Keine medizinische Behandlung

Amnesty International

Amnesty International

Der inhaftierten vietnamesischen Menschenrechtlerin Bùi Thị Minh Hằng wird trotz mehrfacher Anträge die medizinische Behandlung verweigert, die sie wegen verschiedener gesundheitlicher Probleme benötigt. Sie verbüßt eine dreijährige Haftstrafe aufgrund einer konstruierten Anklage wegen "öffentlicher Unruhestiftung".

Appell an

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Gen Tran Dai Quang, Ministry of Public Security
44 Yet Kieu Street
Hoan Kiem district
Ha Noi
VIETNAM
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
E-Mail: über die Website: http://www.mps.gov.vn/web/guest/contact_english

AUSSENMINISTER
Pham Binh Minh, Ministry of Foreign Affairs
1 Ton That Dam Street
Ba Dinh distric
Ha Noi
VIETNAM
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 84) 43 823 1872
E-Mail: bc.mfa@mofa.gov.vn

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER SOZIALISTISCHEN REPUBLIK VIETNAM
S. E. Herrn Doan Xuan Hung
Elsenstraße 3
12435 Berlin
Fax: 030-5363 0200
E-Mail: sqvnberlin@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Vietnamesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. März 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, EMAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie Bùi Thị Minh Hằng bitte umgehend und bedingungslos frei, da sie eine gewaltlose politische Gefangene ist, die nur deshalb festgehalten wird, weil sie sich friedlich für die Wahrung der Menschenrechte eingesetzt hat.

  • Stellen Sie zudem bitte sicher, dass sie bis zu ihrer Freilassung unverzüglich Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung erhält und gemäß den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung der Gefangenen behandelt wird, was auch den Zugang zu ihrer Familie und Ärzt_innen umfasst.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Demanding the authorities release Bùi Thị Minh Hằng immediately and unconditionally, as she is a prisoner of conscience detained solely for her peaceful activities defending human rights.

  • Urge the authorities that while still detained, she should be immediately provided with appropriate medical care, and treated in accordance with the UN Standard Minimum Rules for the Treatment of Offenders, including access to family and doctors.

Sachlage

Der Gesundheitszustand von Bùi Thị Minh Hằng, die sich seit Februar 2014 in Haft befindet, ist sehr schlecht. Sie leidet an einem schmerzhaften Magengeschwür, niedrigem Blutdruck, Gelenkschmerzen, häufig wiederkehrenden starken Kopfschmerzen und gelegentlichen Ohnmachtsanfällen. Trotz wiederholter Anträge hat sie bislang keine medizinische Behandlung erhalten. Ihr Gesundheitszustand droht sich dadurch weiter zu verschlechtern.

Bùi Thị Minh Hằng wurde am 11. Februar 2014 festgenommen, als sie mit einer Gruppe von 20 weiteren Personen unterwegs war, um den Menschenrechtsanwalt Nguyễn Bắc Truyển zu besuchen, der am 9. Februar 2014 in der Provinz Dong Thap von der Polizei angegriffen und zur polizeilichen Vernehmung inhaftiert worden war. Die Gruppe machte sich auf Motorrädern von Ho-Chi-Minh-Stadt aus auf den Weg und wurde zehn Kilometer vor ihrem Ziel von Verkehrspolizist_innen angehalten. Anschließend griff sie eine große Gruppe von Sicherheitskräften und anderen nicht identifizierten Männern an und schlug mit Schlagstöcken und anderen Waffen auf sie ein. Danach nahm man sie fest und brachte sie zur Vernehmung in die Polizeistation von Lap Vo. Am 12. Februar 2014 wurden Bùi Thị Minh Hằng und zwei weitere Personen gemäß Paragraf 245 des vietnamesischen Strafgesetzbuches wegen "schwerer Verkehrsbehinderung" angeklagt. 18 Personen wurden freigelassen. Die drei Angeklagten mussten am 26. August 2014 vor dem Volksgericht der Provinz Dong Thap erscheinen. Das Gericht verurteilte Bùi Thị Minh Hằng zu einer dreijährigen Haftstrafe, die im Berufungsverfahren bestätigt wurde.

