Kleinbauerngemeinschaft droht Zwangsräumung

Landkarte, Kolumbien / Norden

Landkarte Kolumbien

Die kleinbäuerliche Gemeinschaft der Farm El Tamarindo, die am Rand der Stadt Barranquilla in Nordkolumbien angesiedelt ist, ist möglicherweise von Zwangsräumung bedroht und erhält Morddrohungen von Paramilitärs.

Appell an

PRÄSIDENT
Juan Manuel Santos
Presidente de la República
Palacio de Nariño
Carrera 8 No.7-26
Bogotá
KOLUMBIEN
(Anrede: Sehr geehrter Herr Präsident Santos / Excmo Sr. Presidente Santos)
Fax: (00 57) 1 596 0631

GOUVERNEUR DES DEPARTAMENTO ATLÁNTICO
Dr. José Antonio Segebre Berardinelli
Gobernación del Atlántico
Calle 40, Cra. 45 y 46
Barranquilla
Atlántico
KOLUMBIEN
(Anrede: Sehr geehrter Herr Gouverneur / Estimado Sr. Gobernador)

Sende eine Kopie an

KLEINBAUERNVEREINIGUNG
ASOTRACAMPO
Carrera 19 #15a - 38
Barrio Villanorte
Corregimiento La Playa
Barranquilla
Atlántico
KOLUMBIEN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S. E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Taubenstr. 23
10117 Berlin
Fax: 030-2639 6125

E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 25. Mai 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stellen Sie sicher, dass die Familien der Farm El Tamarindo nicht vertrieben werden.

  • Garantieren Sie die Sicherheit der Familien, indem Sie u. a. die jüngsten Morddrohungen eingehend und unparteiisch untersuchen lassen, und stellen Sie sicher, dass die Familien und ihre Unterstützer_innen ihre Kampagne für ihre Landrechte ohne Angst vor Einschüchterungsversuchen fortsetzen können.

  • Zudem fordere ich Sie auf, das Recht der Opfer von Zwangsräumungen auf einen wirksamen Rechtsbehelf und das Recht der vom Gelände der Farm El Tamarindo Vertriebenen auf eine Umsiedlung unter sicheren und würdevollen Bedingungen entsprechend internationaler Leitlinien zu garantieren.

  • Ergreifen Sie außerdem bitte unverzüglich Maßnahmen zur Auflösung paramilitärischer Gruppierungen, kappen Sie deren Verbindungen zu den Sicherheitskräften und stellen Sie die Verantwortlichen für die Unterstützung der Gruppierungen vor Gericht.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to ensure that families of El Tamarindo are not forcibly evicted.

  • Urging them to guarantee the safety of the families of El Tamarindo including through full and impartial investigations into the death threats, taking into account their needs and demands, so that they are able to campaign for the recognition of their rights to the land without fear and intimidation.

  • Reminding them to guarantee the right to an effective remedy to those forcibly displaced in the conflict and families who have been forcibly evicted so far, including access to resettlement in conditions of security and dignity in line with international human rights standards.

  • Calling for action to dismantle paramilitary groups operating in the area, break any links between the security forces and these groups and bring those responsible for supporting these groups to justice.

Sachlage

Den Familien der Farm El Tamarindo im Departamento Atlántico in Nordkolumbien droht eine rechtswidrige Zwangsräumung. Die von den lokalen Behörden angebotenen Alternativunterkünfte sind unzureichend. Lediglich einige wenige Personen würden davon profitieren, den meisten Familien droht jedoch die Obdachlosigkeit. Seit den späten 1990er-Jahren zogen Familien, die im Verlauf des bewaffneten Konflikts vertrieben wurden, auf das Gelände der Farm. 14 Jahre später haben sie noch immer keine angemessene Entschädigung erhalten. Im Jahr 2001 lebten 130 Familien friedlich in vier Gebieten der Farm. Es gab wiederholte Versuche von der Bezirksverwaltungsbehörde Barranquilla, dem Bezirksbüro des Bürgerbeauftragten, der Armee, der Polizei und von bewaffneten Personen, die Familien von dem Land zu vertreiben. Dies hatte zur Folge, dass einige Familien Opfer von Zwangsräumungen wurden. Die vom Völkerrecht geforderten Schutzmaßnahmen bei Zwangsräumungen wurden nicht beachtet. Dazu zählen unter anderem die Beratung mit den Familien über alternative Lösungen, die rechtzeitige Ankündigung der Räumung und eine ordnungsgemäße und klare Ausweisung der Gebiete, die von der Räumung betroffen sein werden. Aufgrund von früheren Zwangsräumungen bewohnen nun einige Betroffene ein anderes Gebiet der Farm El Tamarindo, El Mirador, das am 13. April 2014 als humanitäre Zone ausgewiesen wurde und von der Zivilgesellschaft als Zufluchtsort für Frieden und Hoffnung (Espacio Humanitario, Refugio de Paz y Esperanza) anerkannt wurde. Im Moment besteht das Risiko, dass die Familien auch aus dieser Gegend vertrieben werden. Die Farm El Tamarindo liegt in einem Gebiet, das im Jahr 2007 zu einem Teil der Freihandelszone erklärt wurde. Seit 2008 erheben lokale Unternehmen Anspruch auf das Land, das zurzeit von den Familien bewohnt wird.

