Zwangsräumungen drohen

Am 19. Juli zerstörten die israelischen Behörden in al-Farisiya im Westjordanland die Wohnungen von 26 Familien sowie 48 weitere Gebäude. Eigentümer dieser Gebäude, in denen 52 Kinder und 55 Erwachsene lebten, waren 21 palästinensische Familien. Auch landwirtschaftlich genutzte Bauten wurden abgerissen, wodurch der Lebensunterhalt der Dorfgemeinschaft nicht mehr gesichert ist.

Appell an

VERTEIDIGUNGSMINISTER
Ehud Barak
Minister of Defence, Ministry of Defence
37 Kaplan Street, Hakirya
Tel Aviv 61909, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 972) 3 691 6940; (00 972) 3 696 2757
E-Mail: minister@mod.gov.il

MILITÄRRICHTER
Brigadier-General Avihai Mandelblit
Military Judge Advocate General
6 David Elazar Street, Hakirya, Tel Aviv, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Judge Advocate General)
Fax: (00 972) 3 608 0366, (00 972) 3 569 4526
E-Mail: avimn@idf.gov.il

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S.E.Herrn Yoram Ben Zeev
Auguste-Viktoria-Straße 74 – 76, 14193 Berlin
Fax: (030) 8904 5555
E-Mail: berlin@israel.de oder ambsec@berlin.mfa.gov.il

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. September 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE, IN ENGLISH, HEBREW OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • condemning the demolition of the homes and agricultural buildings in the al-Farisiya area;

  • urging that all pending demolition and eviction orders against Palestinians in the Jordan Valley be immediately rescinded;

  • calling on the authorities to place a moratorium on house demolitions and forced evictions in the West Bank until the law is amended to bring it into line with international standards;

  • calling for responsibility for planning and building regulations in the Jordan Valley and to be placed solely with the local Palestinian communities.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich verurteile die Zerstörung der Wohnhäuser und landwirtschaftlichen Gebäude in al-Farisiya.

  • Alle ausstehenden Abriss- und Räumungsanordnungen gegen PalästinenserInnen im Westjordanland müssen unverzüglich aufgehoben werden.

  • In Westjordanland muss ein Moratorium für Häuserabrisse und Zwangsräumungen erlassen werden, bis die innerstaatlichen Gesetze den internationalen Standards angepasst sind.

  • Ich fordere Sie eindringlich auf, die Zuständigkeit für die Planung und die Baugenehmigungen im Jordantal an die Verwaltung der palästinensischen Gemeinden zu übertragen.

Sachlage

Am Morgen des 19. Juli drangen israelische Militärangehörige in der Gegend von al-Farisiya in die Ortschaften Hmayyir und Ein-Ghazal ein, um die Häuser der BewohnerInnen und von ihnen landwirtschaftlich genutzte Gebäude abzureißen. Der Vorgang war das Ergebnis von elf Räumungsbefehlen, die vom 27. Juni 2010 datierten. Darüber hinaus wurde in al-Farisiya das Wohneigentum von zwei weiteren Familien zerstört, obwohl ihnen im Vorfeld kein Räumungsbeschluss zugestellt worden war.

Die betroffenen Familien hatten sich in den 1970er Jahren in der Gegend niedergelassen. Zum Zeitpunkt der Zwangsräumung waren nur wenige BewohnerInnen des Dorfes anwesend. Selbst ihnen wurde nicht ausreichend Zeit eingeräumt, ihr Hab und Gut in Sicherheit zu bringen. Die übrigen BewohnerInnen lebten – wie in den Sommermonaten üblich – nicht in al-Farisiya, hatten aber die feste Absicht, im September wieder dorthin zurückzukehren.

Bei der Aktion wurde unter anderem ein Ladengeschäft mit Bedarfsgütern für die Landwirtschaft abgerissen, obwohl kein Räumungsbeschluss vorlag. Zerstört wurden ferner 26 Wohnzelte, zehn Waschräume, 22 Tierstallungen, sieben Öfen sowie acht Küchen mitsamt den darin befindlichen Kochutensilien. Auch mindestens vier Wassertanks, zwei Tonnen Viehfutter und 0,6 Tonnen für den menschlichen Verzehr gelagerter Weizen wurden vernichtet. Ein Feigenbaum und drei weitere Bäume wurden an den Wurzeln aus der Erde gerissen.

Im Juni waren zwei Familien mit zehn Erwachsenen und fünf Kindern in Ein al-Hilwe im Norden des Jordantals Räumungsbefehle zugestellt worden. Gleiches gilt für einen noch im Bau befindlichen Viehstall in der angrenzenden Ortschaft Ein al-Beida. Noch sind die Gebäude nicht zerstört worden, der Ernstfall könnte jedoch jederzeit eintreten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Anders als viele der übrigen Gegenden im Jordantal waren die Ortschaften Hmayyir und Ein Ghazal von Hauszerstörungen bislang verschont geblieben. Im April 2010 besuchten VertreterInnen des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten die beiden Dörfer und trafen dort 16 Familien an, denen 85 Menschen angehörten. Seitdem haben sich weitere fünf Familien in Hmayyir und Ein Ghazal angesiedelt. Das Vorgehen in al-Farisiya bestätigt Befürchtungen, dass es Teil einer Strategie der israelischen Regierung ist, die palästinensische Bevölkerung aus Teilen des Westjordanlandes umzusiedeln. Dies gilt für ein als "Zone C" bekanntes Gebiet, über das allein Israel Planungs- und Bauvollmacht besitzt.

Schätzungen zufolge leben dort 150 000 Palästinenser, die an keiner Stelle der Planungsinstanzen des israelischen Militärs ein Mitspracherecht besitzen. Selbst den Möglichkeiten der palästinensischen BewohnerInnen, Einwände gegen Zwangsräumungen und Hauszerstörungen vorzubringen, sind enge Grenzen gesetzt. Vor allem im Jordantal ist auf dort lebende PalästinenserInnen enormer Druck ausgeübt worden. Der größte Teil des Jordantals ist von der israelischen Armee zur "militärischen Sperrzone" erklärt worden oder wird von rund 36 israelischen Siedlungen genutzt. In solchen Zonen bestehen für PalästinenserInnen keine Möglichkeiten, Bauvorhaben oder Entwicklungsprojekte zu realisieren. Die israelische Zeitung Ha’aretz berichtete in ihrer Ausgabe vom 19. Juli, dass die israelischen Militärbehörden auf Anordnung der Regierung ihre Anstrengungen verstärken, um in Zone C "illegale" Bauvorhaben zu unterbinden.

Aus Meldungen in den Medien geht hervor, dass die israelischen Militärbehörden am 18. Juli Abrissverfügungen gegen Gebäude palästinensischer Bauern in der Gegend von Bardala im Jordantal erlassen haben. Bardala liegt in einem als "Zone B" ausgewiesenen Gebiet, in dem die palästinensischen Behörden für Planung und Bauvorhaben zuständig sind. Am 15. Juli wurden in der Nähe von Hebron zwei Gebäude zerstört. Am 13. Juli wurden in Ost-Jerusalem - unter anderem in Jabal al-Mukabbir – sechs Häuser abgerissen, in denen zwei Familien gelebt hatten, denen 26 Menschen angehören. Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten sind seit Anfang 2010 mindestens 198 Gebäude der palästinensischen Bevölkerung zerstört worden und dadurch fast 300 PalästinenserInnen, die Hälfte davon Kinder, obdachlos geworden. Rund 600 weitere Menschen waren in anderer Form von den Hauszerstörungen betroffen.