Schriftsteller zum Tode verurteilt

Demonstration gegen die Todesstrafe in Iran

Demonstration gegen die Todesstrafe in Iran

Der gewaltlose politische Gefangene Arzhang Davoodi, der sich seit elf Jahren im Gefängnis befindet, ist nun zum Tode verurteilt worden. Die neue gegen den Schriftsteller erhobene Anklage lautet auf "Feindschaft zu Gott" und steht im Zusammenhang mit seinem friedlichen politischen Engagement und seinen Veröffentlichungen.

Appell an

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street – End of Shahid Keshvar Doust Street
Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: @khamenei_ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
[c/o] Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection
Tehran, IRAN
Betreff: FAO Ayatollah Sadegh Larijani
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street, Pasteur Square
Tehran
IRAN
E-Mail: media@rouhani.ir
Twitter: @HassanRouhani (Englisch) und
@Rouhani_ir (Persisch)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. September 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stellen Sie sicher, dass das gegen Arzhang Davoodi verhängte Todesurteil aufgehoben wird.

  • Sorgen Sie bitte zudem dafür, dass Arzhang Davoodi sofort und bedingungslos freigelassen wird, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung in Haft gehalten wird.

  • Ich möchte Sie hiermit daran erinnern, dass die Todesstrafe laut den Bestimmungen des Völkerrechts nur für "schlimmste Verbrechen", also "vorsätzliche Verbrechen mit Todesfolge", verhängt werden darf und die Gerichtsverfahren den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen müssen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Iranian authorities to overturn Arzhang Davoodi's death sentence.

  • Calling on them to release Arzhang Davoodi immediately and unconditionally, as he is a prisoner of conscience, held solely for the peaceful exercise of his right to freedom of expression.

  • Reminding them that under international law, the death penalty can be imposed only for "the most serious crimes", interpreted as "intentional killing" and after proceedings that comply with the most rigorous internationally recognized standards for fair trial.

Sachlage

Arzhang Davoodi erfuhr am 20. Juli von seinem Anwalt, dass er wegen der vermeintlichen Mitgliedschaft und Unterstützung der iranischen Oppositionsgruppe der Volksmudschaheddin (People's Mojahedin Organization of Iran – PMOI) zum Tode verurteilt worden sei. Das Todesurteil wurde verhängt, obwohl die Beweise gegen den Schriftsteller offenbar nicht ausreichten. Zudem war das gesamte Verfahren in höchstem Maße unfair. Er hatte weniger als drei Stunden Zeit, um am 3. Juni seine Verteidigung vor einem Revolutionsgericht in der Stadt Bandar Abbas vorzutragen. Dann wurde der Fall an ein Revolutionsgericht in Karaj weitergeleitet, das nun das Todesurteil verhängte. Weder Arzhang Davoodi noch sein Anwalt durften vor dem Gericht anwesend sein, als das Urteil verkündet wurde.

Arzhang Davoodi war 2003 festgenommen und über lange Zeiträume in Einzelhaft gehalten worden. Während dieser Zeiten wurde er seinen Angaben zufolge gefoltert und auf andere Weise misshandelt und hatte weder Kontakt zu seiner Familie noch zu seinem Anwalt. Er wurde im März 2005 zu 25 Jahren Haft verurteilt, die im Berufungsverfahren auf zehn Jahre reduziert wurden. Die Anklagen lauteten auf "Verbreitung von Propaganda gegen das System" und "Gründung und Leitung einer regierungsfeindlichen Organisation". Grundlage für die Anklagen waren seine friedlichen Aktivitäten, darunter die Leitung eines Kultur- und Bildungszentrums. Im Mai 2014 wurde er zu weiteren zwei Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem er für schuldig befunden worden war, den "Religionsführer beleidigt" zu haben. Dieses Urteil liegt derzeit einem Berufungsgericht zur Überprüfung vor.

Arzhang Davoodi ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der inhaftiert und nun zum Tode verurteilt wurde, weil er mit friedlichen Mitteln sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat. Er hat keine Verbindungen zur PMOI oder einer bewaffneten Oppositionsgruppe. Amnesty International geht davon aus, dass er beschuldigt wurde, Verbindungen zur PMOI zu haben, weil er im Gefängnis darauf bestand, dass für die PMOI der offizielle Name "Mojahedin" benutzt wird, und nicht der Name, den die iranischen Behörden verwenden, "Monafeghin" (Heuchler).