Die kleinbäuerliche Gemeinschaft wird zusätzlich zu den Zwangsräumungen von Paramilitärs bedroht, die bereits seit langem heimlich mit staatlichen Sicherheitskräften zusammenarbeiten. Erst am 11. Januar 2015 wurde eine Morddrohung gegen einen der Gemeindesprecher, Juan Martínez, in Umlauf gebracht. Die Drohung wurde von der paramilitärischen Gruppierung Schwarze Adler Nordblock Atlantikküste (Bloque Norte Costa Atlántica Águilas Negras) unterzeichnet.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im Laufe des schon seit Jahrzehnten währenden bewaffneten Konflikts in Kolumbien sind Millionen Hektar Land geraubt worden. Dies geschah häufig unter Einsatz von Gewalt gegen die rechtmäßigen Eigentümer_innen, insbesondere indigene, afrokolumbianische und kleinbäuerliche Gemeinschaften. Die verschiedenen Konfliktparteien – Guerillagruppen sowie Paramilitärs und Sicherheitskräfte, die entweder allein oder im Einvernehmen miteinander handeln – haben mehr als sechs Millionen Menschen aus ihrem Zuhause vertrieben.

Etwa 130 Familien, die im Verlauf des Konfliktes gewaltsam aus ihrem Zuhause in den Departamentos Cesar, Córdoba, Magdalena und Sucre vertrieben worden waren, besetzten 2001 auf der verlassenen Farm El Tamarindo im Departamento Atlántico 120 Hektar Land. 2007 verkündeten die Behörden des Departamentos, dass eine Freihandelszone in einem Gebiet errichtet würde, das auch die Farm El Tamarindo einschließt. 2008 leitete ein lokales Unternehmen rechtliche Verfahren zur Beanspruchung des Landes ein. Eine Gruppe bewaffneter Männer, vermutlich Paramilitärs, die in dem mit Geschäftsinteressen belegten Gebiet agieren, hat mehrfach Morddrohungen gegen die in El Tamarindo lebenden Kleinbauerngemeinschaften ausgesprochen. Narciso Enrique Tehrán Mejía, der Sohn des Vizepräsidenten der Vereinigung für Landarbeiter (Asociación de Trabajadores del Campo – ASOTRACAMPO), wurde am 12. April 2013 in El Tamarindo im Schlaf erschossen.

Bei dem Versuch, am 28. Januar 2012 einen Räumungsbefehl zur Vertreibung der kleinbäuerlichen Gemeinschaften durchzusetzen, setzten die lokalen Zivilbehörden Sicherheitskräfte ein. Grundlage der Räumungsbefehle waren wirtschaftliche Interessen von einflussreichen Unternehmen, die Besitzansprüche auf das Grundstück erheben. Lokale bewaffnete Männer bedrohten die Kleinbauerngemeinschaften während des Räumungsversuches; dieser blieb jedoch erfolglos. Es gab wiederholt Versuche, die in El Tamarindo lebenden Menschen zu vertreiben; einige davon waren erfolgreich. Am 7. November 2013 wurden 28 Familien durch die Polizei sowie die Bereitschaftspolizei ESMAD von ihrem Land im Beitjala-Gebiet der Farm El Tamarindo vertrieben. Drei Menschen wurden bei der Zwangsräumung verletzt und in ein Krankenhaus gebracht. Die Kleinbauernfamilien verloren ihre Ernte und einige ihrer Tiere. Die rechtswidrige Zwangsräumung fand einige Tage nach Morddrohungen durch die paramilitärische Einheit Rastrojos – Comandos Urbanos Barranquilla statt. Zwischen dem 9. November 2013 und dem 10. März 2014 errichteten Angehörige der Zweiten Brigade der Militärpolizei einen Posten auf der Farm El Tamarindo. Zeug_innen aus dem Gebiet gaben an, die Militärpolizei und die bewaffneten Männer zusammen gesehen zu haben, und berichteten von gemeinsamen Patrouillen.