Drohende Hinrichtung

Ergebnis dieser Urgent Action

Der Mexikaner Humberto Leal García wurde am 7. Juli im US-Bundesstaat Texas hingerichtet. Seine Hinrichtung verstieß gegen das Völkerrecht und lief einem rechtskräftigen Urteil des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zuwider. Im Vorfeld hatten sich zahlreiche AkteurInnen der US-Regierung und der mexikanischen Regierung sowie UN-Angehörige gegen die Hinrichtung ausgesprochen.

Der Mexikaner Humberto Leal García soll am 7. Juli im US-Bundesstaat Texas hingerichtet werden. Nach seiner Festnahme waren ihm seine konsularischen Rechte verwehrt worden. Die Hinrichtung des Mexikaners würde gegen das Völkerrecht verstoßen und einem rechtskräftigen Urteil des Internationalen Gerichtshofs zuwiderlaufen.

Appell an

BEGNADIGUNGSAUSSCHUSS
Clemency Section, Texas Board of Pardons and Paroles, 8610 Shoal Creek Boulevard
Austin, TX 78757-6814, USA
(korrekte Anrede: Dear Board Members / Sehr geehrte Mitglieder des Begnadigungsausschusses)
Fax: (00 1) 512 467 0945
E-Mail: bpp-pio@tdcj.state.tx.us

GOUVERNEUR VON TEXAS
Governor Rick Perry, Office of the Governor
P.O. Box 12428, Austin, Texas 78711-2428, USA
(korrekte Anrede: Dear Governor / Sehr geehrter Herr Gouverneur)
Fax: (00 1) 512 463 1849

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA
S.E. Herrn Philip D. Murphy
Pariser Platz 2, 10117 Berlin
Fax: 030-83 05 10 50
E-Mail: über
http://germany.usembassy.de/email/feedback.htm

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle sofort, so dass sie noch vor dem 7. Juli 2011 eintreffen. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Geben Sie Ihrer Bestürzung darüber Ausdruck, dass der US-Bundesstaat Texas unter grober Missachtung eines die USA rechtlich bindenden Urteils des Internationalen Gerichtshofs die Hinrichtung von Humberto Leal García plant.

  • Weisen Sie darauf hin, dass Humberto Leal García nicht über sein Recht auf konsularischen Beistand aufgeklärt worden ist und die Qualität seiner Verteidigung während des Gerichtsverfahrens schwere Bedenken ausgelöst hat.

  • Fordern Sie die Behörden auf, das Todesurteil gegen Humberto Leal García umzuwandeln oder den Vollzug der Strafe solange auszusetzen, bis der Kongress über einen Gesetzentwurf zur Umsetzung des Urteils des Internationalen Gerichtshofs aus dem Jahr 2004 entschieden hat.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Express concern that Texas is set to carry out the execution of Humberto Leal García in flagrant denial of an order of the International Court of Justice (ICJ) that is legally binding on the USA;

  • Note that Humberto Leal was never advised of his right to seek consular assistance and that serious questions have been raised about the quality of his legal defence at trial;

  • Call for Humberto Leal Garcia’s death sentence to be commuted, or at minimum that a reprieve be granted pending passage in Congress of legislation to implement the ICJ judgment of 2004..

Sachlage

Humberto Leal García war 1995 wegen des Mordes an der 16-jährigen Adria Sauceda zum Tode verurteilt worden. Die Tat war am 21. Mai 1994 in San Antonio im Bundesstaat Texas verübt worden. Damals war der heute 38-jährige Mexikaner 21 Jahre alt. Nach Artikel 36 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen hätte Humberto Leal García "unverzüglich" zu der diplomatischen Vertretung Mexikos in den USA Kontakt aufnehmen können. Über dieses ihm zustehende Recht hatte man ihn jedoch zu keinem Zeitpunkt aufgeklärt, weder bei der Anklageerhebung noch während des laufenden Verfahrens noch bei der Verkündung des Todesurteils. Dabei kann gerade in einem Justizsystem, in dem die Todesstrafe Anwendung findet, rechtzeitiger konsularischer Beistand ein Kriterium dafür sein, dass Standards der Fairness eingehalten werden. Dies gilt umso mehr, wenn eines Kapitalverbrechens Angeklagte nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um einen eigenen Rechtsbeistand mit der Vertretung ihrer Interessen zu beauftragen, da die Qualität der PflichtverteidigerInnen oft sehr mangelhaft ist. Die mexikanische Regierung hat betont, sie hätte, wenn sie informiert worden wäre, die Verteidigung von Humberto Leal García unterstützt, Gelder für versierte ErmittlerInnen und PsychologInnen bereitgestellt sowie die notwendigen Maßnahmen ergreifen können, um für Humberto Leal qualifizierten Rechtsbeistand zu verpflichten. Da Humberto Leal jedoch keine konsularische Hilfe in Anspruch nehmen konnte, wurden ihm RechtsanwältInnen zur Seite gestellt, die über keine Erfahrungen im Umgang mit der Strafjustiz verfügten. An der Qualität ihrer Verteidigung wurden ernsthafte Zweifel geäußert.