Hintergrundinformation

Hintergrund

Arzhang Davoodi wurde am 9. November 2003 von Angehörigen des Geheimdienstministeriums festgenommen und zehn Tage lang an einem unbekannten Ort festgehalten. Während dieser Zeit soll er gefoltert und auf andere Weise misshandelt worden sein. Später wurde er ins Evin-Gefängnis in Teheran überstellt, wo man ihn 109 Tage in Einzelhaft hielt. Er hatte weder Kontakt zu seiner Familie noch zu einem Rechtsbeistand. Auch während dieser Zeit wurde er Berichten zufolge gefoltert und anderweitig misshandelt. Im März 2005 verurteilte ihn ein Revolutionsgericht zu 25 Jahren Haft. Er wurde wegen vage formulierter Anklagen verurteilt, die im Zusammenhang mit seiner Wahrnehmung der Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit standen, darunter die Leitung des Kultur- und Bildungszentrum Parto-e Hekmat und seine Mitwirkung an dem Dokumentarfilm "Forbidden Iran", in dem er über Menschenrechtsverletzungen im Iran sprach. Ein weiterer Anklagepunkt betraf seine schriftlichen Ausführungen zu einem säkularen Regierungssystem in Iran. Die gegen den Arzhang Davoodi verhängte Haftstrafe wurde später auf zehn Jahre reduziert, die er im September 2013 verbüßt hatte.

Amnesty International setzt sich seit der Festnahme von Arzhang Davoodi mit Urgent Actions und Briefen gegen das Vergessen für ihn ein, darunter UA-249/2012.

Während seiner bislang elfjährigen Haft wurde Arzhang Davoodi seinen Angaben zufolge häufig gefoltert und auf andere Weise misshandelt. Unter anderem wurden ihm Zähne ausgeschlagen, und er hat Verletzungen am Auge, am Trommelfell, Schulter und Knie davongetragen. Er ist zudem mehrfach zwischen Gefängnissen hin- und hertransportiert worden, zwischen mehreren Gefängnissen in Teheran und dem Zentralgefängnis von Bandar Abbas, das weit von den Wohnorten seiner Familie entfernt liegt. Zudem hielt man ihn über lange Zeiträume in Einzelhaft. Er befindet sich derzeit im Zentralgefängnis von Bandar Abbas, wo er zusammen mit verurteilten Straftätern inhaftiert ist. Die Haftbedingungen sind extrem schlecht, das Essen ist nicht ausreichend und von schlechter Qualität, die sanitären Einrichtungen, Schlafgelegenheiten und der Zugang zu Hygieneartikeln sind mangelhaft.

Paragraf 287 des neuen Islamischen Strafgesetzbuchs, das im Mai 2013 in Kraft trat, sieht vor, dass Personen nur dann wegen "Feindschaft zu Gott" zum Tode verurteilt werden können, wenn sie selbst zu Waffengewalt greifen. Allein die Mitgliedschaft oder die Unterstützung einer Gruppe, die mit Waffengewalt gegen die Regierung vorgeht, ist keine Grundlage für ein Todesurteil wegen "Feindschaft zu Gott" mehr. Laut Artikel 15(1) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und den Garantien zum Schutz der Rechte von Personen, denen die Todesstrafe droht, ist das mildere Gesetz anzuwenden, wenn "nach Begehung einer strafbaren Handlung durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt" wird.

Die Abteilung 15 des Revolutionsgerichts von Teheran entschied im November 2012, dass die neue Anklage "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) gegen Arzhang Davoodi nicht in den Zuständigkeitsbereich des Gerichts falle – offenbar aus Mangel an Beweisen gegen den Angeklagten. Das Geheimdienstministerium soll später aber dafür gesorgt haben, dass der Fall an die Abteilung 1 des Revolutionsgerichts von Karaj verwiesen wurde, welches das Verfahren dann an das Revolutionsgericht in Bandar Abbas verwies. Nach der Anhörung am 3. Juni 2014 leitete das Revolutionsgericht von Bandar Abbas die Erklärung der Verteidigung an das Revolutionsgericht Karaj weiter. Arzhang Davoodi durfte seinen Anwalt erst wenige Tage vor dem Beginn des Gerichtsverfahrens in Bandar Abbas bitten, an der Anhörung teilzunehmen. Er konnte vor dem Verfahren auch nicht mit seinem Anwalt sprechen, sondern sah ihn zum ersten Mal im Gerichtssaal. Das Revolutionsgericht in Karaj verurteilte Arzhang Davoodi zum Tode, ohne dass er oder sein Anwalt an dem Verfahren teilnehmen durften. Im Mai 2014 war er zu weiteren zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden, nachdem er für schuldig befunden worden war, den "Religionsführer beleidigt" zu haben. Die Anklage bezog sich offenbar auf einen Satz, den er auf die Wand des Waschraums im Gefängnis geschrieben hatte, in dem er Unrecht und Ungleichheit unter der Herrschaft von Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei kritisierte. Arzhang Davoodi hat gegen dieses Urteil Rechtsmittel eingelegt.