Unmittelbar drohende Hinrichtung

Für eine Welt ohne Todesstrafe

Für eine Welt ohne Todesstrafe

Am 24. Juni hat der Oberste Gerichtshof der Malediven den Schuldspruch und das Todesurteil gegen Hussain Humaam Ahmed bestätigt, obwohl es große Zweifel daran gibt, dass er ein faires Verfahren erhalten hat. Dem 22-Jährigen wird vorgeworfen, im Jahr 2012 den Abgeordneten Afrasheem Ali ermordet zu haben. Sollte das Todesurteil vollstreckt werden, wäre dies die erste Hinrichtung seit 60 Jahren auf den Malediven.

Appell an

STAATSPRÄSIDENT
Abdullah Yameen Gayoom
The President's Office
Boduthakurufaanu Magu
Malé 20113
MALEDIVEN
(Anrede: Dear President / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 960) 332 5500
Twitter: @presidencymv

AUSSENMINISTERIN
H.E. Ms Dunya Moumon

Ministry of Foreign Affairs
Boduthakurufaanu Magu
Male' 20077
MALEDIVEN
(Anrede: Her Excellency / Exzellenz)
E-Mail: admin@foreign.gov.mv

KOPIEN AN
HOCHKOMMISSAR DER MALEDIVEN
Ahmed Shiaan
High Commission of the Republic of Maldives
22 Nottingham Place
London W1U 5NJ
GROSSBRITANNIEN
Fax: (00 44) 207 224 2157
E-Mail: a.shiaan@maldiveshighcommission.org

BOTSCHAFT DER REPUBLIK MALEDIVEN
Embassy of Maldives to Belgium & Mission to the European Union
11 Rond Point Schuman
1040 Brussels
BELGIEN
Fax: (00 32) 2 256 75 69
E-Mail: info@maldivesembassy.be

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Dhivehi, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 10. August 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stoppen Sie alle Pläne zur Wiederaufnahme von Hinrichtungen und erlassen Sie ein offizielles Hinrichtungsmoratorium mit dem Ziel, die Todesstrafe vollständig abzuschaffen.

  • Bitte wandeln Sie das gegen Hussain Humaam Ahmed verhängte und alle weiteren Todesurteile sofort um. Dies betrifft auch die Todesurteile, die gegen zur Tatzeit Minderjährige verhängt wurden, was einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt.

  • Es bereitet mir große Sorge, dass Hussain Humaam Ahmed an einer geistigen Beeinträchtigung leiden soll und er sein "Geständnis" zurückgezogen hat. Bitte überprüfen Sie, ob er ein neues Verfahren erhalten muss, und sorgen Sie dafür, dass dieses den internationalen Standards für faire Verfahren entspricht und dabei die Verhängung der Todesstrafe ausgeschlossen ist.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to immediately halt any plans to resume executions and establish an official moratorium on all executions with a view to abolishing the death penalty.

  • Calling on the Maldivian authorities to immediately commute the death sentences imposed on Hussain Humaam Ahmed and all other prisoners, including those imposed for crimes committed when they were below 18 years of age, against international law.

  • Expressing concerns about Hussain Humaam Ahmed’s retracted statement and mental disability claims and urging the authorities to consider whether he should be given a retrial that fully complies with international law and standards, without resort to the death penalty.

Sachlage

Hussain Humaam Ahmed wurde im Januar 2014 wegen des Mordes an dem Abgeordneten Afrasheem Ali im Jahr 2012 zum Tode verurteilt. Im September 2015 bestätigte das Hohe Gericht sein Todesurteil in einem Rechtsmittelverfahren. Am 24. Juni 2016 hat nun auch der Oberste Gerichtshof der Malediven den Schuldspruch und das Todesurteil gegen Hussain Humaam Ahmed bestätigt. Die Regierung unter Präsident Abdullah Yameen hat angekündigt, alle Todestraktinsassen innerhalb von 30 Tagen nach Bestätigung der Urteile durch den Obersten Gerichthof hinrichten zu lassen. Hussain Humaam Ahmed droht demzufolge unmittelbar die Hinrichtung.

