Aktivist für die Dauer des Verfahrens freigelassen

Türkei

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Der Aktivist Onur Kılıç wurde am 26. Februar aus der Untersuchungshaft entlassen, nachdem das Gericht dem Einspruch seines Rechtsbeistandes gegen die Haftanordnung stattgegeben hatte. Onur Kılıç befand sich seit dem 13. Februar wegen "Beleidigung des Präsidenten" in Untersuchungshaft.

Appell an

STAATSANWALT
Okan Bato
Cumhuriyet Savcısı

Izmir Adalet Sarayı
Bayraklı
Izmir
TÜRKEI
(Anrede: Dear Prosecutor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 90) 232 411 24 02
E-Mail: izmircbs@adalet.gov.tr

JUSTIZMINISTER
Kenan İpek
Ministry of Justice
Adalet Bakanlığı
06659 Ankara
TÜRKEI
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 90) 312 419 33 70
E-Mail: ozelkalem@adalet.gov.tr

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DER MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Parliamentary Commission on Human Rights
Ayhan Sefer Üstün
TBMM İnsan Hakları İnceleme Komisyonu
Bakanlıklar
06543 Ankara
TÜRKEI
Fax: (00 90) 312 420 53 94
E-Mail: insanhaklarikom@tbmm.gov.tr

BOTSCHAFT DER REPUBLIK TÜRKEI
S. E. Herrn Hüseyin Avni Karslioğlu
Tiergartenstr. 19-21
10785 Berlin
Fax: 030-275 90 915
E-Mail: botschaft.berlin@mfa.gov.tr

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Türkisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. Mai 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie die Anklage gegen Onur Kılıç fallen.

  • Bitte beenden Sie alle Strafverfahren und Inhaftierungen von Personen nach Paragraf 299 wegen der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf Meinungsfreiheit.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to immediately and unconditionally release of Onur Kılıç.

  • Calling for an end to prosecutions and all detentions under Article 299 of individuals for peaceful expression of their opinion.

Sachlage

Der politische Aktivist Onur Kılıç hatte am 11. Januar an einer Demonstration gegen verpflichtenden Religionsunterricht an Schulen teilgenommen. Er wurde am 12. Februar festgenommen, weil er bei der Demonstration "Dieb Mörder Erdoğan" gerufen haben soll, und kam in Untersuchungshaft. Der Justizminister hat das Strafverfahren nach Paragraf 299 des türkischen Strafgesetzbuches genehmigt, nach dem die "Beleidigung des Präsidenten" eine Straftat darstellt. Onur Kılıç wurde am 26. Februar für die Dauer des Verfahrens aus der Untersuchungshaft entlassen. Bei einer Verurteilung erwartet ihn eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren.

In der Anklageschrift gegen Onur Kılıç werden als Beweis für die "wiederholte Beleidigung" des Präsidenten zwei Twitter Nachrichten vorgelegt, die er am Tag seiner Inhaftierung verfasst hat. Sie lauten: "Ich wurde festgenommen wegen des Verdachts, während des von uns organisierten Protests am 11. Januar in Izmir "Dieb Mörder Erdoğan" gerufen zu haben" und "Ich werde gerade zur Anti Terror Abteilung gebracht, der Staatsanwalt wird mich offenbar später verhören. Übrigens, ich sage es gerne nochmal: Dieb Mörder Erdoğan." Der Beginn des Gerichtsverfahrens ist bislang noch nicht terminiert worden.

Amnesty International betrachtet die strafrechtliche Verfolgung nach Paragraf 299 als Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung, das durch Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, zu deren Unterzeichnern auch die Türkei gehört, geschützt wird. Amnesty International fordert die Einstellung aller Verfahren nach diesem Paragrafen und seine Abschaffung.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird durch Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 19 des IPbpR, zu deren Vertragsstaaten die Türkei gehört, geschützt. Das Völkerrecht erlaubt bestimmte Einschränkungen der Meinungsfreiheit, doch müssen diese drei strenge Bedingungen erfüllen: Sie müssen gesetzlich verankert, auf bestimmte Zwecke wie die nationale Sicherheit, öffentliche Ordnung oder die Wahrung der Rechte oder des Leumunds anderer begrenzt sowie notwendig und verhältnismäßig sein, um einen dieser zulässigen Zwecke zu erreichen.

Der UN-Menschenrechtsausschuss, das Expertengremium, das die Umsetzung des IPbpR kontrolliert, hat in seiner Allgemeinen Bemerkung Nr. 34 angemerkt, dass "alle öffentlichen Personen, auch jene in den höchsten politischen Ämtern wie Staats- und Regierungschefs, berechtigterweise Kritik und politischer Opposition unterliegen. Dementsprechend verleiht der Ausschuss seiner Besorgnis Ausdruck angesichts von Gesetzen zu Angelegenheiten wie Lèse Majesté (Majestätsbeleidigung), Desacato (Widerstand gegen Staatsbedienstete), Respektlosigkeit gegenüber Autoritäten, Respektlosigkeit gegenüber Flaggen und Symbolen, Diffamierung des Staatschefs und Schutz der Ehre von Beamten. Gesetze dürfen auch keine schwereren Strafen allein aufgrund der Identität der Person vorsehen, die mutmaßlich angegriffen wurde. Vertragsstaaten sollten die Kritik an Institutionen wie der Armee oder Regierung nicht verbieten."