Demonstration gewaltsam aufgelöst

Eine spontane Protestveranstaltung von Angehörigen der ethnischen und religiösen Minderheit der Ede in der Region Zentrales Hochland in Vietnam wurde am 14. Juli unter Anwendung von Gewalt aufgelöst. Dabei wurden etwa 20 Demonstrierende verletzt. Mindestens sieben sind festgenommen worden und befinden sich ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Sie werden möglicherweise gefoltert und anderweitig misshandelt.

Appell an

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Minister of Public Security To Lam
44 Yet Kieu Street, Hoan Kiem district

Ha Noi, VIETNAM
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
E-Mail: über die Website: http://www.mps.gov.vn/web/guest/contact_english

STÄNDIGES BÜRO FÜR MENSCHENRECHTE
Dr. Nguyễn Thanh Sơn, Director General
6 Chua Mot Cot St., Ba Dinh District
Ha Noi, VIETNAM
(Anrede: Dear Director General / Sehr geehrter Herr Generaldirektor)
Fax: (00 84) 4 373 471 81
E-Mail: pplan76@yahoo.com

VORSITZENDER DES PROVINZRATS IN ĐẮK LẮK
Y Bier Nie, Chairman of the Provincial People’s Council of Đắk Lắk
8 Mai Hac De Street
Buôn Ma Thuột, Đắk Lắk province
VIETNAM
(Anrede: Dear Chairman / Sehr geehrter Herr Vorsitzender)
Fax: (00 84) 8 050557

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER SOZIALISTISCHEN REPUBLIK VIETNAM
S. E. Herr Xuan Hung Doan
Elsenstraße 3
12435 Berlin
Fax: 030-5363 0200
E-Mail: sqvnberlin@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Vietnamesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 2. September 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, Demonstrationen der Ede nicht länger zu unterdrücken und die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit umfassend zu respektieren, was auch Aktivitäten im Internet beinhaltet.

  • Lassen Sie bitte alle Personen sofort und bedingungslos frei, die wegen der Wahrnehmung ihres Rechts auf Versammlungsfreiheit festgenommen wurden. Diejenigen, die einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden, müssen Zugang zu ihren Familien, Rechtsbeiständen ihrer Wahl und jeglicher erforderlichen medizinischen Versorgung erhalten, wie es internationale Standards vorsehen.

  • Bitte hören Sie sofort damit auf, angestammtes Land der Gemeinschaft der Ede zu roden und stellen Sie sicher, dass im Zusammenhang mit jeglichen Plänen und Entwicklungsvorhaben für das Land der Gemeinschaft die freiwillige, vorherige und informierte Zustimmung der Ede eingeholt wird, wie es internationale Standards vorschreiben.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Demanding the end of the suppression of demonstrations by Ede villagers and full respect for the right to freedom of peaceful assembly and expression, including online.

  • Calling for the immediate and unconditional release of all individuals arrested for exercising their right to peaceful assembly, and for access of individuals arrested and charged with recognized criminal offences to their family and lawyers of their choosing in line with international standards and any medical treatment they may require.

  • Calling on the authorities to immediately stop clearing of ancestral land belonging to the Ede people, and ensure free prior and informed consent in relation to any planning or development of the land in line with international standards.

Sachlage

Am 14. Juli wurde ein großer Polizeieinsatz gestartet, um im Dorf Ea Enao in der Provinz Đắk Lắk die Feldfrüchte auf einem etwa 100 Hektar großen Gebiet zu beseitigen, die von der örtlichen Gemeinschaft gepflanzt worden waren. Wahrscheinlich stand dieses Vorgehen mit einem erwarteten Verkauf des betroffenen Landstücks an ein Unternehmen in Verbindung. Bei dem Land handelt es sich um das angestammte Land der in Ea Enao wohnenden Angehörigen der ethnischen und religiösen Minderheit der Ede. Die Dorfbewohner_innen reagierten mit einer spontanen Demonstration, an der etwa 400 Personen teilnahmen. Der Protest wurde jedoch sehr schnell und unter Einsatz von Gewalt von einer großen Anzahl von Polizist_innen aufgelöst. Berichten zufolge waren die Demonstrierenden in der Unterzahl.

Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge wurden Dutzende Demonstrierende bei der Auflösung des Protests geschlagen. Einer schwangeren Frau sollen Elektroschocks versetzt worden sein. Mehr als 20 Dorfbewohner_innen benötigten aufgrund von Verletzungen medizinische Behandlung, wurden jedoch von den örtlichen Krankenhäusern und Behandlungszentren zurückgewiesen. Mindestens sieben Demonstrierende wurden festgenommen und werden derzeit an einem unbekannten Ort ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Amnesty International konnte die Namen von fünf der Festgenommenen bestätigen: H Nuen Adrong, Y Pina Nie, Y Som Hwing, Y Tluk Hwing und Y Nai Nie.

Es befinden sich noch immer zahlreiche Polizist_innen in der näheren Umgebung des Dorfes. In der nahegelegenen Stadt Buôn Ma Thuột ist Militär stationiert. Amnesty International hat Informationen erhalten, denen zufolge die Polizei Personen zum Verhör vorgeladen hat, die Informationen und Bilder im Zusammenhang mit der Demonstration über Facebook geteilt hatten. Personen, die die sozialen Medien für derartige Zwecke genutzt haben, drohen Geldstrafen von zwischen fünf und zehn Millionen Dong (ca. 200 – 400 Euro).

Hintergrundinformation

Hintergrund

Bei den Ede handelt es sich um eine ethnische und religiöse Minderheit in Vietnam, die dem Christentum angehört. Die meisten der Ede leben in der Region Zentrales Hochland in den Provinzen Đắk Lắk und Gia Lai. Ethnische und religiöse Minderheiten in der Region Zentrales Hochland werden von den Behörden verfolgt. Es gibt immer wieder Berichte über groß angelegte Landwegnahmen, die jedoch schwer zu bestätigen sind, da die Freizügigkeit und die Meinungsfreiheit in den betreffenden Gebieten tiefgreifenden Einschränkungen unterworfen sind. Die Religionsausübung von Minderheiten wird streng beobachtet und kontrolliert. Ethnische Minderheiten haben häufig Schwierigkeiten bei der Registrierung und Einholung von Genehmigungen von religiösen Aktivitäten, auch dann, wenn sie einer offiziell anerkannten Konfession angehören.

Ein aktueller Bericht von Amnesty International behandelt die Folterung und anderweitige Misshandlung von gewaltlosen politischen Gefangenen in Vietnam. Im Zusammengang mit gewaltlosen politischen Gefangenen, die ethnischen Minderheiten wie den Ede angehören, hat Amnesty International in dem Bericht Fälle des Verschwindenlassens sowie lang andauernde Inhaftierungen ohne Kontakt zur Außenwelt und in Einzelhaft dokumentiert. Darüber hinaus zeigt der Bericht Fälle auf, in denen die Betroffenen mehrere Monate lang täglich gefoltert wurden. Unter anderem schlug man sie so brutal, dass sie das Bewusstsein verloren. Der Bericht legt dar, dass die Behandlung der Gefangenen häufig während der Zeit direkt nach der Festnahme am schlimmsten ist. Grund dafür ist, dass die Behörden die Gefangenen zwingen wollen, ein "Geständnis" abzulegen, um so möglichst einen Schuldspruch im Verfahren zu erzielen. Den englischsprachigen Bericht Prisons within prisons: Torture and ill-treatment of Prisoners of Conscience in Viet Nam finden Sie unter: https://www.amnesty.org/en/documents/asa41/4187/2016/en/.