Blogger droht Haftstrafe

Zeichnung eines Buchs mit Paragraph-Symbol auf dem Cover

Der 17-jährige Blogger Amos Yee erschien am 17. August vor einem singapurischen Strafgericht. Ihm droht eine Verurteilung zu drei Jahren Haft wegen "Verletzung der religiösen Gefühle anderer". Der Prozess dauert noch an.

Appell an

PREMIERMINISTER His Excellency Lee Hsien Loong Prime Minister's Office Istana Annexe Orchard Road SINGAPUR 238823 (Anrede: Your Excellency / Exzellenz) E-Mail: lee_hsien_loong@pmo.gov.sg

GENERALSTAATSANWALT V. K. Rajah Office of the Attorney General 1 Upper Pickering St SINGAPUR 058288 (Anrede: Dear Attorney General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt) E-Mail: agc@agc.gov.sg

Sende eine Kopie an

JUSTIZMINISTER K. Shanmugam Ministry of Law 100 High Street

 

08-02 The Treasury

SINGAPUR 179434 E-Mail: k_shanmugam@mlaw.gov.sg

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SINGAPUR S. E. Herrn J Sohan Singh Voßstraße 17 10117 Berlin Fax: 030-2263 4375 E-Mail: singemb_ber@mfa.sg

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch, Chinesisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. September 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie bitte alle Anklagen gegen Amos Yee, die sich ausschließlich auf die friedliche Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung beziehen, fallen.

  • Beenden Sie bitte die Einschüchterung und Drangsalierung von Blogger_innen und anderen Regierungskritiker_innen in Ihrem Land.

  • Ich bitte Sie, Gesetze, die das Recht auf freie Meinungsäußerung auf unzulässige Weise einschränken, aufzuheben oder grundlegend zu ändern.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Singaporean authorities to drop all charges against Amos Yee that stem solely from the peaceful exercise of his right to freedom of expression.

  • Urging them to end the intimidation and harassment of bloggers and other government critics in the country.

  • Calling on the authorities to repeal or substantially amend laws that unduly restrict the right to freedom of expression.

Sachlage

Am 17. August erschien der singapurische Blogger Amos Yee vor Gericht. Es war der erste Tag seines Prozesses, in dem er zu bis zu drei Jahren Gefängnis verurteilt werden kann. Grund hierfür sind Beiträge in seinem Blog, in denen er laut Anklage die "religiösen Gefühle" von Muslim_innen und Christ_innen verletzt haben soll.

Im Mai 2016 wurden sechs Anklagen gegen den Amos Yee gemäß Abschnitt 298 des Strafgesetzbuchs von Singapur erhoben. Abschnitt 298 behandelt Straftaten im Zusammenhang mit Religion und ethnischer Herkunft. Amos Yee ist außerdem angeklagt, sich in zwei separaten Fällen nicht bei der Polizei gemeldet zu haben, wie es seine Bewährungsauflagen aus einem früheren Verfahren vorschrieben. Es ist nicht das erste Mal, dass Amos Yee, der sich vor Gericht selbst vertritt, von den Behörden wegen Kommentaren auf seinem Blog ins Visier genommen wird. Im Mai 2015 wurde er zu 55 Tagen Haft verurteilt, weil er Lee Kuan Yew, den ersten Premierminister Singapurs, kritisiert hatte.

Gemäß dem Völkerrecht und internationalen Standards darf das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht nur auf Ansichten beschränkt werden, die weithin als akzeptabel und vertretbar eingestuft werden. Vielmehr müssen Staaten auch das Recht auf Äußerung von Minderheitenmeinungen bzw. Ansichten, die möglicherweise als beleidigend angesehen werden, respektieren und schützen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung kann bestimmten Einschränkungen des Gesetzes unterworfen sein, diese müssen jedoch strengen Prüfungen auf Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit standhalten. Der Schutz religiöser oder anderer Überzeugungen und der Befindlichkeiten gläubiger Personen sind kein zulässiger Grund für die Einschränkung der Meinungsfreiheit. Auch die Kritik an öffentlichen Personen, einschließlich derer, die höchste politische Ämter ausüben, ist durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt.

Am 16. August sagte David Kaye, der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf freie Meinungsäußerung, dass der Prozess gegen Amos Yee "sehr beunruhigend und ein Zeichen der zunehmenden Kriminalisierung von Meinungsäußerungen im Land ist".

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der Prozess gegen den Blogger Amos Yee ist ein weiteres Beispiel für das harte Vorgehen der singapurischen Behörden gegen Kritiker_innen und jeden, der friedlich seine abweichende Meinung äußert. Oppositionelle Aktivist_innen, Blogger_innen und Menschenrechtler_innen sind weiterhin politischen Repressionen, Repressalien und Einschüchterungen ausgesetzt.

Im Juni 2016 wurden die politischen Aktivist_innen Roy Ngerng und Teo Soh Lung im Zusammenhang mit Facebook-Postings stundenlang verhört. Außerdem wurden ihre persönlichen elektronischen Geräte beschlagnahmt. Sie hatten am "Ruhetag" vor einer Nachwahl, an dem jegliche Wahlkampfaktivitäten verboten sind, Beiträge gepostet. Amnesty International geht davon aus, dass diese Untersuchungen politisch motiviert sein könnten, da andere Politiker_innen, die in der Vergangenheit wegen ähnlicher Verstöße angezeigt wurden, nicht das gleiche Ausmaß an Untersuchungen über sich ergehen lassen mussten.

Im gleichen Monat wurde die Bloggerin und Aktivistin Han Hui Hui der illegalen Versammlung und Störung der öffentlichen Ordnung für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe von 3.100 Singapur-Dollar (etwa 2.000 Euro) verurteilt. Grund dafür war das Organisieren eines friedlichen Protests, der am 27. September 2014 im Hong-Lim-Park stattfand. Dies ist der einzige Ort, an dem Singapurer_innen die Möglichkeit haben, sich ohne polizeiliche Genehmigung zu versammeln und zu demonstrieren. Low Wai Choo und Koh Yew Beng, zwei weitere Aktivist_innen, wurden ebenfalls der illegalen Versammlung für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe von je 335 US-Dollar (etwa 300 Euro) verurteilt.