Gewalt gegen Indigene

Am 10. und 11. Januar gingen argentinische Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Angehörige der indigenen Gemeinschaft der Mapuche vor, die in der Gemeinde Cushamen in der Provinz Chubut leben.

Appell an

GOUVERNEUR DER PROVINZ CHUBUT Mario Das Neves Fontana 50 – Rawson Provincia de Chubut, ARGENTINIEN (Anrede: Dear Governor / Sr. Gobernador / Sehr geehrter Herr Gouverneur) Fax: (00 54) 280 4480 206 oder (00 54) 280 4480 239 E-Mail: privada.gobernador@chubut.gov.ar

STAATSSEKRETÄR FÜR MENSCHENRECHTE Claudio Avruj Av. del Libertador 8151 – C1429BNO. Ciudad Autónoma de Buenos Aires, ARGENTINIEN (Anrede: Dear Secretary / Sr. Secretario / Sehr geehrter Herr Staatssekretär) Fax: (00 54) 11 5300 4000 E-Mail: privadadh@derhuman.jus.gov.ar Twitter: @clauavruj

SICHERHEITSMINISTERIN Patricia Bullrich

Gelly y Obes 2289 – C1425EMA. Ciudad Autónoma de Buenos Aires ARGENTINIEN (Anrede: Dear Minister / Sra. Ministra / Sehr geehrte Frau Ministerin) Fax: (00 54) 11 4809 1656 E-Mail: privadaum@minseg.gob.ar

Sende eine Kopie an

AMNESTY ARGENTINIEN E-Mail: activismo@amnistia.org.ar

 

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ARGENTINIEN S. E. Herrn Luis Maria Kreckler Kleiststraße 23-26, 10787 Berlin Fax: 030-229 14 00 E-Mail: info_ealem@mrecic.gov.ar

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. Februar 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Leiten Sie bitte eine umfassende und unparteiische Untersuchung der gewaltsamen Übergriffe vom 10. und 11. Januar in der Gemeinde Cushamen ein, veröffentlichen Sie die Ergebnisse und stellen Sie die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen vor Gericht.

  • Ergreifen Sie bitte alle nötigen Schutzmaßnahmen, um die körperliche Unversehrtheit der Mapuche-Gemeinschaft in Cushamen zu garantieren, und beziehen Sie bei der Ausarbeitung dieser Maßnahmen die Gemeinschaft mit ein.

  • Arbeiten Sie auf eine rechtmäßige Lösung der Landansprüche der Mapuche-Gemeinschaft in Cushamen hin.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to carry out comprehensive and impartial investigations into the acts of violence on 10 and 11 January, to make the results public and bring those responsible for human rights violations to justice.

  • Urging them to implement any measures necessary in order to guarantee the physical integrity of the Mapuche community of Cushamen, with their full participation.

  • Calling on them to reach a definitive solution to the territorial claim of the Cushamen community.

Sachlage

Am 10. Januar riegelten mehr als 200 Angehörige der argentinischen Gendarmerie alle Zugangswege zu dem Land der Mapuche-Gemeinde (Lof) Cushamen in der Provinz Chubut im Süden Argentiniens ab. Zudem kam es zu Übergriffen durch die lokale Polizei. Die Bewohner_innen der Mapuche-Gemeinde erstatteten daraufhin Anzeige wegen Gewalt und Repressalien, darunter Schläge (u. a. durch Schlagstockeinsatz), Gewalt gegen Frauen und Drangsalierung von Kindern. Frauen und Kinder berichteten, dass sie Schutz in der traditionellen Ruca (Gemeinschaftshaus) suchten, die Gendarmen sie jedoch dort einschlossen und sich dann gewaltsam Zutritt verschafften. Berichten zufolge habe die Anwesenheit der bewaffneten Männer die Kinder stark verängstigt, Frauen seien über den Boden geschleift worden, Häuser seien zerstört und Vieh gestohlen bzw. getötet worden.

