Neun Jahre Haft

Der Menschenrechtler Issa al-Hamid wurde wegen seines friedlichen Einsatzes für die Menschenrechte vom Sonderstrafgericht in Riad zu neun Jahren Haft verurteilt. Bei Antritt der Haftstrafe wäre er als gewaltloser politischer Gefangener zu betrachten.

Appell an

KÖNIG
His Majesty
King Salman bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 966) 11 403 3125 (über das Innenministerium)
Twitter: @KingSalman

JUSTIZMINISTER
His Excellency
Dr Walid bin Mohammed bin Saleh Al-Samaani
Ministry of Justice
University Street
P.O. Box 7775 Riyadh 11137
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 966) 11 401 1741 oder (00 966) 11 402 031

Sende eine Kopie an

INNENMINISTER
His Royal Highness
Prince Mohammed bin Nayef bin Abdul Aziz Al Saud
Ministry of Interior
P.O. Box 2933
Airport Road
Riyadh 11134
SAUDI-ARABIEN
Fax: (00 966) 11 403 3125
Twitter: @M_Naif_Alsaud

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN
S. E. Herrn Awwad Saleh A Alawwad
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. Juli 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Urteil und Schuldspruch gegen Issa al-Hamid aufgehoben werden und er nicht inhaftiert wird, da er lediglich auf Grundlage der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit verurteilt wurde.

  • Leiten Sie bitte eine gründliche, unparteiische und unabhängige Untersuchung der Vorwürfe ein, Issa al-Hamid sei in Gewahrsam misshandelt worden.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass das Strafjustizsystem nicht dazu missbraucht wird, Menschenrechtler_innen zu verfolgen oder zu drangsalieren.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Saudi Arabian authorities to ensure that Issa al-Hamid’s sentence and conviction are quashed and that he is not detained, as he is sentenced solely for the peaceful exercise of his rights to freedom of expression and association.

  • Calling on them to conduct a thorough, impartial and independent investigation into allegations that he was subjected to ill-treatment in custody.

  • Calling on them to ensure that the criminal justice system is not misused to target or harass human rights defenders.

Sachlage

Der Menschenrechtsverteidiger Issa al-Hamid ist Gründungsmitglied der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA), einer unabhängigen Menschenrechtsorganisation. Er wurde am 24. April vor dem Sonderstrafgericht in der Hauptstadt Riad (Specialized Criminal Court – SCC) zu neun Jahren Haft mit einem anschließenden neunjährigen Reiseverbot verurteilt. Die Anklagen gegen ihn lauteten auf: "Diffamierung des Rates der höchsten Religionsgelehrten", "Beleidigung der Justizbehörden", "Beteiligung an der Gründung einer nicht genehmigten Organisation" (vermutlich der ACPRA), "Weitergabe von falschen Informationen an internationale Organisationen, um dem Ansehen des Staates zu schaden" und "Verstöße gegen Artikel 6 des Gesetzes gegen Internetkriminalität". Die Anklagen hängen mit mehreren Äußerungen zusammen, die im Internet unter dem Namen von ACPRA zu einer Reihe von Themen veröffentlicht wurden, darunter zum "Recht auf friedliche Versammlung" und zur "Unterdrückung von Familien von gewaltlosen politischen Gefangenen durch das Innenministerium".

Issa al-Hamid war im November 2013 zur Befragung in das Amt für Ermittlungen und strafrechtliche Verfolgung (Bureau of Investigation and Prosecution) vorgeladen. Die Ermittlungen dauerten mehrere Monate, bevor sein Gerichtsverfahren vor dem Sonderstrafgericht in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, im Juni 2014 begann. Issa al-Hamid hatte keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand und war während der Verhöre Misshandlungen ausgesetzt.

Die Brüder von Issa al-Hamid, Dr. Abdullah al-Hamid und Dr. Abdulrahman al-Hamid, sind ebenfalls Gründungsmitglieder der ACPRA und wurden im März 2013 bzw. Oktober 2015 wegen ihres friedlichen Einsatzes für die Menschenrechte zu langen Haftstrafen verurteilt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Seit 2012 werden Aktivist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen, darunter auch Mitglieder der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA), immer wieder zum Ziel der saudi-arabischen Behörden. Die Behörden gehen sowohl gerichtlich als auch mit anderen Mitteln gegen sie vor, zum Beispiel indem sie ihnen Reiseverbote auferlegen, um sie damit zu schikanieren, einzuschüchtern und an ihrer Menschenrechtsarbeit zu hindern.

