MigrantInnen in Gefahr

Zeichnung einer Figur mit Mütze und Jacke, auf der "Polizei" steht

Am 9. Januar 2009 schossen in der Stadt San Cristóbal de las Casas Polizeibeamte des Bundesstaates Chiapas auf einen Lastwagen, in dem sich etwa 45 MigrantInnen ohne Papiere befanden. Drei der MigrantInnen wurden getötet und acht weitere schwer verletzt. Amnesty International befürchtet, dass den MigrantInnen, die gegen die für diesen Angriff Verantwortlichen ausgesagt haben, Vergeltungsmaßnahmen drohen.

Appell an

GOUVERNEUR DES BUNDESSTAATES CHIAPAS Lic. Juan José Sabines Guerrero Gobernador del Estado de Chiapas Palacio de Gobierno, 1º piso, Col. Centro, C.29000, Tuxtla Gutiérrez, Chiapas, MEXIKO (korrekte Anrede: Dear Governor/Señor Gobernador) Fax: (00 52) 961 618 8050. (Sie werden dann gebeten, die Durchwahl 21122 einzugeben) E-Mail: juansabines@chiapas.gob.mx

JUSTIZMINISTER DES BUNDESSTAATES CHIAPAS Lic. Amador Rodríguez Lozano Ministro de Justicia del Estado de Chiapas Libramiento Norte s/n, tercer nivel Col. Infonavit "El Rosario", CP 29049 Tuxtla Gutiérrez, Chiapas, MEXIKO (korrekte Anrede: Dear Minister/Señor Ministro) Fax: (00 52) 961 61 657 24 E-Mail: arodriguez@mje.chiapas.gob.mx

VORSITZENDER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION VON CHIAPAS Lic. Juan Carlos Moreno Guillén Presidente de la Comisión Nacional de los Derechos Humanos (CNDH)

Comisión de los Derechos Humanos de Chiapas Boulevard Comitán 143, Col. Moctezuma Tuxtla Gutiérrez, Chiapas, MEXIKO (korrekte Anrede: Dear President/Señor Presidente) Fax: (00 52) 961 639 6615 (wenn jemand abnimmt, sagen Sie bitte: "Me da tono de fax, por favor")

Sende eine Kopie an

MENSCHENRECHTSORGANISATION Centro de Derechos Humanos Fray Bartolomé de Las Casas, A.C. Calle Brasil 14, Barrio Méxicanos, 29240 San Cristóbal de Las Casas, Chiapas, MEXIKO E-Mail: accionurgente@frayba.org.mx

 

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN S. E. Herrn Jorge Castro-Valle Kuehne Klingelhöferstraße 3, 10785 Berlin Fax: 030-26 93 23-700 E-Mail: mail@embamexale.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. Februar 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

RECOMMENDED ACTION: PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE, IN SPANISH OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • calling on the authorities to provide the migrants who were travelling in the van that was shot at on 9 January with temporary visas and protection, so they can testify against those responsible without fear of reprisals or repatriation;

  • ensure that all migrants involved in the incident have access to legal advice, consular officials and adequate medical attention;

  • calling for a full, prompt and impartial investigation into the deaths of three migrants and injuries to eight others by state police including the procedures used to detain irregular migrants;

  • calling for those responsible to be held to account and for the victims and relatives to receive reparations;

  • call for the authorities to ensure that all irregular migrants who are victims of crimes are able to report the offences and assist in the investigation without fear of reprisal or deportation; and that they have access to consular officials, legal advice and medical attention.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

  • bei den Behörden darauf dringen, dass sie den MigrantInnen, die sich in dem Lastwagen befanden, auf den am 9. Januar 2009 geschossen wurde, befristete Visa zur Verfügung stellen und Schutzmaßnahmen ergreifen, damit die MigrantInnen ohne Angst vor Repressalien oder Rückführung in ihr Herkunftsland gegen die Verantwortlichen aussagen können;

  • die Behörden auffordern zu gewährleisten, dass alle in den Vorfall verwickelten MigrantInnen Zugang zu einem Rechtsbeistand, VertreterInnen ihres Konsulates und angemessener medizinischer Versorgung erhalten;

  • fordern, dass unverzüglich eine vollständige und unparteiische Untersuchung der Tötungen von drei MigrantInnen, der Verletzung von acht weiteren MigrantInnen durch Beamte der Polizei von Chiapas, sowie der Vorgehensweise beim Inhaftieren von MigrantInnen ohne Papiere eingeleitet wird;

  • fordern, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt und die Opfer und ihre Angehörigen entschädigt werden;

  • von den Behörden die Zusicherung fordern, dass allen MigrantInnen ohne Papiere, die Opfer von Verbrechen werden, ermöglicht wird, Aussagen zu machen und zu den Ermittlungen beizutragen, ohne Angst vor Repressalien oder Abschiebung haben zu müssen, und dass sie Zugang zu KonsulatsvertreterInnen, einem Rechtsbeistand und medizinischer Versorgung erhalten.

