Menschenrechtlerin gefoltert

Stop Folter

Stop Folter

Die Menschenrechtsverteidigerin Elena Urlaeva ist am 31. Mai von Polizeibeamt_innen festgenommen worden. Die Beamt_innen wandten Folter, sexuelle Gewalt und Demütigungen an, um die Menschenrechtlerin zum Aushändigen der Speicherkarte ihrer Kamera zu zwingen. Auf der Speicherkarte befinden sich von Elena Urlaeva aufgenommene Fotos, die Menschenrechtsverletzungen zeigen.

Appell an

GENERALSTAATSANWALT
Ihtior Abdullaev

Prosecutor General’s Office of Uzbekistan
ul. Gulyamova 66, Tashkent 700047, USBEKISTAN
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 998) 71 133 39 17
E-Mail: info@prokuratura.uz

INNENMINISTER
Adham Ahmedbaev
Ministry of Internal Affairs
ul. Junus Rajabiy 1, Tashkent 100029, USBEKISTAN
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 998) 71 233 89 34
E-Mail: info@mvd.uz

Sende eine Kopie an

OMBUDSFRAU (MENSCHENRECHTSBEAUFTRAGTE)
Sayora Rashidova
Uzbekistan Avenue 16a
Tashkent 100027
USBEKISTAN

Fax: (00 998) 71 239 81 36 (Sagen Sie bitte "Fax")
E-Mail: info@ombudsman.uz

BOTSCHAFT DER REPUBLIK USBEKISTAN
S. E. Herrn Durbek Amanov
Perleberger Str. 62
10559 Berlin
Fax: 030-3940 9862
E-Mail: botschaft@uzbekistan.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Usbekisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. Juli 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Leiten Sie bitte unverzüglich wirksame und unparteiische Untersuchungen der Vorwürfe über Folter, sexuelle Gewalt und Erniedrigung ein, die Elena Urlaeva vorgebracht hat, und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

  • Kommen Sie bitte ihren Verpflichtungen unter den internationalen Menschenrechten nach, und stellen Sie sicher, dass niemand gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.

  • Ich möchte Sie an ihre Verpflichtung erinnern, die Arbeit von Menschenrechtsverteidiger_innen zu respektieren, damit sie ihrer Tätigkeit ohne Behinderung oder Angst vor Vergeltungsmaßnahmen, was Drangsalierungen, Einschüchterungen und Angriffe mit einschließt, nachgehen können.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to order a prompt, impartial and effective investigation into Elena Urlaeva’s allegations of torture, sexual violence and humiliation, and bring those responsible to justice.

  • Calling on them to respect their obligations under international human rights law to ensure that nobody is subjected to torture or other ill-treatment.

  • Urging them to ensure that human rights defenders are able to carry out their legitimate activities without fear of reprisals and free of all restrictions, including harassment, intimidation and attacks.

Sachlage

Am 31. Mai ist die Menschenrechtsverteidigerin und Sprecherin der unabhängigen Nichtregierungsorganisation Human Rights Defender’s Alliance of Uzbekistan Elena Urlaeva von Polizeibeamt_innen festgenommen worden. Am Tag ihrer Festnahme hatte sie den Einsatz von Zwangsarbeit auf Baumwollfeldern dokumentiert. Sie wurde mehrere Stunden lang auf einer Polizeistation der Stadt Chinaz in der Region Taschkent, die im Nordosten Usbekistans liegt, festgehalten. Die Polizei konfiszierte ihr Notebook sowie ihre Digitalkamera.

Elena Urlaeva gab an, dass ein Polizeibeamter sie auf den Kopf schlug und wissen wollte, wo sie die Speicherkarte ihrer Kamera versteckt habe. Andere Polizeibeamte schrien sie an und beleidigten sie. Die Beamten bezeichneten sie als "Agentin der USA" und warfen ihr vor, Geheimnisse der usbekischen Regierung an andere Länder verkauft zu haben. Elena Urlaeva gab an, dass die Polizeibeamten Sanitäter riefen, die ihr drei Injektionen verabreichten, woraufhin sie sich schwach fühlte. Man entkleidete Elena Urlaeva und führte zwei vaginale Untersuchungen an ihr durch. Zuerst wurde Elena Urlaeva gezwungen sich auf ein Bett zu legen, damit eine Ärztin eine vaginale Untersuchung durchführen konnte, anscheinend mit der Absicht, die Speicherkarte zu finden. Als die Ärztin die Speicherkarte jedoch nicht fand, wurde Elena Urlaeva von den Polizeibeamten dazu gezwungen, sich auf einen Stuhl zu setzen. Sie wurde von Polizeibeamten und einem Sanitäter an den Armen und Beinen festgehalten, während eine Ärztin ein Spekulum in ihre Scheide einführte, um eine zweite Untersuchung durchzuführen. Diese Prozedur führte zu Blutungen. Elena Urlaeva wurde zudem im Analbereich untersucht. Die Polizeibeamten brachten sie danach zu einem örtlichen Krankenhaus, um eine Röntgenuntersuchung im Brust- und Bauchbereich durchzuführen. Danach hatte Elena Urlaeva darum gebeten, die Toilette benutzen zu dürfen. Sie wurde jedoch dazu genötigt, vor den Augen der Polizeibeamten auf der Grasfläche vor dem Krankenhaus zu urinieren. Die Beamten filmten und fotografierten sie und drohten ihr, die Bilder ins Internet zu stellen, sollte sie sich über ihre Behandlung beschweren.

