Verschwindenlassen auf der Krim

Der Krimtatar und Aktivist Ervin Ibragimov wurde zuletzt am 24. Mai in der Nähe seines Hauses in der Stadt Bachtschyssaraj auf der Krim gesehen. Seither fehlt von ihm jede Spur. Aufnahmen von Überwachungskameras zeigen, wie eine Gruppe Männer ihn in einen Lieferwagen zwingt, der dann mit ihm davonfährt. Es herrscht große Sorge um seine Sicherheit.

Appell an

GENERALSTAATSANWÄLTIN DER KRIM (Nur Faxe)
Nataliya Poklonskaya
Simferopol
KRIM
(Anrede: Dear Prosecutor /
Sehr geehrte Frau Generalstaatsanwältin)
Fax: (00 7) 3652 550 310

Sende eine Kopie an

POLITISCHER REPRÄSENTANT DER KRIM (Nur Faxe und E-Mails)
Sergey Aksyonov
Simferopol
KRIM
E-Mail: sovmin@rk.gov.ru
Fax: (00 7) 3652 248 020

MENSCHENRECHTSKOMMISSARIN DER KRIM (Nur E-Mails)
Lyudmila Lyubina
Simferopol
KRIM
E-Mail: upchvrk@mail.ru

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65, 10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@russische-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 7. Juli 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Veröffentlichen Sie bitte umgehend den Aufenthaltsort von Ervin Ibragimov und informieren Sie seine Familie über seinen Verbleib.

  • Lassen Sie ihn entweder umgehend frei oder klagen Sie ihn einer international als Straftat anerkannten Handlung an und gewähren Sie ihm Zugang zu einem Rechtsbeistand.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the de facto authorities to immediately establish and reveal Ervin Ibragimov's whereabouts and inform his family accordingly.

  • Call for his immediate release, unless he is charged with a recognisable offence, in which case he should have an immediate access to a lawyer.

Sachlage

Der Aktivist Ervin Ibragimov ist ein ethnischer Krimtatar aus der Stadt Bachtschyssaraj auf der Krim. Er gehörte früher dem Stadtrat an und ist Mitglied des Weltkongresses der Krimtataren, einer internationalen Organisation, die nach der russischen Annexion der Krim-Halbinsel im Jahr 2014 gegründet wurde, um die Rechte und das kulturelle Erbe der Krimtataren zu schützen.

Ervin Ibragimov berichtete seinem Freundeskreis, er habe am 17. Mai ein Auto bemerkt, das vor seinem Haus gestanden habe und ihm dann tagsüber gefolgt sei. Weitere derartige Vorfälle erwähnte er nicht. Ervin Ibragimov hätte am 25. Mai in der Stadt Sudak einen Gerichtstermin gehabt. Hierbei ging es um den Fall einer Gruppe von Krimtataren, die von den De-facto-Behörden der Krim festgenommen worden waren, weil sie am 18. Mai eine "unerlaubte" Versammlung abgehalten haben sollen, um den Jahrestag der Deportation der Krimtataren zu begehen.

Am 24. Mai telefonierte Ervin Ibragimov um etwa 11.00 Uhr mit seinem Vater. Später fand sein Vater den Wagen von Ervin Ibragimov vor dem Haus; die Türen standen offen und der Schlüssel steckte noch im Zündschloss. Die Überwachungskameras eines Geschäfts in der Nähe haben aufgezeichnet, wie mehrere Männer den Wagen von Ervin Ibragimov anhielten. Man sieht, wie er kurz mit den Männern spricht, bevor er einen Fluchtversuch unternimmt. Die Männer bekommen ihn jedoch zu fassen und zwingen ihn in ihren Lieferwagen, der dann umgehend davonfährt.

Am 25. Mai ging sein Vater zur Niederlassung des russischen Geheimdiensts FSB in Simferopol, um Anzeige zu erstatten und die Videoaufnahmen vorzulegen. Die Beamt_innen weigerten sich jedoch, die Anzeige aufzunehmen, und sagten ihm stattdessen, er solle sie per Post schicken. Die Polizei von Bachtschyssaraj leitete eine Untersuchung des "Verschwindens" von Ervin Ibragimov ein und untersuchte auch seinen Wagen.

Seit der Annexion und Besetzung der Krim-Halbinsel durch Russland im Jahr 2014 ist bereits über mehrere Fälle des Verschwindenlassens von ethnischen Krimtataren berichtet worden. In keinem dieser Fälle wurden wirksame Ermittlungen durchgeführt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Seit der Annexion und Besetzung der Krim-Halbinsel durch Russland im Jahr 2014 ist über mindestens sechs Fälle mutmaßlichen und bestätigten Verschwindenlassens von ethnischen Krimtataren berichtet worden. Obwohl die Familien der "Verschwundenen" von den De-facto-Behörden entsprechende Zusagen erhielten, sind bisher in keinem dieser Fälle wirksame Ermittlungen durchgeführt worden, obwohl ausreichende Beweise (auch Videomaterial) dafür vorlagen, dass in zumindest einigen dieser Fälle pro-russische Paramilitärs der sogenannten "Selbstverteidigungskräfte" auf der Krim involviert waren.