Es gibt ernsthafte Zweifel daran, dass das Verfahren von Hussain Humaam Ahmed den internationalen Standards für faire Verfahren entsprochen hat. Diese Zweifel sind auch Gegenstand eines umfangreichen Berichts der NGO Demokratisches Netzwerk der Malediven. Afrasheem Ali wurde am 1. Oktober 2012 tot in seinem Haus aufgefunden. Einige Stunden später nahm man Hussain Humaam Ahmed fest und warf ihm vor, den Abgeordneten mit einem scharfen Gegenstand getötet zu haben. Während seines Verfahrens zog er ein "Geständnis" zurück und gab an, dieses während der Untersuchungshaft abgelegt zu haben, nachdem die Behörden gedroht hatten, seiner Familie etwas anzutun. Dennoch wurde das "Geständnis" vor Gericht als Beweis gegen ihn zugelassen. Dies stellt einen Verstoß gegen Artikel 14 (3) (g) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte dar, zu dessen Vertragsstaaten die Malediven gehören. In dem Artikel heißt es, dass niemand gezwungen werden darf, gegen sich selbst auszusagen oder sich schuldig zu bekennen. Zudem besagt Artikel 52 der Verfassung der Malediven, dass ausschließlich Aussagen als Beweismittel in einem Verfahren verwendet werden dürfen, die vor Gericht gemacht wurden.

Hussain Humaam Ahmed und seine Familie geben darüber hinaus an, dass er an einer geistigen Beeinträchtigung leidet. Aus diesem Grund hatten sie während des Verfahrens ein unabhängiges psychiatrisches Gutachten zur Beurteilung seiner geistigen Gesundheit gefordert. Nach Kenntnis der Verteidiger_innen von Hussain Humaam Ahmed und seiner Familie ist bisher kein solches Gutachten erstellt worden. Seine Familie gibt zudem an, dass er seine Rechtsbeistände aufgrund seiner geistigen Beeinträchtigung nur bedingt unterstützen könne. Da er während des Verfahrens mehrfach neue Verteidiger_innen erhalten hatte, wirke sich dies direkt auf die Effektivität seiner Verteidigung aus. Das Völkerrecht verbietet die Verhängung der Todesstrafe gegen geistig behinderte Menschen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Sollte Hussain Humaam Ahmed hingerichtet werden, so wäre dies die erste Hinrichtung auf den Malediven seit mehr als 60 Jahren. 2014 unternahm die Regierung erste Schritte, um die Vollstreckung von Todesurteilen wieder aufzunehmen, indem sie Richtlinien erließ, um die Giftspritze als Hinrichtungsmethode festzulegen, und dem Präsidenten die Macht, Begnadigungen auszusprechen, entzog. Der Fall von Hussain Humaam Ahmed verdeutlicht die Bedenken, die Amnesty International und andere Organisationen im Zusammenhang mit der Todesstrafe auf den Malediven dokumentiert haben. Laut Angaben der Strafvollzugsbehörde der Malediven befinden sich derzeit 17 Personen im Todestrakt. Mindestens fünf von ihnen waren zur Zeit der ihnen vorgeworfenen Straftaten minderjährig. Das Völkergewohnheitsrecht und zwei weitere internationale Abkommen, zu deren Vertragsstaaten die Malediven gehören, verbieten die Anwendung der Todesstrafe gegen jugendliche Straftäter_innen.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode. Die Todesstrafe verletzt das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben und stellt die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen dar.

In zwei weiteren Fällen, in denen die Angeklagten wegen Mordes zum Tode verurteilt wurden, wird in Kürze die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Malediven erwartet. Sollten die Urteile bestätigt werden, würden weitere Hinrichtungen drohen. Es ist sehr besorgniserregend, dass Präsident Yameen angegeben hat, es sei zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung erforderlich, die Vollstreckung von Todesurteilen wieder aufzunehmen. Es liegen keine eindeutigen Beweise dafür vor, dass die Todesstrafe Verbrechen wirksamer verhindert als andere Arten der Bestrafung. Die umfangreichste, von der UN durchgeführte Studie, untersuchte einen möglichen Zusammenhang zwischen der Anwendung der Todesstrafe und der Mordrate der betreffenden Länder (E/AC.57/1988/CRP.7) und stellte fest, dass "es keinen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt, dass Hinrichtungen eine abschreckendere Wirkung haben als lebenslange Haftstrafen."

Zuletzt wurde vor mehr als 60 Jahren eine Hinrichtung auf den Malediven durchgeführt. Eine Wiederaufnahme der Vollstreckung der Todesstrafe würde einen großen Rückschritt für die Menschenrechte auf den Malediven bedeuten und einem weltweiten Trend zuwiderlaufen – bis heute haben 140 Länder die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft. Der Großteil der Länder der Welt (103) hat diese Form der Bestrafung vollständig aus ihren Gesetzesbüchern gestrichen. Zuletzt haben in der Region Asien und Pazifik Fidschi (2015) und Nauru (2016) die Todesstrafe abgeschafft. Das Parlament in der Mongolei hat 2015 ein neues Strafgesetzbuch verabschiedet, das im September 2016 in Kraft tritt und die Todesstrafe abschafft.