Der Internationale Gerichtshof (International Court of Justice) ist vor mehr als sieben Jahren zu der Einschätzung gelangt, dass die USA im Fall von Humberto Leal und weiteren 50 in den USA zum Tode verurteilten mexikanischen Männern gegen Artikel 36 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen verstoßen haben. Der Gerichtshof wies die USA an, Schuldspruch und Strafen nach juristischen Kriterien daraufhin "zu überprüfen und erneut zu beraten", ob bei der Verteidigung der Angeklagten gegen das Wiener Übereinkommen verstoßen worden ist. Nachdem im Jahr 2008 einer der Männer in Texas hingerichtet worden war, wandte sich Mexiko ein weiteres Mal an den Internationalen Gerichtshof. Die dortigen RichterInnen bekräftigten 2009 das ursprüngliche Urteil als "in jeder Hinsicht korrekt". Sie bekräftigten unter anderem, dass Humberto Leal nicht vor Abschluss der Überprüfung und erneuten Beratung seines Falles hingerichtet werden darf. Die US-Behörden wurden in die Pflicht genommen, das Urteil "vorbehaltlos umzusetzen". Anderenfalls, so die RichterInnen, würden sie "gegen das Völkerrecht verstoßen". Innerstaatliche Rechtsvorschriften seien kein Hinderungsgrund, vielmehr müssten die USA "zügig" einen "effektiven Weg finden, um dem Urteil Rechung zu tragen".

Am 14. Juni brachte Senator Patrick Leahy im US-Kongress einen Gesetzesentwurf ein, um die Umsetzung des Urteils des Internationalen Gerichtshofs herbeizuführen und die Einhaltung von Artikel 36 des Wiener Übereinkommens zu gewährleisten. Dessen ungeachtet droht Humberto Leal nach wie vor die Hinrichtung, ohne dass die vom Internationalen Gerichtshof angeordnete umfassende Überprüfung von Schuldspruch und Strafmaß stattgefunden hat.

[EMPFOHLENE AKTIONEN]

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  • Geben Sie Ihrer Bestürzung darüber Ausdruck, dass der US-Bundesstaat Texas unter grober Missachtung eines die USA rechtlich bindenden Urteils des Internationalen Gerichtshofs die Hinrichtung von Humberto Leal García plant.

  • Weisen Sie darauf hin, dass Humberto Leal García nicht über sein Recht auf konsularischen Beistand aufgeklärt worden ist und die Qualität seiner Verteidigung während des Gerichtsverfahrens schwere Bedenken ausgelöst hat.

  • Fordern Sie die Behörden auf, das Todesurteil gegen Humberto Leal García umzuwandeln oder den Vollzug der Strafe solange auszusetzen, bis der Kongress über einen Gesetzentwurf zur Umsetzung des Urteils des Internationalen Gerichtshofs aus dem Jahr 2004 entschieden hat.

