Gewalt gegen Demonstrierende

In der vergangenen Woche sind in Marokko zahlreiche Demonstrierende von den Sicherheitskräften tätlich angegriffen worden. Der Student Nabil Talha, der am 22. Mai 2011 unter Schlägen festgenommen worden war, befindet sich inzwischen unter Auflagen wieder in Freiheit. Weitere 21 Protestteilnehmer_innen sind hingegen nach wie vor in Tanger inhaftiert. Ihnen drohen Strafverfahren.

Appell an

JUSTIZMINISTER
His Excellency Mohamed Naciri
Ministry of Justice
Place Mamounia
Rabat
MAROKKO
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 212) 537 734 725 oder (00 212) 537 730 772

Sende eine Kopie an

STAATLICHER MENSCHENRECHTSRAT
National Human Rights Council
Idriss Elyazami, President
Place Ach-Chouhada, BP 1341
10 001 Rabat
MAROKKO
(korrekte Anrede: Dear Sir / Sehr geehrter Herr Elyazami)
Fax: (00 212) 537 726 856

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS MAROKKO
S. E. Herrn Mohammed Rachad Bouhlal
Niederwallstraße 39
10117 Berlin
Fax: 030-2061 2420
E-Mail: kontakt@botschaft-marokko.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Französisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 12. Juli 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Sorgen Sie dafür, dass eine umfassende, unabhängige und unparteiische Untersuchung der Vorwürfe über tätliche Angriffe durchgeführt wird und dass alle verantwortlichen BeamtInnen vor Gericht gestellt werden.

  • Ich möchte Sie dringend bitten, diejenigen Gefangenen umgehend und bedingungslos freizulassen, die sich nur deshalb in Haft befinden, weil sie friedlich von ihren Rechten auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit Gebrauch machen wollten.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass Protestierende ihre Ansichten und Forderungen ungehindert in friedlicher Weise ausdrücken können, und instruieren Sie die Sicherheitskräfte, weder unnötige noch exzessive Gewalt anzuwenden, um Demonstrationen aufzulösen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Moroccan authorities to ensure that a full, independent and impartial investigation into the allegations of physical assaults is conducted and that any officials responsible are held accountable.

  • Urging the authorities to release immediately and unconditionally all detainees who are held solely for the peaceful exercise of their rights to freedom of expression and assembly.

  • Urging the authorities to uphold the right of protestors to express their views and demands in a peaceful manner and to instruct security forces not to resort to unjustified or unnecessary force to disperse demonstrations.

Sachlage

Mindestens 21 der nach den Demonstrationen vom 22. Mai 2011 festgenommenen Protestteilnehmer_innen befinden sich vermutlich nach wie vor auf der Wache der Justizpolizei in Tanger in Haft. Der Student Nabil Talha ist hingegen am 24. Mai 2011 gegen Kaution freigelassen worden. Die Sicherheitskräfte hatten den 21-Jährigen in der Universitätsklinik Hassan II festgenommen, wo er sich wegen erlittener Verletzungen in Behandlung befunden hatte. Gegen die Protestteilnehmer_innen ist Anklage erhoben worden, unter anderem wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung und Anwendung von Gewalt gegenüber Vertreter_innen des Staates.

Am 25. Mai 2011 beteiligten sich vor dem Gesundheitsministerium in Rabat rund 8000 Mediziner_innen an einem Sitzstreik, dem ein Protestmarsch zum Parlament folgen sollte. Doch die Sicherheitskräfte gingen nach vorliegenden Meldungen mit Knüppeln und Fußtritten gegen die Demonstrierenden vor und fügten dabei 40 von ihnen unterschiedlichste Verletzungen zu. Ein 40 Jahre alter Arzt erlitt einen Beckenbruch und musste sich einer Notoperation unterziehen.

Am 28. und 29. Mai 2011 griffen die Proteste auf mehrere andere Städte über, darunter Kenitra, Safi, Fes, Tanger, Casablanca und Salé. Die Teilnehmer_innen, unter ihnen politische Aktivist_innen, Menscherechtsverteidiger_innen und Mitglieder der Bewegung 20. Februar, forderten Reformen in Politik und Gesellschaft und verlangten ein Ende der Korruption. Die Bewegung 20. Februar bezieht ihre Impulse von Reformbewegungen in der Region. Die Proteste verliefen weitgehend friedlich. Mehrere Zeug_innen haben Amnesty International jedoch berichtet, dass zahlreiche Protestierende von uniformierten oder Zivilkleidung tragenden Angehörigen der Sicherheitskräften mit Schlagstöcken oder Knüppeln verprügelt und mit Fußtritten traktiert worden sind. Einige der Protestteilnehmer_innen, unter ihnen Kinder, trugen dabei Verletzungen am Kopf und im Gesicht davon.

