Dringende Operation verweigert

Sibel Çapraz befindet sich im Gefängnis und die Behörden verweigern ihr eine lebenswichtige Operation und angemessene medizinische Betreuung. Sie wurde im November 2015 in Yüksekova im Südosten der Türkei während der Zusammenstöße zwischen türkischen Sicherheitskräften und der PKK angeschossen. Im März 2016 nahmen die Behörden sie in Untersuchungshaft, während sie sich im Krankenhaus befand.

Appell an

GENERALVERWALTUNG DER GEFÄNGNISSE UND HAFTEINRICHTUNGEN
Mr Enis Yavuz Yıldırım
36 Emniyet Mahallesi, Mevlana Bulvarı
HSYK Binası Yenimahalle
Ankara
TÜRKEI
(Anrede: Dear Mr Yıldırım / Sehr geehrter Herr Yıldırım)
Fax: (00 90) 312 223 60 07
E-Mail: cte@adalet.gov.tr

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PARLAMENTARISCHER AUSSCHUSS FÜR MENSCHENRECHTE
Mustafa Yeneroğlu
Commission Chairperson
TBMM İnsan Hakları İnceleme Komisyonu
Bakanlıkla
06543 Ankara
TÜRKEI
Fax: (00 90) 312 420 24 92
E-Mail: insanhaklarikom@tbmm.gov.tr

BOTSCHAFT DER REPUBLIK TÜRKEI
S.E. Herr Ali Kemal Aydin
Tiergartenstr. 19-21
10785 Berlin
Fax: 030-275 90 915
E-Mail: botschaft.berlin@mfa.gov.tr

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Türkisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 6. März 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Sachlage

Sibel Çapraz wird im Bakırköy-Frauengefängnis in Istanbul festgehalten und muss sich zurzeit wegen der Anklagen "Schüren von öffentlichem Hass oder Feindschaft" und "Mitgliedschaft in einer bewaffneten terroristischen Vereinigung" (der Kurdischen Arbeiterpartei/Union der Kurdischen Gemeinschaften - PKK/KCK) vor Gericht verantworten. Ihr wird eine dringende Operation verweigert, um einen künstlichen Darmausgang rückgängig zu machen, die im Februar 2016 hätte durchgeführt werden sollen. Die Verzögerung birgt laut einer von Amnesty International eingesehenen medizinischen Einschätzung das Risiko von Komplikationen und bringt Sibel Çapraz in Lebensgefahr.

Sibel Çapraz ist Mitglied des Gemeinderats von Hakkari. Ihr wurde in der Nacht des 27 November 2015 in Yüksekova einer Stadt in der Provinz Hakkari im Südosten der Türkei während der Zusammenstöße zwischen türkischen Sicherheitskräften und bewaffneten Einzelpersonen mit Verbindungen zur PKK in den rechten Arm und in den Bauch geschossen. Am Tag nach den Schüssen wurde Sibel Çapraz am Arm operiert und bekam als Notfallmaßnahme einen künstlichen Darmausgang wegen der Verletzung ihrer inneren Organe. Am 23. Dezember 2015 wurde sie in das Baltalımanı-Krankenhaus für Knochenerkrankungen in Istanbul einer weiteren Armoperation unterzogen. Im Februar 2016 sollte der künstliche Darmausgang entfernt werden, dies konnte jedoch nicht durchgeführt werden, da sie noch am Arm behandelt wurde.

Der Bruder von Sibel Çapraz gab an, dass sie am 4. März 2016 von der Polizei vom Krankenhaus zum Çağlayan-Gericht gebracht wurde. Das Gericht ordnete an, sie in Untersuchungshaft zu nehmen.

Fast ein Jahr später hat Sibel Çapraz immer noch nicht die Operation zur Entfernung des künstlichen Darmausgangs erhalten, die bereits im Februar 2016 durchgeführt werden sollte. Sie berichtet über Schmerzen und dass sie wegen ihrer Armverletzung die Hilfe von Mitinsassinnen beim häufigen Wechseln der Kolostomiebeutel benötigt. Sibel Çapraz' Rechtsbeistände haben das Gericht auf diese medizinischen Probleme aufmerksam gemacht und ohne Erfolg beantragt, dass sie eine Behandlung erhält und aus der Untersuchungshaft entlassen wird. Die Türkische Menschenrechtsstiftung schrieb ebenfalls eine Eingabe an die Gefängnisgeneralverwaltung, damit Sibel Çapraz die dringende Operation erhält und ihr Arm weiter behandelt wird. Die Behörden haben geantwortet, dass sie jede Behandlung erhalte, die sie benötigt, und sind nicht auf das konkrete Problem eingegangen. Der Rechtsbeistand von Sibel Çapraz teilte Amnesty International mit, dass die derzeitige Behandlung aus Reha-Behandlungen bestünde, welche aber nicht die notwendige Operation ersetzen können.