[APPELLE AN]

BEGNADIGUNGSAUSSCHUSS
Clemency Section, Texas Board of Pardons and Paroles, 8610 Shoal Creek Boulevard
Austin, TX 78757-6814, USA
(korrekte Anrede: Dear Board Members / Sehr geehrte Mitglieder des Begnadigungsausschusses)
Fax: (00 1) 512 467 0945
E-Mail: bpp-pio@tdcj.state.tx.us

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Governor Rick Perry, Office of the Governor
P.O. Box 12428, Austin, Texas 78711-2428, USA
(korrekte Anrede: Dear Governor / Sehr geehrter Herr Gouverneur)
Fax: (00 1) 512 463 1849

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S.E. Herrn Philip D. Murphy
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Fax: 030-83 05 10 50
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Bitte schreiben Sie Ihre Appelle sofort, so dass sie noch vor dem 7. Juli 2011 eintreffen. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch.

[HINTERGRUNDINFORMATIONEN ]

Der 1945 ins Leben gerufene Internationale Gerichtshof ist das wichtigste Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen. Seine Aufgabe besteht unter anderem darin, von Regierungen an ihn herangetragene Rechtsstreitigkeiten unter Maßgabe des Völkerrechts beizulegen. Mexiko hat den Gerichtshof im Jahr 2003 in einem Streit mit den USA angerufen. Das Urteil des Gerichts im daraufhin angestrengten Verfahren Avena und andere mexikanische Staatsbürger erging am 31. März 2004. Die US-Regierung hat das Urteil bis heute nicht umgesetzt, obwohl sie dazu verpflichtet ist und diese Verpflichtung auch explizit anerkennt.

Am 28. Februar 2005 reagierte der damalige US-Präsident George W. Bush auf das Urteil des Internationalen Gerichtshofs, indem er darauf hinzuwirken versuchte, dass in allen von dem Richterspruch betroffenen Fällen die Gerichte der Bundesstaaten die notwendigen "Überprüfungen und nochmaligen Beratungen" vornehmen. Das texanische Berufungsgericht in Strafsachen vertrat zu einem späteren Zeitpunkt die Auffassung, dem Präsidenten habe die verfassungsrechtliche Befugnis für ein solches Vorgehen gefehlt.

Das Urteil im Fall Avena sei vor innerstaatlichen Gerichten nicht durchsetzbar. Daraufhin gelangte der Fall zu weiteren Beratungen an den Obersten Gerichtshof der USA. VertreterInnen des Bundesstaates Texas machten geltend, Präsident Bush habe seine Befugnisse überschritten. Zugleich räumten sie jedoch ein: "Die völkerrechtliche Verpflichtungen der USA gegenüber Avena sind unbestritten". In einem späteren Urteil vom 25. März 2008 im Verfahren Medellin gegen Texas vertrat der Oberste Gerichtshof einstimmig die Auffassung, der Fall Avena begründe "eine völkerrechtliche Verpflichtung der Vereinigten Staaten". Ebenso einstimmig befand das Gericht, die dargelegten Gründe für eine innerstaatliche Umsetzung des Urteils des Internationalen Gerichtshofs seien "rundum überzeugend". Dadurch würden "das Interesse der Vereinigten Staaten an einer gegenseitigen Beachtung des Wiener Übereinkommens gestärkt, die Beziehungen zu ausländischen Regierungen geschützt und die Rolle des Völkerrechts explizit anerkannt". Mit einer Mehrheit von sechs zu drei Stimmen erklärte der Gerichtshof, seine Entscheidungen seien "nicht automatisch verbindliches innerstaatliches Recht. Die Befugnis zur Umsetzung des Richterspruchs liege nicht beim US-Präsidenten, sondern beim Kongress. (weitere Informationen auf Englisch finden sie unter http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR51/025/2008/en).

Der Begnadigungsausschuss von Texas ist jüngst in einem Gnadengesuch gebeten worden, Gouverneur Perry die Umwandlung des gegen Humberto Leal verhängten Todesurteils zu empfehlen. Zumindest, so das Gesuch, müsse ein Hinrichtungsaufschub von wenigstens 180 Tagen gewährt werden, um dem Kongress ausreichend Zeit zu geben, Gesetze zu verabschieden, die dem Urteil im Fall Avena Rechnung tragen. Das Gesuch wird von mehreren im Ruhestand befindlichen US-Militärs, früheren US-amerikanischen DiplomatInnen und MitarbeiterInnen des Außenministeriums, ehemaligen StaatsanwältInnen und einstigen RichterInnen an Gerichten des Bundes und der Einzelstaaten unterstützt. In dem Gesuch wird betont, wie wichtig es ist, dass die USA ihren konsularischen Verpflichtungen nachkommen.