Die Brüder von Issa al-Hamid, Dr. Abdullah al-Hamid und Dr. Abdulrahman al-Hamid, sind beide Gründungsmitglieder der ACPRA und wurden wegen ihres friedlichen Einsatzes für die Menschenrechte inhaftiert. Dr. Abdulrahman al-Hamid wurde am 13. Oktober 2015 zu neun Jahre Haft mit anschließendem Reiseverbot derselben Dauer und zu einer Geldstrafe von 50.000 Saudi-Riyal (etwa 11.900 EUR) verurteilt (siehe UA-102/2014-1, www.amnesty.de/urgent-action/ua-102-2014-1/menschenrechtler-haft). Dr. Abdullah al-Hamid und ein anderer Mitbegründer der ACPRA, Dr. Mohammad al-Qahtani, wurden am 9. März 2013 zu zehn bzw. elf Jahren Haft mit anschließenden Reiseverboten derselben Dauer verurteilt. Sie wurden auf der Grundlage zahlreicher Anklagepunkte schuldig gesprochen, darunter "Verletzung der Treuepflicht gegenüber dem Herrscher", "Ungehorsam gegenüber dem Staatsoberhaupt", "Infragestellen der Integrität von Staatsbediensteten", "beabsichtigte Gefährdung der nationalen Sicherheit und Unruhestiftung durch Aufrufen der Bevölkerung zu Protesten", "Verbreitung falscher Informationen an ausländische Gruppierungen", "Verstoß gegen Paragraf 6 des Gesetzes zur Informationstechnologie" und "Gründung einer nicht genehmigten Organisation" (vermutlich der ACPRA). Weitere Informationen finden Sie in UA-257/2012, online unter: http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-257-2012-2/menschenrechtler-im-hungerstreik). Das Gericht ordnete außerdem die Auflösung von ACPRA, die Konfiszierung des Eigentums der Organisation und die Löschung ihrer Benutzerkonten in sozialen Medien an.

Seit Februar 2014 nutzen die Behörden das neue Antiterrorgesetz, um noch stärker gegen Menschenrechtler_innen und friedliche Kritiker_innen vorzugehen. Bei mindestens zwei ACPRA-Mitgliedern wurden die Verfahren unter dem neuen Antiterrorgesetz vor dem SCC, das für terrorismus- und sicherheitsbezogene Fälle zuständig ist und dessen Zuständigkeiten und Arbeitsweisen nicht näher spezifiziert sind, wieder aufgenommen. Dies geschah Jahre nachdem die Betroffenen bereits vor anderen Gerichten verurteilt worden waren und ihre Strafe wegen derselben Anklagen unter anderen Gesetzen angetreten hatten. Drei weitere ACPRA-Mitglieder wurden nach Verabschiedung des neuen Antiterrorgesetzes vor das Sonderstrafgericht gestellt, darunter auch Dr. Abdulrahman al-Hamid.

Mehrere andere unabhängige Menschenrechtsaktivist_innen, Schriftsteller_innen und Kritiker_innen sind ebenfalls von den saudi-arabischen Behörden drangsaliert worden. Der Anwalt und Menschenrechtsverteidiger Waleed Abu al-Khair wurde am 15. April 2014 nach einer Anhörung vor dem SCC festgenommen. Er wurde zu 15 Jahren Haft, einem anschließenden Reiseverbot von 15 Jahren und einer Geldstrafe verurteilt und verbüßt zurzeit seine Haftstrafe. Das Sonderstrafgericht befand ihn der folgenden Anklagepunkte für schuldig: "Ungehorsam gegenüber dem Herrscher und der Versuch, seine Legitimität zu untergraben", "Kritik an der Justiz und Infragestellung der Integrität der Richter", "Gründung einer nicht genehmigten Organisation", "Schädigung des Rufs des Staates durch den Austausch mit internationalen Organisationen" und "Aufbereitung, Speicherung und Übermittlung von Informationen, die die öffentliche Ordnung beeinträchtigen" (siehe UA-098/2014, http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-098-2014-3/menschenrechtler-haft-angegriffen).

Im März 2016 verurteilte das SCC Mohanna Abdulaziz al-Hubail und Alaa Brinji im Zusammenhang mit von ihnen veröffentlichten Texten zu Haftstrafen. Der saudi-arabische Schriftsteller und islamische Gelehrte Mohanna Abdulaziz al-Hubail wurde in Abwesenheit vom Sonderstrafgericht zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt und mit einem anschließenden sechsjährigen Reiseverbot belegt. Er wurde mehrerer "Straftaten" für schuldig befunden, darunter Verstöße gegen Paragraf 6 des Gesetzes gegen Internetkriminalität, weil er auf Twitter "den Staat und seine Herrscher beleidigt" und sich "mit inhaftierten Mitgliedern der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA) solidarisch gezeigt" haben soll. Er wurde ebenfalls für schuldig befunden, zu Demonstrationen aufgerufen und daran teilgenommen zu haben, und die Freilassung von gewaltlosen politischen Gefangenen gefordert zu haben. Das Gericht ordnete an, dass sein Twitter-Konto gelöscht wird. Der saudi-arabische Journalist Alaa Brinji wurde ebenfalls im Zusammenhang mit Nachrichten, die er über Twitter veröffentlicht hatte, zu fünf Jahren Haft und einem anschließenden achtjährigen Reiseverbot verurteilt. In den Twitter-Beiträgen hatte er unter anderem die Bewegung "Women to drive", Menschenrechtsverteidiger_innen und gewaltlose politische Gefangene unterstützt.