Menschenrechtlern droht Todesurteil

Gegen den Menschenrechtsanwalt Le Cong Dinh ist Anklage erhoben worden. Er soll versucht haben, "die Regierung zu stürzen". Falls er für schuldig befunden wird, droht ihm die Todesstrafe. Neben Le Cong Dinh wurden noch zwei weitere Menschenrechtsanwälte der selben Straftat angeklagt.

Appell an

PREMIERMINISTER
Nguyen Tan Dung, Government Office
1 Hoang Hoa Tham St.
Ba Dinh district
Ha Noi
VIETNAM
(korrekte Anrede: Dear Prime Minister)
Fax: (00 84) 4 3804 4130
E-Mail: vpcp@chinhphu.vn

AUSSENMINISTER
Pham Gia Khiem, Ministry of Foreign Affairs
1 Ton That Dam Street
Ba Dinh district
Ha Noi.
VIETNAM
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 84) 4 3823 1872
E-Mail: bc.mfa@mofa.gov.vn

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER SOZIALISTISCHEN REPUBLIK VIETNAM
Herr Minh Vu Nguyen
Elsenstraße 3
12435 Berlin
Fax: 030-5363 0200
E-Mail: sqvnberlin@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Vietnamesisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. Februar 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Bringen Sie Ihre Sorge darüber zum Ausdruck, dass die Menschenrechtsverteidiger Le Cong Dinh, Nguyen Tien Trung und Tran Anh Kim allein aufgrund der Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Paragraph 79 des Strafgesetzbuchs unter Anklage gestellt worden sind, besonders da für Verstöße gegen Paragraph 79 die Todesstrafe verhängt werden kann.

  • Fordern Sie die Behörden auf, die drei Männer umgehend und bedingungslos freizulassen und die Anklagen gegen sie fallen zu lassen.

  • Dringen Sie darauf, dass sie unverzüglich Zugang zu Anwälten ihrer Wahl, ihren Familien und notwendiger medizinischer Versorgung erhalten.

  • Fordern Sie, dass die Paragraphen des Strafgesetzbuches von 1999 abgeschafft oder geändert werden, die friedlichen politischen Dissenz kriminalisieren.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing concern that prisoners of conscience Le Cong Dinh, Nguyen Tien Trung and Tran Anh Kim have been charged under Article 79 of the Penal Code, which can carry the death penalty, solely for the peaceful exercise of their right to freedom of expression;

  • Calling on the authorities to release them immediately and unconditionally, and drop all charges against them;

  • Calling on the authorities to ensure that they are allowed access to their families, and lawyers, and are provided with any medical attention they may require;

  • Calling on the authorities to either repeal or amend provisions in the 1999 Penal Code which criminalize peaceful political dissent.

Sachlage

Le Cong Dinh wurde am 13. Juni 2009 in seiner Kanzlei in Ho Chi Minh-Stadt festgenommen. Er befindet sich seither in Untersuchungshaft. Zu Anfang wurde er wegen "Propaganda gegen den Staat" angeklagt. Die Behörden haben ihn nun jedoch nach Paragraph 79 des Strafgesetzbuchs wegen der schwerwiegenderen Straftat "Ausübung von Aktivitäten, die auf den Umsturz der Volksregierung abzielen" unter Anklage gestellt. Das Gerichtsverfahren soll in den nächsten Wochen stattfinden.

Etwa zum selben Zeitpunkt wurden neben Le Cong Dinh vier weitere Personen festgenommen. Mindestens zwei von ihnen, Nguyen Tien Trung und der ehemalige Armeeangehörige Tran Anh Kim, wurden ebenfalls nach Paragraph 79 angeklagt. Amnesty International betrachtet alle drei Männer als gewaltlose politische Gefangene.

Laut einer Pressemitteilung des Außenministeriums vom 26. Juni wirft man Le Cong Dinh Kontakt und Konspiration mit "mehreren vietnamesischen Exilorganisationen und ausländischen Gruppen vor, darunter auch solche, die von der vietnamesischen Regierung als terroristische Gruppen eingestuft wurden". Dabei verfolge er die "Absicht, Aufstände vorzubereiten sowie gesellschaftliche Instabilität und öffentliche Unruhe zu schüren". Sein Ziel sei es, die Regierung Vietnams zu stürzen.

