Bürgermeister "verschwunden"

Ein Mann trägt ein rotes T-shirt und einen blauen Turban um den Kopf gewickelt.

Der pakistanische Menschenrechtsverteidiger Seengar Noonari

Am 27. Februar 2009 "verschwand" Gheorghe Ionel, Bürgermeister von Vorniceni, einem Dorf etwa 35 Kilometer von der moldauischen Hauptstadt Chişinău (Kischinau) entfernt, und Mitglied der Oppositionskoalition. Er wurde zuletzt vor dem Gericht von Straşeni gesehen, wo er von Polizisten in ein Auto gezwungen wurde, nachdem er von der Anklage freigesprochen worden war, seine offizielle Stellung zu missbrauchen. Daher wird angenommen, dass er von Beamten mit Polizeibefugnissen entführt worden ist. Amnesty International befürchtet, dass er dem "Verschwindenlassen" zum Opfer gefallen und möglicher Folter oder anderer Misshandlung ausgesetzt ist.

Appell an

GENERALSTAATSANWALT VON MOLDAU Valeriu Gurbulea 26, Mitropolit Banulescu-Bodoni Str., MD-2005, Chişinău REPUBLIK MOLDAU (korrekte Anrede: Dear Procurator General) Fax: (00373) 22 21 20 32 E-Mail: prokuror@gov.md

INNENMINISTER VON MOLDAU Gheorghe Papuc Stefan cel Mare Bld., 75, MD-2012, Chişinău REPUBLIK MOLDAU (korrekte Anrede: Dear Minister) Fax: (00373) 22 22 27 23 E-Mail: mai@mai.md

Sende eine Kopie an

PARLAMENTARISCHER MENSCHENRECHTSANWALT Anatolie Munteanu Centre for Human Rights in the Republic of Moldova 16 Sfatul Tarii Str., MD-2012, Chişinău REPUBLIK MOLDAU (korrekte Anrede: Dear Parliamentary Human Rights Advocate) Fax: (00373) 22 22 54 42

 

BOTSCHAFT DER REPUBLIK MOLDAU S.E. Herrn Dr. Igor Corman Gotlandstraße 16, 10439 Berlin Fax: 030-4465 2972 E-Mail: office@botschaft-moldau.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Rumänisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. April 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE, IN ROMANIAN, RUSSIAN OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • expressing concern that Gheorghe Ionel may have been abducted by officers of the Department for Combating Economic Crimes and Corruption on 27 February outside the court room in Straşeni, that he may be being held in incommunicado detention;

  • expressing concern that Gheorghe Ionel may be subjected to torture or other ill-treatment while he is being detained;

  • calling on the authorities to immediately inform Gheorghe Ionel’s lawyer and members of his family where he is being detained if he is in their custody;

  • urging the Prosecutor General to carry out immediate and impartial investigations into allegations that Gheorghe Ionel was abducted by officers of the Department for Combating Economic Crimes and Corruption.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

  • Ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck bringen, dass Gheorghe Ionel am 27. Februar vor dem Gericht von Straşeni möglicherweise durch Beamte der Abteilung zur Bekämpfung von Wirtschaftsverbrechen und Korruption entführt wurde und ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wird;

  • Ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck bringen, dass Gheorghe Ionel in seiner Haft Folter oder anderer Misshandlung ausgesetzt sein könnte;

  • die Behörden auffordern, seinen Anwalt und seine Familie sofort darüber in Kenntnis zu setzen, ob und wo Gheorghe Ionel inhaftiert ist;

  • den Generalstaatsanwalt auffordern, umgehend unparteiische Ermittlungen zur mutmaßlichen Entführung von Georghe Ionel durch Beamte der Abteilung zur Bekämpfung von Wirtschaftsverbrechen und Korruption einzuleiten.

Sachlage

Sekunden nachdem der Richter den Freispruch verkündet hatte, verschafften sich ungefähr 20 Beamte der Abteilung zur Bekämpfung von Wirtschaftsverbrechen und Korruption Zutritt zum Gerichtssaal und drängten sich an den etwa 100 öffentlichen Beiwohnern vorbei zu Gheorghe Ionel. Dabei sollen sie Berichten zufolge Leute gestoßen und getreten haben, die ihnen im Weg waren. Augenzeugen berichten, Gheorghe Ionel sei vor dem Gerichtsgebäude von ebenjenen Beamten in einen Wagen gezwungen worden. Das wurde auch vom moldauischen Fernsehen aufgezeichnet. Seither ist er nicht mehr gesehen worden. Sein Anwalt hat auch nach zahlreichen Anfragen noch keine Auskunft vom Generalstaatsanwalt erhalten, und auch die Familie von Gheorghe Ionel weiß nicht, wo er sich befindet.

Während eines Telefongesprächs mit Gheorghe Ionels Anwalt am 3. März 2009 wies ein Ermittler der Abteilung für die Bekämpfung von Wirtschaftsverbrechen und Korruption zurück, dass es sich um eine Festnahme handelt. Er räumte jedoch ein, dass am 27. Februar eine Anordnung erteilt worden war, die das verbindliche Erscheinen von Gheorghe Ionel in der Abteilung für die Bekämpfung von Wirtschaftsverbrechen und Korruption betraf. Offensichtlich hatte er sich geweigert, eine Mitteilung über einen dritten Anklagepunkt zu unterschreiben, demzufolge er seine offizielle Stellung zur finanziellen Bereicherung missbraucht hatte.

Amnesty International bemüht sich weiterhin, den Grund für das Verschwinden von Gheorghe Ionel festzustellen. Es besteht große Gefahr, dass er ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wird, ähnlich anderen Fällen, in denen Polizeibeamte Gerichtsurteile missachtet und Freigesprochene im Gerichtssaal festgenommen haben.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Gheorghe Ionel ist Mitglied der Oppositionskoalition Nasha Moldova ("Unser Moldau"). Er wurde im Juni 2007 mit großer Mehrheit zum Bürgermeister von Vorniceni gewählt. Nach Ansicht seines Anwalts verhalfen ihm seine Bemühungen zur Verbrechensbekämpfung und Verbesserung der Lebensumstände im Dorf zu großer Beliebtheit, doch könnte er sich dadurch auch Feinde gemacht haben. Am 3. September 2007 wurde er inhaftiert, als die Abteilung zur Bekämpfung von Wirtschaftsverbrechen und Korruption ihn des Missbrauchs von Staatsmacht durch illegalen Erwerb von Staatsgebiet anklagte. Sein Anwalt vermutet, dass die Anklagen von der Abteilung erfunden wurden, um ihn an der Ausübung seiner Pflichten als Bürgermeister zu hindern. Im Oktober 2007 wurde er außerdem angeklagt, weil er illegale Migration organisiert und Schusswaffen besessen haben soll. Von beiden Anklagepunkten wurde er bei einer Anhörung am Berufungsgericht am 19. Februar 2009 freigesprochen.

Amnesty International und andere NGOs erhalten immer wieder Berichte von Folter und anderen Misshandlungen in Polizeigewahrsam in Moldau. In einem im Dezember 2008 erschienenen Bericht über einen Moldau-Besuch im November 2005 stellte das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter fest, dass ein erheblicher Anteil der befragten Gefangenen in Polizeihaftanstalten von Misshandlungen berichtete. Amnesty International hat außerdem Berichte über Polizeibeamte erhalten, die Gerichtsurteile einfach ignorierten und Angeklagte direkt nach der Freisprechung festnahmen, um sie am Verlassen des Gerichts zu hindern und sie wegen anderer Vergehen anzuklagen.