Elena Urlaeva protestierte am 1. Juni vor dem Gebäude des Innenministeriums in Tashkent. Sie hielt ein Poster hoch auf dem sie forderte, dass die Personen, die an ihrer Folter und anderweitigen Misshandlungen beteiligt waren, zur Rechenschaft gezogen werden. Daraufhin erschienen Sicherheitsbeamt_innen, die sie in ein Büro des Innenministeriums brachten, wo sie eine Beschwerde einreichte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Elena Urlaeva ist eine der wenigen Menschenrechtsverteidiger_innen, die sich immer noch in Usbekistan aufhalten und dort arbeiten. Sie führt Ermittlungen durch und verfasst für die internationale Gemeinschaft Berichte, in denen sie Menschenrechtsprobleme thematisiert. Elena Urlaeva arbeitet aktiv mit Menschenrechtsverteidiger_innen im In- und Ausland zusammen. Sie berichtet u.a. über die Arbeitsbedingungen auf Baumwollfeldern. Usbekistan wird von Menschenrechtler_innen wegen des Einsatzes von Zwangsarbeit bei der Baumwollernte scharf kritisiert. Die Behörden sind daher sehr darum bemüht, dass keine Beweise über Zwangsarbeit gefunden und an die internationale Gemeinschaft weitergeleitet werden. Die staatlichen Stellen behaupten, dass die Vorwürfe bzgl. der Zwangsarbeit und der unmenschlichen und erniedrigenden Lebensumständen der Menschen, die bei der Baumwollernte eingesetzt werden, faktisch falsch sind und durch konkurrierende Länder, die ebenfalls mit Baumwolle handeln, in Umlauf gebracht werden, um den globalen Baumwollmarkt zu manipulieren. Die usbekischen Behörden stimmten im Jahr 2013 zu, es unabhängigen Beobachter_innen der internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization - ILO) zu ermöglichen, während der Baumwollernte in ganz Usbekistan Inspektionen durchzuführen. Die Beobachter_innen der ILO wurden jedoch von Regierungsbeamt_innen begleitet. Menschenrechtsverteidiger_innen berichten, dass die Behörden den Arbeiter_innen Anweisungen gaben, wie sie sich gegenüber den Beobachter_innen der ILO zu verhalten haben.

Usbekistan hat eine der autoritärsten Regierungen der Welt. Die Behörden sind für schwere, systematische und weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Hierzu gehören auch starke Einschränkungen der Rechte auf Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit. Folter und anderweitige Misshandlungen werden von Untersuchungshäftlingen und Strafgefangenen durch Sicherheitskräfte in Usbekistan häufig angewandt. Bekannte Menschenrechtsverteidiger_innen, Regierungskritiker_innen und unabhängige Journalisten waren bereits in der Vergangenheit dazu gezwungen, Usbekistan zu verlassen, um einer Inhaftierung oder anhaltenden Drangsalierungen durch die Sicherheitskräfte und örtlichen Behörden zu entgehen. Viele von ihnen erfahren weiterhin Drangsalierungen durch die usbekischen Behörden, auch im Ausland.

Folter und anderweitige Misshandlungen sind Grundmerkmale des usbekischen Strafrechtssystems. Sie sind die zentralen Mittel der usbekischen Behörden, mit Widerstand umzugehen und um tatsächliche oder vermeintliche Gefahren für die Sicherheit auszuschließen sowie um ihre Macht zu sichern.

Nach Erkenntnissen von Amnesty International wird in den meisten Fällen von Folter und anderweitigen Misshandlungen auffällig oft auch sexuelle Erniedrigung eingesetzt. In solchen Fällen werden Personen u.a. entkleidet und gezwungen, sich vor eine Gruppe von Sicherheitskräften zu stellen, die Obszönitäten schreien oder die Betroffenen mit sexuellen Bemerkungen verspotten.

Lesen Sie hierzu den englischsprachigen Artikel: Secrets and lies: Forced confessions under torture in Uzbekistan https://www.amnesty.org/en/documents/eur62/1086/2015/en/