Nach der Festnahme wurde Le Cong Dinh mindestens sechs Wochen lang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. In dieser Zeit gab das Ministerium für öffentliche Sicherheit bei einer Pressekonferenz Einzelheiten aus seinem "Geständnis" bekannt. Sein "Geständnis" und die von Nguyen Tien Trung und Tran Anh Kim wurden später im Fernsehen gezeigt. Es ist nicht bekannt, ob die drei Männer seither uneingeschränkten und regelmäßigen Zugang zu einer anwaltlichen Vertretung ihrer Wahl und ihren Familien hatten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Le Cong Dinh ist ein bekannter Rechtsanwalt und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Anwaltskammer in Ho Chi Min-Stadt. Er unterhält dort eine eigene Kanzlei. Im November 2007 vertrat er die Menschenrechtsanwälte Nguyen Van Dai und Le Thi Cong Nhan bei der gerichtlichen Anhörung ihrer Rechtsmittel. Es handelt sich bei den beiden ebenfalls um bekannte gewaltlose politische Gefangene. Bei der Anhörung argumentierte er, dass Paragraph 88, unter dem die beiden Menschenrechtsanwälte angeklagt wurden, verfassungswidrig sei und gegen internationale, von Vietnam ratifizierte Menschenrechtsabkommen verstieße. Er stehe zum Beispiel in Widerspruch zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) und müsse daher überprüft werden.

Der 26-jährige Nguyen Tien Trung ist IT-Ingenieur, der 60-jährige Tran Anh Kim ist ein ehemaliger Offizier. Ihnen wird, ebenso wie Le Cong Dinh, nachgesagt, dass sie der Demokratischen Partei Vietnams nahe stehen. Dabei handelt es sich um eine exilpolitisch tätige Gruppierung, die für ein demokratisches Mehrparteiensystem eintritt. Le Cong Dinh, Nguyen Tien Trung und Tran Anh Kim haben das Vorgehen der Regierung bei Geschäften und Grenzfragen, die China betreffen, öffentlich kritisiert. So sind sie zum Beispiel gegen den Bauxit-Abbau im zentralen Hochland Vietnams und gegen das Grenzabkommen über die Spratly- und Paracelsus-Inseln im Südchinesischen Meer.

Die vietnamesischen Behörden haben seit 2006 mindestens 30 DissidentInnen, darunter eine Reihe von AnwältInnen, zu langen Haftstrafen verurteilt. Sie versuchen damit, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit zu unterdrücken. Die meisten dieser Verurteilten unterstützen eine demokratische Bewegung im Internet namens Bloc 8406 oder andere verbotene Gruppen, die Demokratie und die Einhaltung der Menschenrechte fordern. Die Mehrheit von ihnen wurde gemäß des Abschnitts über nationale Sicherheit im Strafgesetzbuch von 1999 zu Haftstrafen verurteilt, dazu kommen Verurteilungen von bis zu fünf Jahren Hausarrest nach der Entlassung aus dem Gefängnis. Eine unbekannte Zahl Andersdenkender befindet sich in Haft und wartet auf die Eröffnung ihres Gerichtsverfahren.

Zu den Paragraphen des Strafgesetzbuchs, die friedliche politische DissidentInnen kriminalisieren, gehören Paragraph 80 (Spionage), Paragraph 87 (Untergrabung der Politik der Einheit) und Paragraph 88 (Propaganda gegen die Sozialistische Republik Vietnam).

In Vietnam kann für 21 Straftaten die Todesstrafe verhängt werden, sieben davon fallen unter den Abschnitt über nationale Sicherheit im Strafgesetzbuch von 1999. Statistiken über die Todesstrafe und Angaben zu Hinrichtungen gelten als "Staatsgeheimnis" und werden nicht veröffentlicht. Es gibt also keine offiziellen Angaben über die Anzahl der verhängten und vollstreckten Todesurteile.

Im Mai 2009 wurde Vietnam im Rahmen der universellen regelmäßigen Überprüfung im UN-Menschenrechtsrat (UPR) bewertet. Vietnam lehnte die Empfehlungen anderer Staaten ab, der freien Meinungsäußerung mehr Raum zu geben und die nationalen Sicherheitsgesetze zu reformieren, die unter anderem das Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken. Die Freilassung gewaltloser politischer Gefangener wurde ebenfalls verweigert.