In Safi wurden Berichten zufolge zehn Männer von Sicherheitskräften festgenommen, in Fahrzeuge gedrängt, tätlich angegriffen und in abgelegene Gebiete gefahren. Dort setzte man sie aus. Viele der Männer kehrten trotz schwerer Verletzungen zu Fuß nach Hause zurück.

Amnesty International erhielt von Meldungen Kenntnis, denen zufolge die Sicherheitskräfte Familien von Aktivist_innen der Bewegung 20. Februar aufsuchten, sie bedrohten und einschüchterten. Darüber hinaus gehen Amnesty International weiterhin Berichte zu, dass einigen Protestierenden, die in staatlichen Kliniken behandelt wurden, medizinische Atteste über ihre Verletzungen versagt worden sind. Ihre Bemühungen um Gerechtigkeit und Entschädigungen könnten sich dadurch schwieriger gestalten.

[EMPFOHLENE AKTIONEN]

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Sorgen Sie dafür, dass eine umfassende, unabhängige und unparteiische Untersuchung der Vorwürfe über tätliche Angriffe durchgeführt wird und dass alle verantwortlichen BeamtInnen vor Gericht gestellt werden.

  • Ich möchte Sie dringend bitten, diejenigen Gefangenen umgehend und bedingungslos freizulassen, die sich nur deshalb in Haft befinden, weil sie friedlich von ihren Rechten auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit Gebrauch machen wollten.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass Protestierende ihre Ansichten und Forderungen ungehindert in friedlicher Weise ausdrücken können, und instruieren Sie die Sicherheitskräfte, weder unnötige noch exzessive Gewalt anzuwenden, um Demonstrationen aufzulösen.

[APPELLE AN]

JUSTIZMINISTER
His Excellency Mohamed Naciri
Ministry of Justice
Place Mamounia
Rabat
MAROKKO
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 212) 537 734 725 oder (00 212) 537 730 772

KOPIEN AN
STAATLICHER MENSCHENRECHTSRAT
National Human Rights Council
Idriss Elyazami, President
Place Ach-Chouhada, BP 1341
10 001 Rabat
MAROKKO
(korrekte Anrede: Dear Sir / Sehr geehrter Herr Elyazami)
Fax: (00 212) 537 726 856

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS MAROKKO
S. E. Herrn Mohammed Rachad Bouhlal
Niederwallstraße 39
10117 Berlin
Fax: 030-2061 2420
E-Mail: kontakt@botschaft-marokko.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Französisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 12. Juli 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Marokkanische Sicherheitskräfte verhinderten am 15. Mai 2011 Kundgebungen und lösten Demonstrationen in Rabat, Fès, Tanger und Témara mit Gewalt auf. Sie setzten dabei Schlagstöcke ein und schlugen und traten die Demonstrierenden. Versuche von Protestierenden, sich in Témara zu versammeln, wurden ebenfalls von den Sicherheitskräften unterbunden. Dabei trugen zahlreiche Menschen Kopf- und andere Verletzungen davon. Viele Beteiligte wurden von den Sicherheitskräften festgenommen, einige Stunden lang inhaftiert und dann wieder freigelassen. Mindestens zwei Personen, den Brüdern Ahmed und al-Mofadhal Shahboun, droht in Tanger auf der Grundlage nicht näher bekannter Anklagepunkte ein Gerichtsverfahren.

Am 12. März 2011 wurden zahlreiche Menschen verletzt und mindestens 120 Personen vorübergehend inhaftiert, als Sicherheitskräfte exzessive Gewalt einsetzten, um eine Protestveranstaltung im Zentrum von Casablanca aufzulösen.

Die marokkanischen Behörden stehen seit dem 20. Februar aufgrund anhaltender Demonstration, die durch ähnliche Bewegungen in der Region angeregt wurden, unter Druck, auf die Forderungen nach Reformen im Bereich der Politik und der Menschenrechte einzugehen. Am 3. März 2011 kündigten die Behörden die Einsetzung eines neuen nationalen Menschenrechtsrats an. Am 9. März 2011 stellte König Mohamed einen Plan über Verfassungsreformen vor und erklärte sich bereit, Teile seiner politischen Macht abzugeben. Die gewaltsame Auflösung von Demonstrationen lässt jedoch an der Glaubwürdigkeit der Reformversprechungen zweifeln.

Angeregt durch ähnliche Bewegungen für den Wandel in anderen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas, hatte die Bewegung 20. Februar in Marokko zu den Protesten aufgerufen.