Sachlage

Der Aussage einiger MigrantInnen zufolge fuhren sie am frühen Morgen des 9. Januar 2009 im Laderaum des Lastwagens durch San Cristóbal de las Casas. Vier Polizeibeamte des Bundesstaates Chiapas verfolgten den Lastwagen und forderten den Fahrer über einen Lautsprecher auf, am Straßenrand zu halten. Als der Lastwagen trotz dieser Warnung weiterfuhr, eröffneten die Polizisten das Feuer. Einer der mitfahrenden MigrantInnen beschrieb später, dass die Polizeibeamten auf sie "schossen wie auf Tiere" ("nos dispararon como animales").

Der Lastwagen, in dem sich MigrantInnen aus El Salvador, Honduras, Guatemala, Ecuador und China befanden, fuhr schließlich gegen einen Baum. Einige der MigrantInnen flüchteten in das Unterholz am Rand der Straße und entkamen so der Polizei. Über ihren derzeitigen Aufenthaltsort ist nichts bekannt. Acht der MigrantInnen waren schwer verletzt und wurden in das Krankenhaus der Stadt Tuxtla Gutiérrez gebracht, sechs davon befinden sich immer noch dort. Die Leichen der drei Erschossenen holte man aus dem Lastwagen.

Die übrigen MigrantInnen wurden von der Polizei festgenommen und zur Polizeistation des Bundesstaates Chiapas in Tuxtla Gutiérrez gebracht, wo man sie in einer Zelle festhielt. VertreterInnen der Staatsanwaltschaft (Procuraduría General de Justicia del Estado) verwehrten einer lokalen Menschenrechtsorganisation, die den MigrantInnen einen Rechtsbeistand zur Seite stellen wollten, den Zugang zu ihnen. Dieser Organisation zufolge wird ihnen auch der Kontakt zu VertreterInnen ihrer Konsulate verweigert.

Am 10. und 11. Januar 2009 übergab man die MigrantInnen an Beamte des Mexikanischen Instituts für Migration (Instituto Nacional de Migración). Die MigrantInnen aus Zentralamerika wurden zu der Hafteinrichtung für MigrantInnen in Tapachula (Estación Migratoria), an der Grenze zu Guatemala, gebracht und innerhalb weniger Tage abgeschoben. Die südamerikanischen und chinesischen MigrantInnen überstellte man in die Hafteinrichtung für MigrantInnen im Stadtbezirk Iztapalapa von Mexiko-Stadt und hält sie seitdem dort fest. Es könnte sein, dass sie für einige Zeit dort bleiben. Alle MigrantInnen, die Zeugen der Schießerei waren, laufen Gefahr, aufgrund ihrer Aussagen gegen die Polizeibeamten bedroht, drangsaliert oder eingeschüchtert zu werden.

Man hat eine Voruntersuchung eingeleitet und drei Polizeibeamte des Bundesstaates Chiapas festgenommen und sie des Mordes (homicidio) und der Verletzung der MigrantInnen (lesiones) angeklagt. Die staatliche mexikanische Menschenrechtskommission hat eine Untersuchung zu den Menschenrechtsverletzungen an den MigrantInnen eingeleitet.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Hunderttausende Menschen aus Mittel- und Südamerika versuchen jedes Jahr über Mexiko in die USA zu gelangen. Viele werden von den mexikanischen Einwanderungsbehörden festgenommen und in ihre Herkunftssländer abgeschoben. Eine Delegation von Amnesty International besuchte kürzlich Mexiko, um Berichten über Menschenrechtsverletzungen gegen diese Personen nachzugehen. Die Delegation fand heraus, dass viele MigrantInnen von Banden entführt werden, die zum Teil mit Angehörigen der lokalen Behörden zusammenarbeiten. Diese Banden und die korrupten Beamten werden fast nie vor Gericht gestellt und diejenigen, die sie anzeigen, müssen mit Vergeltungsmaßnahmen und konstruierten Anklagen rechnen. Durch die Straflosigkeit haben die Menschenrechtsverletzungen gegen MigrantInnen, die sich in einer besonders schutzlosen Lage befinden, seit etwa 2003 zugenommen, obwohl die mexikanische Regierung sich verpflichtet hat, die Achtung der Menschenrechte von MigrantInnen zu gewährleisten.