[SCHREIBEN SIE BITTE ]

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  • Ich fordere Sie höflich und mit Nachdruck auf, Sibel Çapraz umgehend in einer dafür angemessen ausgestatteten medizinischen Einrichtung die Operation zur Schließung des künstlichen Darmausgangs sowie jedwede weitere medizinische Behandlung, die sie benötigen könnte, zu ermöglichen.

[APPELLE AN]

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Hintergrundinformation

Hintergrund

Sibel Çapraz wurde in Yüksekova kurz nach dem Ende der durchgängigen dreitägigen Ausgangssperre angeschossen. Laut ihrer Familie schoss die Polizei sie vor dem Haus ihrer Schwester an, in dem sie sich in diesen Tagen aufhielt.

Der Mangel an zielführenden Untersuchungen und widersprüchliche Berichte lassen die Umstände von vielen Schusswechseln im Südosten der Türkei in dieser Zeit im Unklaren. Die Recherchen von Amnesty International nach einer Ausgangssperre in Cizre im September 2015 deuten jedoch darauf hin, dass die Sicherheitskräfte in Gegenden mit Ausgangssperre rücksichtslos von ihren Schusswaffen Gebrauch machten und Operationen gegen bewaffnete Personen mit dem Ziel durchgeführt wurden, zu töten statt zu inhaftieren. Siehe dazu auch den englischsprachigen Bericht https://www.amnesty.org/en/documents/eur44/3230/2016/en/. In den Gegenden mit Ausgangssperre wurden kleine Kinder und ältere Menschen getötet. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass sie an den bewaffneten Zusammenstößen teilgenommen hatten. Amnesty International betrachtet die Verhängung von 24-stündigen Ausgangssperren, deren Dauer nicht begrenzt ist, als unverhältnismäßig, eine Verletzung der Menschenrechte und in manchen Fällen als Kollektivstrafe.

Nach dem Völkerrecht, an das die Türkei gebunden ist, hat Sibel Çapraz das Recht, so früh wie möglich und kostenlos die notwendige medizinische Versorgung zu erhalten. Gefangene wie Sibel Çapraz, die eine spezielle Behandlung benötigen, sollten in eine medizinische Einrichtung verlegt werden, in der die Behandlung erfolgen kann. Die UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) untersagen die Verweigerung der medizinischen Behandlung von Sibel Çapraz. Regel 24 führt aus: "Gefangene sollen den gleichen Standard der Gesundheitsversorgung erhalten, der in der Gesellschaft verfügbar ist, und sollen kostenfrei und ohne Diskriminierung aufgrund ihrer Rechtsstellung Zugang zu den notwendigen Gesundheits-diensten haben". Regel 27 lautet: "In dringenden Fällen haben alle Vollzugsanstalten umgehenden Zugang zu medizinischer Betreuung sicherzustellen. Gefangene, die fachärztlicher oder chirurgischer Behandlung bedürfen, sind in spezialisierte Vollzugseinrichtungen oder öffentliche Krankenhäuser zu verlegen. Verfügt eine Vollzugsanstalt über eine eigene Krankenstation, so ist diese personell und materiell so auszustatten, dass die dorthin verlegten Gefangenen angemessen behandelt und ärztlich versorgt werden können."

Darüber hinaus ist die Türkei durch eine Reihe von Menschenrechtsabkommen gebunden, das Recht auf Zugang zu medizinischer Behandlung ungeachtet des Status der Person zu garantieren. Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, welche die Türkei ratifiziert hat, untersagt eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in einem Urteil entschieden, dass ein Mangel an angemessener medizinischer Betreuung von Menschen in Haft einem Verstoß gegen Artikel 3 gleichkommen kann. Die Türkei hat zudem den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert, der in Artikel 12 das Recht auf Gesundheit garantiert, wozu auch die angemessene medizinische Versorgung und Behandlung gehören.