Morddrohungen gegen Journalistin

Russland: Freiheit statt Kontrolle

Russland: Freiheit statt Kontrolle

Die russische Journalistin Elena Milashina, die in der unabhängigen Zeitung Novaya Gazeta über Tschetschenien berichtet, hat Morddrohungen erhalten. Die Drohungen erschienen in einem Artikel des Online-Nachrichtendienstes Grozny-Inform der tschetschenischen Regierung.

Appell an

LEITER DER ERMITTLUNGSBEHÖRDE
Aleksandr Ivanovich Bastrykin
Investigative Committee of the Russian Federation
Tekhnicheskii pereulok, dom 2
105005 Moscow, RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Chairman / Sehr geehrter Herr Bastrykin)
Fax: (00 7) 499 265 90 77 oder
(00 7) 499 265 97 75
Twitter: @sledcom_rf

PRÄSIDENT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Vladimir Vladimirovich Putin
ul. Ilyinka, 23, 103132 Moscow, RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear President / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 7) 495 910 21 34
Twitter: @KremlinRussia (Russisch) oder @KremlinRussia_E (Englisch)

Sende eine Kopie an

INNENMINISTER
Colonel-General Vladimir Aleksandrovich Kolokoltsev
Ministry of the Interior of the Russian Federation
Ul. Zhitnaya 16
119094 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 7) 495 667 7908

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65, 10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@russische-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. Juli 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ergreifen Sie bitte in Absprache mit Elena Milashina und allen anderen, im Nordkaukasus und in ganz Russland arbeitenden, unabhängigen Journalist_innen wirksame Maßnahmen zu ihrem Schutz.

  • Bitte stellen Sie öffentlich klar, dass Sie die Drohungen gegen Journalist_innen und Menschenrechtler_innen verurteilen. Dies schließt auch die Morddrohungen gegen Elena Milashina, die in Grozny-Inform veröffentlicht wurden, mit ein.

  • Leiten Sie bitte umgehend eine unparteiische und wirksame Untersuchung der Morddrohungen und Angriffe gegen Journalist_innen und Menschenrechtler_innen im Nordkaukasus und in ganz Russland ein. Stellen Sie sicher, dass alle Personen, denen Straftaten zur Last gelegt werden, ein faires Gerichtsverfahren erhalten.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Russian authorities to ensure effective protection for Elena Milashina and all other independent journalists working in the North Caucasus and anywhere else in Russia, in accordance with their wishes.

  • Asking the authorities to publicly condem all threats against journalists and human rights defenders, including those made in the article threatening Elena Milashina published in Grozny-Inform.

  • Calling on the authorities to promptly and thoroughly investigate any threats and attacks against journalists and human rights defenders in the North Caucasus and anywhere else in Russia, and to ensure fair trial procedures against anyone found responsible for such attacks.

Sachlage

Am 19.Mai erschien auf dem Online-Nachrichtenportal der tschetschenischen Regierung, Gronzy-Inform ein Artikel, der Morddrohungen gegen Elena Milashina enthielt. Der Nachrichtendienst wird vom tschetschenischen Innenministerium betrieben. Der Artikel erschien kurz nachdem Elena Milashina über ein 17-jähriges tschetschenisches Mädchen berichtet hatte, das mit einem leitenden Polizeibeamten zwangsverheiratet wurde. Der Mann ist etwa 30 Jahre älter als sie und Berichten zufolge bereits verheiratet. Die Geschichte über das Mädchen erregte in ganz Russland Aufsehen und löste in der Öffentlichkeit Empörung aus. Der tschetschenische Präsident Ramzan Kadyrov setzte sich auf seinem Instagram-Konto öffentlich für den Polizeibeamten ein. Der Präsident warf Elena Milashina vor, eine Lügnerin zu sein und sich in die privaten Angelegenheiten von Tschetschenen einzumischen.

