Todesurteil bestätigt
© Fons Hickmann
Der Oberste Gerichtshof in Bangladesch hat am 5. Mai den Antrag auf Überprüfung des Todesurteils gegen Motiur Rahman Nizami, den Vorsitzenden der Oppositionspartei Jamaat-e-Islami, abgewiesen. Das Todesurteil gilt damit als bestätigt. Der Rechtsweg ist ausgeschöpft, und die drohende Hinrichtung kann nur noch mit einer Begnadigung durch den Präsidenten abgewendet werden.
Appell an
PRÄSIDENT
Md. Abdul Hamid
President's Office
Bangabhaban, Dhaka, BANGLADESCH
(Anrede: Honourable President /
Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 880) 2 958 550 2
PREMIERMINISTERIN
Sheikh Hasina
Prime Minister's Office, Old Sangsad Bhaban
Tejgaon, Dhaka, 1215, BANGLADESCH
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrte Frau Premierministerin)
Fax: (00 880) 2 913 372 2
E-Mail: info@pmo.gov.bd
STAATSMINISTER FÜR INNERES
Mr. Asaduzzaman Khan
Ministry of Home Affairs
Bangladesh Secretariat
Building-8 (1st & 3rd Floor)
Dhaka
BANGLADESCH
(Anrede: Dear Minister of State/ Sehr geehrter Herr Staatsminister)
Fax: (00 880) 2 957 371 1
E-Mail: secretary@mha.gov.bd
Sende eine Kopie an
BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK BANGLADESCH
S. E. Herrn Muhammad Ali Sorcar
Kaiserin-Augusta-Allee 111
10553 Berlin
E-Mail: info@bangladeshembassy.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Bengalisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. Juni 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
LUFTPOSTBRIEFE, FAXE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
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Ich bitte Sie eindringlich, die Hinrichtung von Motiur Rahman Nizami und allen weiteren zum Tode verurteilten Personen zu stoppen und ihre Todesurteile umzuwandeln.
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Verhängen Sie ein Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.
- Ich möchte Sie daran erinnern, dass in Verfahren zu Straftaten, die mit der Todesstrafe geahndet werden können, die höchsten internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren eingehalten werden müssen.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Calling on the Bangladeshi Government to immediately halt the execution of Motiur Rahman Nizami and any other prisoners and commute all death sentences.
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Urging them to establish a moratorium on executions as a first step towards abolition of the death penalty.
- Reminding them that in proceedings related to offences where the death penalty might be imposed the most rigorous internationally recognized standards for fair trial must be respected.
Sachlage
Motiur Rahman Nizami ist der Vorsitzende der Oppositionspartei Jamaat-e-Islami. Im Oktober 2014 verurteilte ihn das Internationale Strafgericht für Bangladesch (International Crimes Tribunal – ICT) wegen Mordes, Vergewaltigung und der Massentötung von Intellektuellen während des Unabhängigkeitskriegs von 1971 zum Tode. Das ICT ist ein nationales Gericht, das 2010 von der Regierung geschaffen wurde, um Verfahren gegen Personen zu führen, denen Menschenrechtsverletzungen zur Last gelegt werden, die während des bangladeschischen Unabhängigkeitskriegs 1971 begangen wurden. Motiur Rahman Nizami hatte am 6. Januar 2016 Rechtsmittel gegen die Entscheidung des ICT eingelegt, die Berufungsabteilung des Obersten Gerichtshofs bestätigte jedoch sein Urteil. Nachdem der Oberste Gerichtshof seine Entscheidung am 15. März veröffentlicht hatte, konnte Motiur Rahman Nizami einen Antrag auf erneute Überprüfung der Entscheidung stellen. Dieser Antrag wurde nun am 5. Mai abgewiesen. Er hat damit alle ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausgeschöpft, da für ICT-Fälle weniger Rechtsmittel zur Verfügung stehen als für vor anderen Gerichten verhandelte Fälle. Motiur Rahman Nizami droht unmittelbar die Hinrichtung, sollte er nicht durch den Präsidenten begnadigt werden. Er hat sich noch nicht entschieden, ob er um eine Begnadigung bitten wird.
