 des Militärrats unter anderem bis zu sechs Monate Haft und eine Geldstrafe von 10.000 Baht (etwa 260 Euro) vor, wenn jemand an einer politischen Versammlung von mehr als vier Personen teilnimmt. Im Vorfeld der Volksabstimmung verfügten die Behörden noch zusätzliche Einschränkungen der Menschenrechte. Das Gesetz über das Verfassungsreferendum von 2016 sieht für Aktivitäten und Aussagen, mit denen "Verwirrung gestiftet" wird, um "die Planmäßigkeit der Wahlen zu beeinträchtigen" bis zu zehn Jahre Haft, Geldstrafen in Höhe von bis zu 210.000 Baht (etwa 5.300 Euro) sowie einen bis zu zehn Jahre geltenden Entzug des Wahlrechts vor. Dies gilt z. B. für Fälle, in denen das Wahlverhalten von Personen mithilfe "beleidigender" oder "unverschämter" Sprache beeinflusst werden soll. Zahlreiche Personen sind in den vergangenen Monaten unter diesen und anderen Gesetzen bzw. Verfügungen festgenommen und angeklagt worden. Thailand verstößt damit gegen seine Verpflichtungen aus internationalen Menschenrechtsnormen, wie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte.

Hochrangige Regierungsbeamt_innen, darunter auch der Ministerpräsident und der stellvertretende Ministerpräsident, haben erklärt, dass die Meinungsfreiheit während dieser Phase des politischen Übergangs nicht notwendig sei. Am 19. April soll sich der Ministerpräsident folgendermaßen über die Kritiker_innen des Verfassungsentwurfs geäußert haben: "Sie haben kein Recht zu sagen, dass sie [mit dem Verfassungsentwurf] nicht einverstanden sind (...). Ich dulde es nicht, dass Debatten oder Pressekonferenzen über den Verfassungsentwurf abgehalten werden. Doch sie folgen meinen Anweisungen nicht. Sie werden festgenommen und für zehn Jahre inhaftiert werden. Dies gilt ohne Ausnahme, sobald das Gesetz über das Verfassungsreferendum in Kraft tritt [nach Veröffentlichung in der Royal Gazette]. Auch für die Medien werden keine Ausnahmen gemacht. Warum können die Leute nicht das Gesetz respektieren, statt ständig Demokratie und Menschenrechte zu fordern?"