Der Artikel auf dem Online-Nachrichtenportal Gronzy Inform zieht Vergleiche zwischen Elena Milashina und einer anderen Journalistin der Zeitung Novaya Gazeta, Anna Politkovskaya, die im Jahr 2006 ermordet wurde. Unter den des Mordes an Anna Politkovskaya für schuldig Befundenen waren zwei Tschetschenen sowie ehemalige Angehörige der russischen Sicherheitskräfte wurden wegen des Mordes an Anna Politkovskaya verurteilt. Der Verfasser des Artikels behauptet, dass Elena Milashina genau wie Anna Politkovskaya vom Westen benutzt werde, um "das Ansehen ihres eigenen Landes zu beschmutzen". In dem Artikel wurde zudem angegeben, dass der Mord an Anna Politkovskaya in einem "passenden Moment" von Russlands ausländischen Feinden angeordnet wurde, und nun Elena Milashina bald an der Reihe wäre, das nächste "Opfer" zu sein.

Am 2. Juni, zwei Wochen nachdem der Artikel zum ersten Mal veröffentlicht worden war, kündigten die tschetschenischen Behörden ein Treffen an, bei dem sie gegen den "Propagandakrieg gegen Tschetschenien und Russland" protestieren wollten. Ihrer Ansicht nach wird der Propagandakrieg von Menschenrechtsverteidiger_innen und Medien wie Nowaya Gaseta, Kommersant, dem Radiosender Echo of Moscow und OpenRussia durchgeführt. Diese Initiative seitens der tschetschenischen Regierung, die man später abgesagte, gibt den unverhüllten Morddrohungen gegen Elena Milashina mehr Gewicht, da sie weiterhin in Tschetschenien arbeitet.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Elena Milashina arbeitet seit mehreren Jahren zum Thema Tschetschenien und hat im Rahmen ihrer Berichterstattung über Menschenrechtsthemen im Nordkaukasus für die Zeitung Novaya Gazeta viele Reisen in der Region unternommen.

Zwei Tage vor der Hochzeit des 17-jährigen Mädchens und des hochrangigen Polizeibeamten am 16. Mai wurde Elena Milashina auf dem Weg in das Dorf, in dem das Mädchen lebt, von der Polizei angehalten. Die Polizeibeamt_innen teilten ihr mit, sie seien um ihre Sicherheit besorgt.

Im Laufe ihrer Karriere als Journalistin ist Elena Milashina wiederholt im Zusammenhang mit ihrer mutigen Berichterstattung bedroht und schikaniert worden. Am 4. April 2012 wurde sie in einem Moskauer Vorort von drei unbekannten Männern angegriffen und mehrmals gegen den Kopf getreten und geschlagen. Noch im selben Jahr wurden drei Männer in dem Fall für schuldig erklärt, doch Elena Milashina hat öffentlich bezweifelt, dass diese Männer an der Tat beteiligt waren. Zudem äußerte sie Besorgnis über die Fairness des anschließenden Verfahrens, in dem zwei der Männer verurteilt wurden.

Im Jahr 2013 wurde Elena Milashina der Women of Courage-Preis des US-Außenministeriums verliehen. Der in Grozny-Inform erschienene Artikel "Die USA machen ihren nächsten Schachzug" schließt mit einer Erwähnung dieser Auszeichnung und fügt hinzu: "Hoffen wir mal, dass diese Auszeichnung nicht post-mortem verliehen wird." Der Ton und der Inhalt des Artikels sowie der Kontext, in dem er veröffentlicht wurde – ein staatliches Medium –, geben Anlass zur Sorge, dass die Morddrohungen gegen Elena Milashina ernst gemeint sind.

Elena Milashina arbeitet häufig mit der Joint Mobile Group zusammen, einer Initiative von Rechtsanwält_innen aus verschiedenen russischen Regionen, die sich in Tschetschenien im Wechsel für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen einsetzen. Am 3. Juni raubte eine Bande das Büro und die Wohnung der Gruppe in Grosny aus. Weitere Informationen hierzu finden Sie in der UA-125/2015)
Anfang Juni 2015 forderte die Novaya Gazeta die Ermittlungsbehörde der russischen Föderation auf zu prüfen, ob der Artikel in der Zeitung Grozny-Inform gegen russisches Gesetz verstößt, und bat die Strafverfolgungsbehörden, den Schutz Elena Milashinas zu gewährleisten.