Zehn Gemeindemitglieder bzw. ihnen nahestehende Personen wurden festgenommen. In diesem Gebiet schwelt seit Längerem ein Landkonflikt. Am 10. Januar hatte der Bundesrichter Guido Otranto angeordnet, Blockaden zu entfernen, die auf den Straßen entlang der Schienen des alten Patagonia Express, auch bekannt als "La Trochita"-Eisenbahn, errichtet worden waren, um die Eisenbahn zu behindern, die bei Tourist_innen beliebt ist. Die Absicht war jedoch lediglich die Beseitigung der Barrieren und nicht die Räumung der Gemeinde. Das Vorgehen der Sicherheitskräfte stand in keinem Verhältnis zu der gerichtlichen Anordnung. Zudem mangelte es dem Einsatz an wirksamer gerichtlicher Kontrolle und die Sicherheitskräfte gingen gewaltsam vor und verübten Menschenrechtsverletzungen. Am 11. Januar griff die Lokalpolizei der Provinz Chubut die Mapuche-Gemeinde erneut an, diesmal ohne jegliche gerichtliche Anordnung. Bewohner_innen der Gemeinde berichteten, dass die Beamt_innen Schüsse abfeuerten und mehrere Personen verletzten, einige von ihnen schwer. Eine Person trug einen Kieferbruch, eine andere einen mehrfachen Schädelbruch davon.

Es liegen Videoaufzeichnungen vor, auf denen zu sehen ist, wie Polizist_innen einige Frauen durch Schüsse verletzen. Amnesty International fordert die argentinische Regierung auf, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die unverhältnismäßige Gewalt gegen Männer, Frauen und Kinder angewendet und Menschenrechtsverletzungen begangen haben.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 13. März 2015 besetzten einige Angehörige der indigenen Gemeinschaft der Mapuche ein Stück Land im Departamento Cushamen nahe der Stadt Esquel in der argentinischen Provinz Chubut. Auf diesem Grundstück befindet sich auch die Leleque-Ranch des Benetton-Konzerns, welcher in Patagonien ungefähr 1 Mio. Hektar Land besitzt. Am selben Tag erstattete die Immobilienfirma Compañía de Tierras del Sur Argentino, die Benetton gehört, bei den lokalen Justizbehörden Anzeige und forderte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen möglicher widerrechtlicher Landaneignung.

Amnesty International und andere Organisationen berichteten 2016 über die zunehmende Stigmatisierung und staatliche Verfolgung der indigenen Gemeinschaft der Mapuche. So wird die indigene Gemeinschaft von den argentinischen Behörden z. B. als "Bedrohung der sozialen Sicherheit" bezeichnet (siehe https://amnistia.org.ar/la-lucha-indigena-no-es-delito-estigmatizacion-y-persecucion-al-pueblo-mapuche/). Die indigene Gemeinschaft der Mapuche existierte bereits vor der Gründung des argentinischen Staates. Die argentinische Verfassung erkennt die Rechte indigener Gemeinschaften in Artikel 17, Abschnitt 17 an. In weiten Teilen wurden jedoch die angestammten Ländereien dieser Gemeinschaften von Öl-, Bergbau- und Viehzuchtfirmen besetzt und die dort lebenden Gemeinden vertrieben, häufig mit Gewalt.

In Argentinien sind die Menschenrechte indigener Gemeinschaften sowohl verfassungsrechtlich als auch durch andere nationale Gesetze geschützt. Zudem hat Argentinien einige grundlegende internationale Instrumente ratifiziert, wie z. B. das Übereinkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation, und die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker angenommen. Zu diesen Rechten zählen: das Recht auf Land und natürliche Ressourcen; das Recht auf Selbstbestimmung; das Recht auf eigene Bestimmung ihrer Entwicklungsprioritäten; sowie das Recht auf Achtung ihrer Bräuche.

Dennoch sind indigene Gemeinschaften nach wie vor mit Hindernissen konfrontiert, wenn sie ihre Rechte einfordern möchten, insbesondere was die Kontrolle über ihr Land und ihre natürlichen Ressourcen angeht. Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Rechte der indigenen Völker, James Anaya, berichtete nach seinem Argentinienbesuch im Jahr 2012, dass zwar zahlreiche Gesetze und Indigenen-Programme (auf nationaler und provinzieller Ebene) existierten, es jedoch ganz entscheidend an der Umsetzung hapere.

FORTSETZUNG (AUF ENGLISCH) The Argentine National Gendarmerie is a security force 'of a military nature’ which reports to the federal government and carries out its mission and functions in the context of domestic security and national defence, and provides support in foreign affairs. International law states that governments should, in their domestic legal systems, draw a clear distinction between national defence as the function of the armed forces, and citizen security as a function of the police. Functions related to the prevention, deterrence and lawful suppression of violence and crime are the sole responsibility of the police, under the oversight of the legitimate authorities of a democratic government.