Das Gnadengesuch enthält ferner gewichtige Hinweise dafür, dass die PflichtverteidigerInnen von Humberto Leal ihren Mandanten nicht angemessen vertreten haben. In der Phase des Prozesses, in der über die Schuld von Humberto Leal zu befinden war, riefen sie nur einen einzigen Zeugen in den Zeugenstand. Die Verlässlichkeit bestimmter Indizien wurde von ihnen ebenso wenig in Frage gestellt wie die irreführende Aussage eines Gutachters oder ein unzuverlässiger Nachweis von Blutspuren im Fahrzeug von Humberto Leal. In dem Gnadengesuch wurde außerdem darauf verwiesen, dass die Gerichte Humberto Leal keinen Zugang zu biologischem Datenmaterial eingeräumt haben, um es modernen Testverfahren unterziehen zu lassen. Auf diese Weise, so seine VerteidigerInnen, hätten Beweise für seine Unschuld zu tage gefördert werden können.

Das Gnadengesuch verweist darüber hinaus auf erst jüngst bekannt gewordene strafmildernde Umstände, die den Geschworenen seinerzeit nicht präsentiert worden waren. So war Humberto Leal im Alter von zehn Jahren vom damaligen Gemeindepfarrer sexuell missbraucht worden. Zudem leidet er aufgrund von Kopfverletzungen, die ihm in der Kindheit zugefügt worden und unbehandelt geblieben waren, an einer Hirnschädigung. Die Phase des Prozesses im Jahr 1995, in der über das Strafmaß gegen Humberto Leal beraten wurde, dauerte nur knapp einen Tag. Um ein Todesurteil erwirken zu können, musste die Anklagevertretung die Geschworenen davon überzeugen, dass Humberto Leal wahrscheinlich selbst im Gefängnis weitere Gewalttaten begehen würde, falls man ihn am Leben ließe (in den 16 Jahren seines Aufenthalts im Todestrakt ist Humberto Leal allem Anschein nach nicht ein einziges Mal an Gewalthandlungen beteiligt gewesen). Die Staatsanwaltschaft führte den Vorwurf ins Feld, Humberto Leal habe zwei Wochen vor dem Mord an Adria Sauceda ein anderes 16 Jahre altes Mädchen sexuell missbraucht.

Wegen dieses angeblich von ihm verübten Verbrechens ist er niemals angeklagt oder vor Gericht gestellt worden. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission gelangte 2009 zu dem Schluss, Humberto Leal sei in seinem Recht auf ein faires Gerichtsverfahren verletzt worden. Er sei zum einen anwaltlich nicht kompetent vertreten worden. Zum anderen habe die Anklagebehörde in der Phase der Festsetzung des Strafmaßes Beweise für ein Verbrechen vorgelegt, für das Humberto Leal weder angeklagt noch vor Gericht gestellt noch schuldig gesprochen worden sei. Die Menschenrechtskommission vertrat die Auffassung, die Vollstreckung des Todesurteils gegen Humberto Leal würde eine "vorsätzliche und unerhörte" Verletzung des in der Amerikanischen Erklärung der Menschenrechte und -pflichten verankerten Rechts auf Leben darstellen.

Amnesty International wendet sich ungeachtet der Schwere eines Verbrechens oder der Art der Hinrichtung vorbehaltlos und ohne Ausnahme gegen die Todesstrafe. In den USA sind seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen im Jahr 1977 1254 Todesurteile vollstreckt worden, davon allein 468 in Texas. Von den 20 im laufenden Jahr in den USA durchgeführten Hinrichtungen haben vier in Texas stattgefunden.

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  • Express concern that Texas is set to carry out the execution of Humberto Leal García in flagrant denial of an order of the International Court of Justice (ICJ) that is legally binding on the USA;

  • Note that Humberto Leal was never advised of his right to seek consular assistance and that serious questions have been raised about the quality of his legal defence at trial;

  • Call for Humberto Leal Garcia’s death sentence to be commuted, or at minimum that a reprieve be granted pending passage in Congress of legislation to implement the ICJ judgment of 2004..