Das ICT hat bisher 21 Personen wegen Straftaten zum Tode verurteilt, die während des Unabhängigkeitskriegs in Bangladesch von 1971 begangen worden waren. In den vergangenen drei Jahren sind vier der Verurteilten hingerichtet worden. Verfahren vor dem ICT verstoßen häufig gegen das Recht der Angeklagten auf ein faires Verfahren. Gegen diese schwerwiegenden Mängel, die auch von den Vereinten Nationen und anderen wichtigen Organisationen angeprangert werden, ist bisher nichts unternommen worden.
Amnesty International wendet sich gegen die Todesstrafe, weil sie gegen das Recht auf Leben, das durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte garantiert wird, verstößt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste Form von Strafe darstellt. Amnesty International wendet sich in allen Fällen ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode.
Hintergrundinformation
Im Jahr 2015 wurden mindestens 197 Personen in Bangladesch zu Tode verurteilt. Vier Personen wurden hingerichtet; drei von ihnen waren vom ICT zum Tode verurteilt worden. Das ICT ist ein nationales Gericht, das 2010 von der Regierung geschaffen wurde, um Verfahren gegen Personen zu führen, denen Menschenrechtsverletzungen zur Last gelegt werden, die während des bangladeschischen Unabhängigkeitskriegs 1971 begangen wurden. Amnesty International begrüßte diese Maßnahme der Regierung, um die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen, bestand jedoch darauf, dass den Angeklagten faire Verfahren gewährt werden und nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird. Einige Verfahren vor dem ICT waren von schwerwiegenden Mängeln durchzogen und verstießen gegen das Recht der Angeklagten auf ein faires Verfahren. Gegen Todesurteile, die von anderen Gerichten in Bangladesch gefällt werden, kann zweimal Rechtsmittel vor der zuständigen Abteilung des Hohen Gerichts und einmal vor der Berufungsabteilung des Obersten Gerichtshofs eingelegt werden.
Gegen ein Todesurteil, das vom ICT gefällt wurde, kann jedoch lediglich ein Rechtsmittel bei der Berufungsabteilung des Obersten Gerichtshofs eingelegt werden. Motiur Rahman Nizami hatte am 6. Januar 2016 Rechtsmittel gegen die Entscheidung des ICT eingelegt, die Berufungsabteilung des Obersten Gerichtshofs bestätigte jedoch sein Urteil. Inhaftierte, die von ordentlichen Gerichten und dem ICT verurteilt und deren Todesurteile bestätigt wurden, haben das Recht, beim Obersten Gerichtshof einen Antrag auf erneute Überprüfung der Entscheidung zu stellen, sobald das Urteil in vollem Umfang veröffentlicht wurde. Der Oberste Gerichtshof hat seine Entscheidung im Fall von Motiur Rahman Nizami am 15. März veröffentlicht, sodass es ihm möglich war, einen solchen Antrag zu stellen. Der Oberste Gerichtshof hat diesen Antrag auf Neuüberprüfung nun abgelehnt, sodass Motiur Rahman Nizami unmittelbar die Hinrichtung droht. Nur eine Begnadigung durch den Präsidenten kann die Hinrichtung noch verhindern.
Gemäß Artikel 6 (1) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR), zu dessen Vertragsstaaten Bangladesch gehört, darf niemand willkürlich seines Lebens beraubt werden. Dies schreibt auch das Völkergewohnheitsrecht unter allen Umständen vor. Der UN-Menschenrechtsausschuss hat erklärt, dass die Verhängung der Todesstrafe nach einem Verfahren, das nicht den im IPbpR dargelegten Standards für ein faires Verfahren entsprochen hat, einen Verstoß gegen das Recht auf Leben darstellt. Der UN-Sonderberichterstatter über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen hat deutlich gemacht, dass "es Willkür entspricht, ein Todesurteil zu verhängen, wenn das Verfahren nicht den höchstmöglichen Standards für ein faires Verfahren entsprochen hat". In Artikel 6 (6) des IPbpR heißt es zudem, dass es auch für Staaten, die noch an der Todesstrafe festhalten, das Ziel sein muss, diese Form der Bestrafung vollständig abzuschaffen. Bis heute haben 140 Länder die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft. 2015 schafften vier Länder – die Republik Kongo, Fidschi, Madagaskar und Surinam – die Todesstrafe für alle Straftaten ab. Außerdem verabschiedete das Parlament in der Mongolei ein neues Strafgesetzbuch, das im September 2016 in Kraft tritt und mit dem diese Form der Bestrafung abgeschafft wird.