Bùi Thị Minh Hằng ist eine Aktivistin, die in Vietnam für ihre Teilnahme an friedlichen Protesten gegen China im Zusammenhang mit dem langjährigen Territorialkonflikt im Südchinesischen/Ostchinesischen Meer bekannt ist. Sie setzte sich vor ihrer Inhaftierung außerdem für Menschen ein, deren Land beschlagnahmt wurde, verteilte die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in Gemeinden und unterstützte andere Menschenrechtsaktivist_innen bei ihrer Arbeit. Sie befindet sich zurzeit im Gia-Trung-Gefängnis in der Provinz Gia Lai im Zentralen Hochland Vietnams. Ihre Familie wohnt etwa tausend Kilometer entfernt, weshalb es für sie sehr schwierig ist, Bùi Thị Minh Hằng im Gefängnis zu besuchen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Bùi Thị Minh Hằng ist während ihrer Haft zweimal in den Hungerstreik getreten. Das erste Mal verweigerte sie die Nahrungsaufnahme, weil sie nach ihrer Festnahme am 11. Februar 2014 in Untersuchungshaft ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wurde. Sie beendete den Hungerstreik erst, als es ihr Ende März 2014 gestattet wurde, ihren Sohn und einen Rechtsbeistand zu treffen. Das zweite Mal trat sie im April 2015 aus Protest gegen Misshandlungen durch Gefängniswärter_innen und gegen Schikane durch andere Mitgefangene in den Hungerstreik.

Amnesty International betrachtet Bùi Thị Minh Hằng als gewaltlose politische Gefangene, die nur deshalb festgehalten wird, weil sie von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht hat. Die gegen sie und ihre Mitangeklagten erhobenen Anklagen sind konstruiert und politisch motiviert. Unbegründete tätliche Angriffe durch Sicherheitskräfte, Polizist_innen in Zivil und nicht identifizierte Männer gegen Aktivist_innen sind in Vietnam immer häufiger geworden. Bislang wurde niemand dafür zur Rechenschaft gezogen, obwohl die Opfer die Angriffe bei den Behörden zur Anzeige gebracht haben.

Vietnam ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, welcher die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit garantiert. Allerdings werden diese Rechte in Vietnam gesetzlich und in der Praxis stark eingeschränkt. Der Abschnitt über die nationale Sicherheit und Paragraf 258 ("Missbrauch demokratischer Freiheiten, um gegen die Interessen des Staates, die Rechte und Interessen von Organisationen und/oder von Bürger_innen zu handeln") des vietnamesischen Strafgesetzbuchs von 1999 enthalten vage formulierte Bestimmungen, die regelmäßig herangezogen werden, um friedlich geäußerte abweichende Meinungen oder regierungskritische Aktivitäten zu kriminalisieren. In einigen Fällen werden Anklagepunkte, die jeglicher Grundlage entbehren, konstruiert und gegen friedliche Aktivist_innen angewandt, wie z. B. Paragraf 161 ("Steuerhinterziehung") und Paragraf 245 ("Öffentliche Unruhestiftung"). Personen, die sich für einen friedlichen politischen Wandel einsetzen, die Regierung kritisieren oder die Achtung der Menschenrechte fordern, sind besonders gefährdet. Zahlreiche Blogger_innen, Arbeits- und Landrechtsaktivist_innen, politisch engagierte Personen, Mitglieder religiöser Gruppen, Menschenrechtler_innen sowie Personen, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen, und sogar Musiker_innen befinden sich derzeit wegen ihres friedlichen Aktivismus in Haft.

In Vietnam herrschen in der Regel harte Haftbedingungen. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten ist unzureichend und entspricht weder den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von der Gefangenen noch anderen internationalen Standards. Gewaltlose politische Gefangene werden oftmals über lange Zeit hinweg als Strafe in Einzelhaft oder Isolationshaft gehalten und werden häufig unmenschlich behandelt. Es wird über Folter und andere Misshandlungen berichtet, so z. B. Schläge durch andere Häftlinge, ohne dass die Gefängniswärter_innen eingreifen. In manchen Fällen werden gewaltlose politische Gefangene regelmäßig von einer Hafteinrichtung in die nächste verlegt, ohne dass ihre Familien darüber informiert werden. Einige gewaltlose politische Gefangene sind in der Vergangenheit bereits in den Hungerstreik getreten, um gegen die missbräuchliche Behandlung und schlechten Haftbedingungen zu protestieren.